Seepest
sogar
eine Sondersendung wert. In einem schienen sich die Berichte allerdings
merkwürdig ähnlich: Außer dem Hinweis auf einen Selbstmord am Tunnelausgang
enthielten sie kaum mehr als heiße Luft.
Dann war er wie vereinbart um kurz vor acht bei
Seliger aufgekreuzt. Nur um von dessen Sekretärin gesagt zu bekommen, der Herr
Oberstaatsanwalt sei außer Haus und hätte darum gebeten, in der bewussten Sache
vorerst nichts zu unternehmen.
Wolf konnte sich zwar keinen Reim darauf machen, doch
er kannte Seliger gut genug, um seine Entscheidung zu respektieren. Falls die
fraglichen dreihundertzwanzigtausend Euro tatsächlich geflossen waren, würde
Seliger sie auch aufspüren, ebenso wie den Geldgeber, der die Transaktion
veranlasst hatte.
In der Direktion eilte er schnurstracks in das Büro
seiner beiden Kollegen. »Leute, lasst alles stehen und liegen, wir müssen nach
Nußdorf«, knurrte er.
Während Terry interessiert den Kopf hob und auf eine
weitere Erklärung wartete, fuhr Jo ungerührt fort, ihren Bericht zu tippen.
»Biotecc?«, fragte sie, ohne die Stimme zu heben.
»Wir müssen das Geheimnis um diesen Warholl lüften.
Ich habe das Gefühl, der Kerl spielt so eine Art Schlüsselrolle.«
»Chef, ich bin dermaßen im Rückstand mit meinen
Berichten … könnten Sie nicht mit Terry allein …«
»Du hast recht, eigentlich ist das Männersache.«
»Moment mal, darum geht’s doch gar nicht …«,
widersprach Jo. Doch Wolf war bereits draußen, selbst Terry hatte Mühe, ihm zu
folgen.
Wenig später betraten sie das Verwaltungsgebäude des
Unternehmens und steuerten zielsicher die Anmeldung an. Wolf sparte sich
diesmal die Vorlage seines Dienstausweises, er verlangte, Heidelinde Damerow zu
sprechen. Wortlos ging die Dame hinter dem Tresen zu einem Telefon – mit diesem
ruppigen Polizisten wollte sie sich nicht noch ein weiteres Mal anlegen.
Heidelinde Damerow war überrascht, offenbar war die
Nachricht von der Verhaftung ihres Chefs noch gar nicht bis zu ihr
durchgedrungen. »Was kann ich für Sie tun, meine Herren?«
Wolf zog ein Foto aus der Tasche und legte es vor sie
hin.
»Wer soll das sein?«, fragte sie.
»Sie erkennen den Mann nicht wieder?«
»Müsste ich?«
»Nun, nach unserer Kenntnis arbeitet er wie Sie für
die Biotecc AG .«
»Tut mir leid, aber ich kann unmöglich alle Kollegen
kennen. Wissen Sie seinen Namen?«
»Warholl, Andy Warholl heißt der Mann«, klärte Terry
sie auf.
»Ja …«, antwortete sie gedehnt. »Jetzt, wo Sie’s
sagen, meine ich, ihn schon mal gesehen zu haben. Was ist mit ihm? Warum fragen
Sie nicht im Personalbüro nach?«
Wolf ignorierte ihre Frage. »Als Chefsekretärin
verfügen Sie doch sicher über ein Organigramm des Unternehmens?«
Wortlos erhob sie sich und verließ das
Besprechungszimmer. Kurz darauf kehrte sie mit einem Ordner zurück, dem sie ein
gefaltetes DIN-A 3-Blatt entnahm. »Bitte. Darf ich fragen, was das alles soll?«
Anstatt zu antworten, vertiefte sich Wolf in den
Organisationsplan. »Wenn ich das richtig sehe, ist Herr Warholl dem Fahrerpool
zugeordnet, nicht wahr? Wen fährt er denn?«
»Fahrerpool?«, fragte Heidelinde Damerow ungläubig und
zog den Plan zu sich ran. »Komisch. Meines Wissens wird der Kollege für
Sicherheitsaufgaben eingesetzt … oder so ähnlich.«
Terry mischte sich ein. »Nun, das eine schließt das
andere ja nicht aus. Bitte überlegen Sie: Mit wem oder was bringen Sie ihn in
Verbindung, wenn Sie an ihn denken?« Anerkennend sah Wolf zu ihm hinüber. Aus
ihm würde einmal ein guter Ermittler werden, da war er sicher.
»Ich sagte doch schon …«
»Bitte. Es ist wichtig!«
Während sie auf das Foto starrte, kaute sie auf ihren
Lippen. Schließlich gab sie sich einen Ruck. »Also gut! Ich habe ihn schon des
Öfteren am Steuer eines der Wagen gesehen, mit denen Mitglieder der
Geschäftsleitung gefahren werden.«
»Wer genau?«
»Frau Gauß-Rottmann, die Chefin.«
»Hat er ausschließlich mit Frau Gauß-Rottmann zu tun?
Oder ist er hin und wieder auch für ein anderes Mitglied der Geschäftsleitung
tätig?«
»Meines Wissens arbeitet er nur für sie. Aber wollen
Sie mir nicht sagen –«
Plötzlich hatte es Wolf eilig. »Tut mir leid, aber wir
müssen los. Es ist wichtig, dass wir mit Ulla Gauß-Rottmann sprechen, am besten
fangen wir sie gleich am Flughafen ab. Danke, Frau Damerow, Sie haben uns sehr
geholfen.«
Verwundert sah ihnen Heidelinde Damerow nach. »Da ist
noch was, Herr Kommissar«, rief
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