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Seepest

Seepest

Titel: Seepest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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sie ihm hinterher, »vielleicht sollten Sie sich
zur Sicherheit noch die Privatanschrift der Chefin notieren.«
    Wolfs Fuß stockte. »Was soll ich mit der?«
    »Mit Frauen kennen Sie sich wohl nicht so gut aus,
was? Natürlich wird sie vom Flughafen aus zuerst nach Hause fahren, sich frisch
machen. Deshalb!«
    »Donnerwetter! Ich höre?«
    Sie nannte eine Adresse im Überlinger Westen. »Das ist
doch in der Nähe der Buchinger-Klinik?«, vergewisserte er sich. Und als sie
nickte, fügte er hinzu: »Ich werde Sie für einen Orden vorschlagen, Frau
Damerow. Nochmals tausend Dank.«
    Vor dem Besprechungszimmer holte Wolf erst einmal tief
Luft. Ihm war nicht wohl bei dem Gedanken, dass Karin Winter im Alleingang mit
der Gauß-Rottmann sprach. Wenn sie sich da mal nicht verhob! Todsicher schwamm
im Kielwasser der Gauß-Rottmann auch Andy Warholl ins Land, und der machte mit
Schnüfflern sicher kurzen Prozess.
    »Auf geht’s, Terry, hau dich hinters Steuer.«
    »Aber gerne. Wohin soll’s gehen?«
    »Zunächst zurück in die Polizeidirektion. Ich muss
wissen, ob Biotecc tatsächlich in die Sprengung des Supertankers verwickelt
war. Wie lange wirst du anschließend zum Flughafen Friedrichshafen brauchen?«
    »Eine Dreiviertelstunde. Mit Blaulicht eine halbe.«
    »Also Blaulicht. Was ist, wieso stehst du noch hier
herum?«
    Für
den Aufenthalt in der Polizeidirektion gab sich Wolf maximal fünfzehn Minuten –
in dieser kurzen Spanne müssten sich zumindest die allerdringlichsten Dinge
erledigen lassen, dachte er.
    Da wäre die Einvernahme von Alex Rottmann, der
vergangene Nacht in Hennings Begleitung nach Friedrichshafen zurückgeflogen und
von dort nach Überlingen verbracht worden war – der wohl leichteste Teil der
Übung, da er ohne seinen Anwalt vermutlich nicht aussagen würde.
    Aber Wolf wollte sich den Bericht seines Sohnes
anhören, zumindest in der Kurzfassung, denn immerhin hatte Henning nicht nur
Alex Rottmann von La Coruña nach Überlingen eskortiert, sondern auch vor Ort
mit den spanischen Ermittlern gesprochen.
    Außerdem musste er mit Seliger Kontakt aufnehmen, um
so schnell wie möglich den alles andere als uneigennützigen Spender der
dreihundertzwanzigtausend Euro in Erfahrung zu bringen. Der Oberstaatsanwalt
hatte nun wahrlich Zeit genug gehabt, die Konten der Rottmanns zu überprüfen.
    Den
letzten Punkt konnte Wolf zuerst abhaken. Noch auf der Rückfahrt in die
Polizeidirektion rief er bei Seliger an, der ihm mitteilte, dass die Leute von
der Steuerfahndung fündig geworden waren. Der gesuchte Betrag war einem Sonderfonds
entnommen worden – und zwar in bar –, der auf den blumigen Namen »Fördermittel
zur Anbahnung neuer Geschäftskontakte« lautete. Auf das Konto dieses Fonds
hatten ausschließlich zwei Leute Zugriff: Ulla Gauß-Rottmann und Alex Rottmann.
    Diese Auskunft war leider nur halb so präzise, wie
Wolf sie sich erhofft hatte. Zumindest aber schien sie die direkte Beteiligung
der Rottmanns an der Ölkatastrophe in Galicien zu bestätigen.
    Wolfs Aufenthalt im Vernehmungsraum, bei dem er zum
ersten Mal in offizieller Funktion mit seinem Sohn zusammentraf, dauerte gerade
mal eine Minute. Wie erwartet, lehnte Alex Rottmann jegliche Stellungnahme ab,
ehe er nicht mit seinem Anwalt gesprochen hatte – und das konnte dauern, denn
dieser Anwalt, ein bekannter Strafverteidiger, steckte mitten in einer
Verhandlung im Stuttgarter Oberlandesgericht.
    »Ooch, lassen Sie sich nur Zeit«, winkte Wolf
scheinbar gelassen ab, »es eilt nicht … jetzt nicht mehr!« Vogel, friss oder
stirb! Sollte sich der junge Rottmann seinen eigenen Reim auf das plötzliche
Desinteresse an seiner Person machen.
    Zusammen mit Henning verließ Wolf den Vernehmungsraum.
Was er draußen erfuhr, bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen. Als
offiziell für diesen Fall vom LKA abgestellter
Zielfahnder hatte Henning – Deckname: Grimmig, eine Verballhornung von Isegrim,
dem Fabelnamen des Wolfes – mit den zuständigen spanischen Ermittlern
gesprochen. Sein Bericht war die reinste Horrorgeschichte!
    Demnach hatten sich im Morgengrauen des vergangenen
Samstags drei Männer – ein Deutscher und zwei Spanier – in einem Motorboot der
»Prestige« genähert. Unbemerkt von der Besatzung des Supertankers, war es einem
von ihnen trotz schwerer See gelungen, sich per Scooter an die Fahrlinie des
Tankers ziehen zu lassen. Als der Koloss an ihm vorüberzog, brachte er an der
Bordwand eine Haftladung an, die kurz darauf

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