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Seelenzorn

Seelenzorn

Titel: Seelenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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und einfach weglaufen.
    »Betätigen Sie einfach den Summer, falls Sie irgendetwas brauchen«, sagte Kym. »Und der blaue Knopf ist für den Sicherheitsdienst.«
    »Und falls Sie einen Geist sehen«, sagte Fletcher, »ach, dann wissen Sie sicher, was zu tun ist, oder?«
    Er öffnete die Lippen. Chess überlegte, dass es wohl ein Lächeln sein sollte. Es sah eher aus, als wollte er sie fressen.
    Sie floh.
    Die Bürotür war abgeschlossen. Mit zitternden Händen knackte sie das Schloss, während sich ihr Mund mit Speichel füllte. Er musste den Stoff doch hier aufbewahren. So musste es einfach sein. Wo denn sonst?
    Das Schloss sprang auf, und sie schlüpfte durch die Tür ins Dunkle. Es war tatsächlich stockfinster, die Rollläden waren fest geschlossen und sperrten noch das bisschen Licht aus, das bei dem Schneesturm da draußen verblieben war. Der Wind heulte um das Haus. Im Esszimmer war davon nichts zu hören gewesen, hier aber machte sich der ungezügelte Zorn des Himmels lautstark bemerkbar. Ein kalter Schauer jagte Chess über die verschwitzte Haut, als sie zum Schreibtisch hinüberging.
    Nichts. Papiere, sicher, jede Menge Papier. Normalerweise hätte sie sich dafür interessiert, aber in ihrer augenblicklichen Lage hatte sie kaum einen flüchtigen Blick dafür übrig. Was bedeutete das schon? Wen kümmerte schon dieser verfluchte Fall? Sie brauchte ihre Pillen. Das war alles, was zählte.
    Ein Schluchzen drang aus ihrer Kehle, als sie bei der letzten Schublade ankam. Immer noch nichts. Keine Tütchen voll bun ter Versprechungen, keine Umschläge, keine Kleingeldbörsen, keine ... Scheiße, keine Medikamente, keine Drogen.
    Hinter ihr befand sich eine Hausbar, in der sich schimmernde Flaschen und Kristallgläser drängten. Darauf stand ein kleiner Fernseher mit einem Disc-Player. Als Chess darauf zusteuerte, wurden ihr die Knie weich.
    Panik machte jetzt alles nur noch schlimmer. Körperlich ging es ihr immer noch vergleichsweise gut. Es juckte sie, sie schwitzte, und ihre Hände zitterten. Sie hatte Kopfschmerzen. Eigentlich alles noch im grünen Bereich. Wäre da nicht die Gewissheit gewesen, dass es schlimmer werden würde, und das Warten darauf ...
    Sie öffnete die Bar und schob die Flaschen hin und her. Vielleicht bewahrte Pyle seinen Vorrat ja direkt dahinter auf? Eine Bar war doch eigentlich ein naheliegendes Versteck, oder?
    Dabei beobachtete sie sich von außen und war angewidert, wie sie hier im Haus eines Verdächtigen auf Knien nach Drogen suchte, um sie zu klauen. Gleichzeitig war ihr das scheißegal. Und weder das eine noch das andere überraschte sie. So war sie eben. Ein Junkie. Eine Kirchenhexe. Ein Nichts. Ein Niemand.
    Auch in einem Aktenschrank förderte sie nichts zutage. Ein paar Unterlagen über Finanzen, die sie kaum eines Blickes würdigte, und ein paar Fotos von Kym in einer anzüglichen Verkleidung.
    In den Bücherregalen waren ausnahmslos Bücher. Keine Geheimfächer in den Wänden, kein Safe hinter den geschmacklosen Bildern. Das Zimmer war vollkommen clean.
    Wo zum Teufel hatte er seine Drogen? Im Schlafzimmer jedenfalls nicht. Und auch nicht in seinem Büro. Wo? Wo, verdammt noch mal, wo? Sie wusste, dass er welche hatte. Er musste einfach welche haben, sie hatte ihm angesehen, dass er was nahm. Also, wo bewahrte er das Scheißzeug auf?
    Ihr liefen die Tränen übers Gesicht. Hier war gar nichts, nirgendwo. Ihre Pillen lagen zu Hause. Draußen türmte sich der Schnee. Sie saß in der Falle. Und nicht mal, wenn sie sich einen Arm oder ein Bein abnagte, könnte sie sich daraus befreien.
    Als sie den Geruch das erste Mal wahrnahm, war sie sich nicht sicher, ob es nur Einbildung war. Dann wurde er so stark, dass sie meinte, ihn greifen zu können. Mit einem unguten Gefühl, das nichts mit Entzug zu tun hatte, stand sie auf und sah den Geist.
    Er stand mit dem Rücken zu ihr - beide standen mit dem Rücken zu ihr. Es war, wie Taylor vorhin im Sicherheitszentrum beschrieben hatte. Der Mann mit der Axt hielt etwas in der linken Hand, das ein großer Lehmklumpen hätte sein können, wären da nicht die Hautfetzen am unteren Ende gewesen. Das war die Stelle, wo er den Hals durchtrennt hatte.
    Hinter ihm stand die andere Gestalt und streckte die gekrümmten Hände aus. Das fließende Kleid, das um ihren Körper wehte, kennzeichnete sie als Frau.
    Die beiden standen zwischen Chess und der Tür. Normalerweise hätte sie versucht zu entkommen, aber im Moment traute sie ihren Beinen

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