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Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Titel: Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Krahlisch
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wahnsinnig peinlich. Er hasst solche Auftritte. Er hasst es, im Mittelpunkt zu stehen. Ich muss lachen, als ich versuche, mir sein Gesicht vorzustellen.

    Meine Arme tun weh. Ich trage die Einkäufe nach Hause. Für mich allein kaufe ich nie so viel ein. Um mich etwas abzulenken, überlege ich, was ich vor Heriberts Heimkehr noch alles organisieren muss.
    Ich plane eine Kapitän-Willkommensparty. Die Einladungen an Heriberts Freunde habe ich längst verschickt. Als Datum habe ich den 12. Februar festgelegt. Der 12. ist weit genug weg vom geplanten Heimkehrtermin. Es hieß, Ende Januar, Anfang Februar sei er zurück. Heriberts Freunde wohnen unter anderem in München, Nürnberg, Regensburg, Frankfurt, Köln und Bremen. So ein Wochenende in Berlin muss lange im Voraus geplant werden. Aber auch trotz der langen Anfahrt haben bisher fast alle zugesagt. Ein paar seiner Freunde sagten sogar, dass sie trotz der Party auch zum Flughafen kommen wollten. Ich finde das toll.

    Ich ziehe den Wohnungsschlüssel aus dem Schloss, trete mit meinen Einkaufsbeuteln über die Türschwelle, als mein Handy klingelt. Schnell stelle ich die Einkäufe ab, das Nutellaglas knallt geräuschvoll auf den Parkettboden. Dann krame ich in meiner Handtasche nach dem Telefon. Ich sehe auf das Display und erkenne sofort die Satellitennummer des Schiffes.
    »Hallo, mein Herz!«
    »Hallo, Nancy. Ich habe schlechte Nachrichten.« Heriberts Stimme klingt ernst.
    »Oh, nein, was ist passiert?«, frage ich ängstlich.
    »Ich komme doch noch nicht nach Hause. Die Reederei hat gerade angerufen. Der eine Kapitän ist krank, der andere musste kurzfristig auf ein anderes Schiff. Sie haben also doch keine Ablösung für mich.«
    Ich brauche einen Moment, bis Heriberts Worte zu mir durchdringen. Dann rasen mehrere Gedanken zeitgleich durch meinen Kopf. Was ist mit der Party? Was wird aus den Einkäufen? Was ist mit meinem Urlaub? Den habe ich natürlich längst eingereicht. Ich denke an vieles gleichzeitig, sage aber nichts. Kraftlos lasse ich mich auf den Boden fallen. Mein Hintern landet zwischen den Einkaufsbeuteln.
    »Nancy, es tut mir so leid. Bitte sei mir nicht böse.« Heribert spricht ganz leise.
    Ich muss erst einmal durchatmen, bevor ich etwas sagen kann. Am liebsten würde ich ihm jetzt von der Party erzählen. Davon, dass ich all seinen Freunden absagen muss. Dass sie zum Teil schon Hotels und Flüge gebucht haben. Dass es ausgeschlossen ist, dass er später nach Hause kommt. Aber das geht nicht. Erstens würde es sowieso nichts ändern. Und zweitens sollte es doch eine Überraschungsparty werden.
    »Ach Heribert, ich bin dir nicht böse. Ich weiß doch, dass du nichts dafürkannst«, sage ich stattdessen. »Aber wann darfst du denn nach Hause?« Vielleicht ist alles halb so schlimm, denke ich. Vielleicht verschiebt sich die Ablösung nur um ein oder zwei Wochen. Ich presse den Hörer an mein Ohr.
    »Sie sagen, dass ich mit Mitte, aber eher Ende Februar rechnen kann.«
    »Das wären ja noch mal vier Wochen. So lange kann ich nicht warten. Da drehe ich durch.«
    »Bitte nicht durchdrehen! Ich brauche dich doch noch!«
    »Ach Heribert. Ich hatte mich schon so auf dich gefreut. Ich war gerade im Supermarkt, ich hatte so gute Laune. Ich habe sogar schon ein paar Sachen für dich eingekauft.«
    Während ich das sage, spüre ich, wie meine Augen ganz feucht werden. Ich unterdrücke ein Schluchzen. Ich möchte nicht, dass Heribert merkt, dass ich weine. Ich ziehe die Beine näher an mich heran, umfasse meine Unterschenkel mit meinem linken Arm und stütze mein Kinn auf die Knie.
    »Ach Nancy, ich bin doch auch traurig. Ich hatte mich doch auch schon so sehr auf dich und auf meinen Urlaub gefreut. Aber weißt du was? Etwas Positives hat das Ganze doch: Jetzt bekomme ich wenigstens noch deinen letzten Brief.«
    Seit zwei Wochen schreibe ich Heribert keine Briefe mehr. Den letzten Brief habe ich vor zehn Tagen abgeschickt. Jeder weitere Brief würde ihn ohnehin nicht mehr erreichen, dachte ich. Ich habe mit dem Schreiben aufgehört. Aber es fehlt mir. Über Monate hinweg war es ein allabendliches Ritual.

    Nachdem wir das Telefonat beendet haben, sitze ich noch immer zwischen den Einkäufen auf dem Fußboden. Ich versuche, meine Gedanken zu ordnen. Ich versuche, zu verstehen, was gerade passiert ist. »Noch mal vier Wochen.« Dieser Satz läuft in einer Endlosschleife durch meinen Kopf. Heribert gegenüber war ich gerade noch tapfer. Jetzt laufen mir dicke

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