Seepest
von hier verschwinden, je schneller, desto
besser.«
Pablo wandte sich um. »Genau das ist es, was sie
wollen. Wirf mir bitte mal deine Mütze zu, Karin – aber pass auf, dass du deine
Deckung nicht verlässt.«
Wortlos kam sie seiner Bitte nach, ebenso wortlos
suchte Pablo einen Stock, auf dessen Spitze er die Mütze setzte und sie langsam
über das Buschwerk schob. Was er befürchtet hatte, trat prompt ein: Ein
neuerlicher Schuss fegte die Mütze vom Stock, von mehreren Schrotkugeln
getroffen segelte sie zu Boden.
»Die haben sie wohl nicht alle! Meine schöne Mütze«,
fauchte Karin und hielt die Kopfbedeckung gegen das Sonnenlicht. Sie war von
mehreren Schrotkörnern förmlich durchsiebt. Trotz des Ernstes der Lage musste
Karin lachen. »Schaut mal, wie ein Schweizer Käse!«
Beunruhigender
als die Durchschüsse war allerdings etwas anderes: Diesmal war das »Plopp« mehr
von rechts gekommen. Also wurden sie von mindestens zwei Mann beschossen –
wahrhaftig keine rosigen Aussichten. Pablo nahm mit zwei, drei schnellen
Schritten ebenfalls hinter dem Landrover Deckung – ein zweifelhafter Schutz,
denn sobald sich ihre Gegner weiter hangaufwärts bewegten, wären sie deren
Feuer schutzlos ausgeliefert.
»Ich komm da nicht mit. Warum machen die das?«, fragte
Karin verständnislos. »Die sind doch in offizieller Mission hier, da kann man
doch keine Leichen brauchen.«
José kaute auf seiner Unterlippe, bevor er antwortete:
»Vielleicht habe ich Erklärung. Chefin hat mit Alex geflüstert, über mich. Hat
gemerkt, dass ich viel mitgehört habe, auch über … wie heißt das?
Nebenwirkungen. Das war kurz bevor ich Camp verlassen habe.«
Karin bekam große Augen. »Jetzt versteh ich. Wir
stehen deren Erfolg im Wege«, nickte sie, und nach kurzem Nachdenken fügte sie
mit gezwungenem Lächeln hinzu: »Ich nehme an, ihr führt keine Waffen mit euch?«
»Wo denkst du hin? Wir sind Naturschützer, keine
Söldner.« Nach einer kurzen Pause fuhr Pablo fort: »Ich schlage vor, ihr
klettert in den Wagen und legt euch auf den Boden. Dann springe ich hinters
Steuer – und ab geht die Post. Wird eine verdammt holprige Fahrt werden, aber
wenn wir’s bis zur Hauptstraße schaffen, sind wir in Sicherheit. Ich hoffe nur,
dass die Karosserie des Wagens und die Scheiben die Schrotkugeln abhalten.«
Karin hatte sich halb erhoben, ihre schussbereite
Kamera in der Hand. Schnell zog sie mit dem Zoom das Gelände vor ihnen näher
und machte ein paar Bilder, ohne sich mehr als absolut nötig aus der Deckung zu
wagen. Dann wandte sie sich Pablo zu, und ein Grinsen schlich sich in ihr
Gesicht. »Moment noch, ehe wir abhauen … ich hab da eine Idee. Wollen doch mal
sehen, ob der Spuk nicht bald ein Ende hat!« Sie nahm ihr Handy und tippte eine
Nummer ein.
»Was hast du vor?«, fragte Elena.
»Ich werde Alex Rottmann davon überzeugen, dass es
besser für ihn ist, wenn er seine schießwütigen Handlanger zurückpfeift … denn
mit denen haben wir es ja wohl zu tun. Ansonsten rufen wir die Guardia Civil . Und das dürfte seinen feinen
Geschäftsfreunden vermutlich gar nicht gefallen.«
Nun hellten sich auch Pablos Gesichtzüge etwas auf.
»Könnte klappen«, pflichtete er bei.
Karin musste nicht lange warten. »Ein Glück für dich,
Alex, dass du gleich dran bist. Jetzt hör mir mal gut zu … Nein, du hörst mir zu, verdammt noch
mal: Du hast die Wahl …«
***
Es
war kurz nach eins, Wolf grummelte der Magen. Kein Wunder, dachte er, bei dem
kümmerlichen Frühstück heute Morgen. Die paar Tassen Kaffee zwischendurch
machten, bildlich gesprochen, den Bock auch nicht fett, im Gegenteil!
Der Vormittag war wie im Flug vergangen, ein Ereignis
hatte das andere gejagt. Die letzten Tage hatten bereits ihre Spuren
hinterlassen; das Herumstochern im Nebel und die ständig zunehmenden
Verwicklungen zerrten an den Nerven. Er fragte sich wieder mal, wie lange er
sich das noch antun wollte. Andere in seinem Alter genossen längst ihren
Ruhestand. Vielleicht sollte er … ach was, das waren Gedanken, die ihn nicht
weiterbrachten, Punktum! Erst mal musste er was zwischen die Zähne bekommen, je
früher, desto besser.
Erneut sah er auf die Uhr. Um Viertel vor zwei war er
mit Franzi Reichmann verabredet, also blieb ihm noch eine gute halbe Stunde.
Kurz entschlossen lud er sich selbst zu einer Fischsuppe ein – und er wusste
auch schon, wo: Bei den Knoblauchs in der Löwenzunft, direkt an der Hofstatt,
dem Überlinger Marktplatz. Bis
Weitere Kostenlose Bücher