Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Titel: Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Krahlisch
Vom Netzwerk:
ermitteln, da fiel mir auf, dass backbord von uns ein Fischkutter trieb. Ich wunderte mich, weil das Boot auf dem Radargerät gar nicht zu sehen war. Da wir Windstärke sieben und relativ hohe Wellen hatten, verschwand das Boot immer wieder hinter den Wellenbergen. Wir waren mitten auf dem Indischen Ozean, die Südspitze Indiens lag etwa 100 nautische Meilen von hier entfernt. Ich wurde neugierig und wollte gern wissen, wer so verrückt war, sich bei diesem Wetter so weit aufs Meer hinauszuwagen. Und dann auch noch in einer solchen Nussschale. Während ich versuchte, das Boot mit dem Fernglas zu beobachten, fiel mir auf, dass ich gar keine Aufbauten erkennen konnte. Alles, was ich sah, war ein dünner Mast mit einem Stück Stoff daran. Und als ich dann glaubte, eine Schiffsschraube und vier Menschen auf diesem Boot zu erkennen, das anscheinend kieloben umhertrieb, wollte ich sofort den Kapitän darüber informieren. Doch der war nicht gleich zu finden. Als er dann etwa eine halbe Stunde später endlich auf der Brücke war, waren wir schon so weit von dem Fischkutter entfernt, dass man das Boot kaum noch sehen konnte. Es dauerte ein Weilchen, bis ich den Kapitän davon überzeugt hatte, umzukehren. Du musst wissen, dass das mit einem so riesigen Containerschiff gar nicht so einfach geht. Zumal wir auch einen Fahrplan einzuhalten haben. Jede Verzögerung kostet Geld und bedarf eines guten Grundes. Der Kapitän glaubte mir aber, und wir drehten um. Es dauerte fast zwei Stunden, bis wir endlich wieder an der Stelle waren, von der aus ich das Boot gesehen hatte. Bis kurz vor dem Moment, als wir das Boot endlich erreicht hatten, glaubte der Kapitän noch, dass ich mich sicher geirrt hätte und es sich lediglich um ein ganz normales Fischerboot handelte. Doch als dann auch er die Schiffsschraube sehen konnte, löste er sofort Generalalarm aus. Die Rettungsaktion an sich verlief zum Glück reibungslos. Wir sind so nah wie möglich an das Fischerboot herangefahren, haben die Lotsenleiter ausgebracht und das Boot mit Hilfe von Leinen längsseits geholt. Wir waren froh, dass die Schiffbrüchigen noch in der Lage waren, allein hochzuklettern. Sonst wäre alles noch viel gefährlicher und komplizierter geworden. An Bord habe ich die vier dann erst einmal medizinisch versorgt. Der Steward brachte ihnen etwas zu trinken und zu essen und trockene Kleidung. Die vier erzählten, dass sie sich schon seit drei Tagen an ihrem Boot festgeklammert hätten. Viele andere Schiffe seien in der Zeit schon an ihnen vorbeigefahren, ohne ihnen zu helfen. Sie hätten die Hoffnung auf Rettung schon fast aufgegeben. Sie kamen übrigens aus Sri Lanka, ihr Fischerboot war bei schlechtem Wetter und einem Ausfall der Maschine gekentert. Der Kapitän des Fischerbootes war über Bord gegangen. Für all das, was sie durchgemacht hatten, waren sie in einem erstaunlich guten gesundheitlichen Zustand.
    Der Kapitän meldete dem Büro in Hamburg die Rettungsaktion. Die kümmerten sich dann um alles Weitere. Wir nahmen die vier mit bis nach Suez (Ägypten), wo sie dann von Vertretern ihrer Botschaft abgeholt wurden.
    So, meine liebe Nancy, es ist jetzt 6 Uhr morgens und ich muss dringend ins Bett.
    Ich liebe und vermisse dich ganz wahnsinnig! Pass auf dich auf!
    Dein Heribert
    Die Dame im Flugzeug neben mir ist soeben aufgestanden und hat sich ein paar Reihen nach hinten gesetzt. Da hätte sie zwei Plätze für sich allein, erklärte sie mir lächelnd. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Ich war gerade dabei, mir auch ihr Kopfkissen hinter meinen Rücken zu klemmen, als die Stewardess mit einem älteren Herrn ankommt und ihn ausgerechnet auf den leeren Platz neben mir setzt. Pech gehabt. Schuldbewusst ziehe ich das zweite Kissen wieder hinter meinem Rücken hervor und reiche es dem Herrn. Er lächelt mich an und erklärt mir in kaum zu verstehendem Englisch, dass das Baby, das zwei Reihen vor uns sitze, sein Enkelsohn sei. Er wolle gern in seiner Nähe sitzen. Na super, denke ich. Dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis dieses schreiende Würmchen auf Opas Schoß sitzt. Ich nicke verständnisvoll, dann fange ich an, in meinem Rucksack nach den Ohropax zu suchen. Vorsichtshalber.
    Ich muss noch mein Handy ausschalten, denke ich. Als ich es in der Hand halte, sehe ich, dass ich eine SMS von Eileen bekommen habe.
    »Es war so schön, dass du da warst. Vielen Dank noch einmal für alles! Und vor allem für dein großartiges Geschenk! Ich werde dich hier vermissen!

Weitere Kostenlose Bücher