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Seepest

Seepest

Titel: Seepest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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es nur fair, wenn wir ihn erst mal erklären lassen, meint ihr nicht?«
    »Ja, also«, fuhr Studer fort, während er seinen
Revolver in den Gürtel steckte, »zunächst mal, wie ich hier reingekommen bin:
Wir haben schon seit Langem einen Schlüssel zu dieser Wohnung …«
    »Wir?«
    »Ja, mein Chef, also Herr Rottmann, und ich. Ich
wusste, dass seine Schwägerin heute aus Galicien zurückkehren wollte. Hab sie
am Flughafen erwartet und bis zu Ihrer Ankunft hier beschattet. Als ich
mitbekam, dass die beiden Damen von der Zeitung mit nach oben fuhren, da
witterte ich Unheil … nicht zu Unrecht, wie sich gezeigt hat. Schließlich kenne
ich diesen Zweig der Familie zur Genüge.«
    »Wie kommt es, dass man Sie nicht entdeckt hat?«,
fragte Wolf, während er einen Aschenbecher suchte.
    »Ganz einfach: Ich hielt mich draußen in der Garderobe
versteckt.«
    Zwischenzeitlich hatte Wolf seine Kippe durch eines
der Fenster entsorgt. »Also gut, Herr Studer.« Er nickte ihm zu. »Ich muss Sie
leider dennoch bitten, uns zur Polizeidirektion zu begleiten. Fahndung ist
schließlich Fahndung, das werden Sie verstehen.«
    »Natürlich, ich habe bereits halbwegs damit gerechnet,
oder? Wenn ich jedoch Ihre Aufmerksamkeit zuvor auf dieses Schreiben hier
lenken dürfte … es wird Ihnen einiges erklären.« Jede hastige Bewegung
vermeidend, zog Studer einen Brief aus der Innentasche seines Mantels und
überreichte ihn Wolf.
    Der öffnete ihn und begann zu lesen … und je länger er
las, desto höher hoben sich seine Augenbrauen. Schließlich nickte er
befriedigt.
    »Was ist, Chef?«, fragte Jo, nun ebenfalls neugierig
geworden.
    »Genau«, stieß Karin Winter ins gleiche Horn, »wenn
Sie uns gütigst an Ihrem Wissen teilhaben ließen, großer Meister?«
    Wolf, der sichtlich Mühe hatte, gelassen zu bleiben,
steckte den Brief in seine Innentasche. »Ooch, nichts weiter«, antwortete er
beiläufig und verkniff sich ein Grinsen. »Biotecc lädt für sechzehn Uhr zu
einer Pressekonferenz ein, drüben auf der Mainau, im Comturey-Keller.« Dort, wo
die ganze Chose angefangen hat, wollte er hinzufügen, behielt es aber dann doch
für sich.
    »Selbstverständlich wurde auch Ihr Verlag eingeladen,
Frau Winter«, beeilte sich Studer hinzuzufügen.
    »Ja und? Was ist an dieser Einladung so überraschend?«
Misstrauisch blickte Karin Winter auf Wolf. »Da steckt doch noch mehr dahinter.
Also, raus mit der Sprache, Herr Wolf!«
    Der hob beschwichtigend beide Hände. »Tut mir leid,
mehr kann ich im Augenblick nicht sagen. Geduldet euch bis heute Nachmittag.
Und was Sie betrifft, Herr Studer: Vielen Dank, dass Sie uns rausgehauen haben.
Ohne Sie säßen wir jetzt ganz schön in der Tinte, oder?« Schmunzelnd fügte er
hinzu: »Für ein umfangreiches Protokoll müssen Sie uns aber schon noch zur
Verfügung stehen. Allerdings hat das Zeit bis nach der Pressekonferenz.«
    ***
    Wolf
reckte den Kopf und sah sich um. Der Comturey-Keller hatte sich kaum verändert.
Wie sollte er auch, schalt er sich selbst einen Narren, schließlich waren noch
nicht mal vier Tage vergangen, seit er mit Franzi und ihrem »Verein« hier den
Abend verbrachte. Einen selten ereignisreichen Abend übrigens – nicht nur, weil
an ihm jener Fall seinen Anfang genommen hatte, dessen endgültige Auflösung
möglicherweise kurz bevorstand.
    Zwar hatte Biotecc die Pressekonferenz außerordentlich
kurzfristig angesetzt, dennoch war die Resonanz groß. Gut sechzig Journalisten
hatte Wolf bisher gezählt, dazu drei Fernsehteams und einige Rundfunkreporter.
Und obwohl der Zeiger seiner Uhr die Vier bereits überschritten hatte, trafen
immer noch mehr Medienvertreter ein.
    Wolf hatte in der Mitte des Saales Platz genommen,
flankiert von Jo auf der linken und Karin Winter mit der jungen Volontärin
namens Manu auf der rechten Seite. Terry hatten sie im Büro zurückgelassen, er
sollte Berichte schreiben. Wolf hatte eigentlich gehofft, Henning hier
anzutreffen – in gewisser Weise war er ja in diesen Fall involviert –, doch er
konnte ihn nirgends entdecken. So richtete er seine Blicke auf das Podium mit
dem Rednerpult, das diesmal, anders als am vergangenen Sonntag, am hinteren Saalende
aufgebaut worden war. Vier Leute hatten dort Platz genommen. Einen von ihnen
kannte er: Jacques Studer, seines Zeichens Rottmanns Bodyguard, Fahrer und
Adjutant. Neben ihm drei agil wirkende Männer mittleren Alters in teuren grauen
Anzügen und akkurat gebundenen Krawatten. Wolf tippte auf Anwälte

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