Seepest
sowohl Größe und Statur
des Mannes als auch seine Kleidung passen, müssen wir davon ausgehen, dass es
sich tatsächlich um den entführten Biotecc-Boss handelt.«
»Ja, zum Teufel noch mal, ist es nun Rottmann oder ist
er es nicht? Ich meine, der Mann ist doch bekannt wie ein bunter Hund, der muss
doch leicht zu identifizieren sein.«
»Leider nicht, Chef. Die Bundesbahn hat diesmal
nämlich überraschend gründlich gearbeitet – von seinem Gesicht ist nicht viel
übrig geblieben.«
In Wolfs Gehirn blitzte ein Gedanke auf, flüchtiger
noch als ein Wimpernschlag. Doch so schnell er gekommen war, so schnell war er
wieder entschwunden. Dabei war sich Wolf absolut sicher, dass er mit dem eben
Gehörten zusammenhing. Doch zurück blieb nur das unbestimmte Gefühl, einen
winzigen Moment lang der Lösung ganz nahe gewesen zu sein. Ärgerlich, aber
nicht zu ändern.
»Haben Sie mir überhaupt zugehört, Chef?«, fragte Jo
ungeduldig.
»Aber ja doch. Ist die Spusi schon vor Ort?«
»Seit einer Viertelstunde. Mayer zwo hat die Leiche
freigegeben, und ich habe veranlasst, dass sie zur gerichtsmedizinischen
Untersuchung ins Kreiskrankenhaus geschafft wird. Dr. Reichmann ist
bereits verständigt.«
»Aber könnte es nicht sein, dass es sich um einen
Suizid handelt?«, wollte Terry wissen.
»Ein Entführungsopfer, das Selbstmord begeht? Wie soll
das zusammenpassen?« Jos ironischer Unterton war nicht zu überhören. An Wolf
gewandt, fuhr sie im selben Atemzug fort: »Nun sagen Sie doch auch mal was,
Chef.«
»Ich grüble noch. Aber eines scheint mir sicher: Ein
Selbstmord scheidet aus – nicht im Anschluss an eine Entführung. Das ergibt
einfach keinen Sinn. Was aber dann? Was wollten die Täter damit bezwecken?«
Terry kniff überrascht die Augen zusammen. »Sie verwenden
den Terminus ›Täter‹. Dann ist es für Sie also ausgemacht, dass es sich um eine
Gewalttat handelt?«
»Definitiv … nur das Warum gibt mir Rätsel auf. Wieso
machen die das? Ich komm einfach nicht dahinter.« Grüblerisch kaute Wolf auf
seiner Unterlippe. Warum nur, zum Teufel, war ihm der Gedanke entglitten, der
ihn, seiner vagen Erinnerung nach, auf die richtige Spur hätte führen können?
Er wusste: Eine Antwort darauf ließ sich nicht erzwingen. Noch einmal rief er
sich den Auslöser in Erinnerung. Was hatte Jo gesagt? »Die Bundesbahn hat
diesmal nämlich überraschend gründlich gearbeitet – von seinem Gesicht ist
nicht viel übrig geblieben.«
Abermals formte sich ein Gedanke – und wieder
entschwand er, bevor er sich fassen ließ. Um Zeit zu gewinnen, fragte er Jo:
»Was meint eigentlich Mayer zwo dazu?«
»Der hüllt sich in Schweigen, auch über die Spurenlage – Sie kennen ihn ja. Ein Abschiedsschreiben wurde jedenfalls nicht gefunden.«
»Also gut! Fahr hin und sieh dich gründlich um. Und
nimm Terry mit. Ich treibe in der Zwischenzeit jemanden auf, der die Leiche
identifizieren kann. Sobald wir sicher sind, müssen wir Rottmanns
Verwandtschaft informieren.«
»Sie denken daran, dass die sich zurzeit vermutlich
komplett in Galicien aufhält?«
»Aber sicher … an die Rottmanns denke ich noch aus
ganz anderen Gründen, vor allem an Alex«, brummte Wolf vieldeutig. »Ach ja:
Vorläufig kein Wort an die Presse.«
Jo und Terry waren bereits unter der Tür, als ein
Zuruf von Wolf sie noch einmal zurückholte. »Hat sich eigentlich in der Wohnung
von Stratton etwas ergeben?«, fragte er Jo.
»Leider nichts, was für unsere Ermittlungen relevant
gewesen wäre. Falls Sie Details wissen wollen: die stehen in meinem Bericht.
War’s das, Chef?«
»Ja. Seht zu, dass ihr endlich wegkommt.«
11
José nahm einen langen Zug aus der
Wasserflasche. Vor wenigen Augenblicken erst war er von seiner Enduro
gestiegen, verschwitzt und von einer grauen Staubschicht überzogen. Nun stand
er, mit der Flasche in der Hand, an den Landrover gelehnt und entspannte sich,
während ihn die anderen erwartungsvoll ansahen.
»Komm schon, erzähl! Was läuft da unten ab?« Pablo
schien Josés Bericht kaum erwarten zu können.
»Also: Biotecc will einen Weg gefunden haben, die
Folgen von … von einer Ölpest nicht nur, wie sagt man: zu minimieren, sondern
sogar zu verhindern. Zumindest sagen sie das über ihr neues Produkt. Die
Beobachter sind … ja, begeistert vom Ergebnis, hab ich selbst gehört. Diese
Leute arbeiten übrigens für einen Großkonzern in Bale… Basel, meine ich.
Und noch etwas hab ich gehört: Die internationalen
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