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Seepest

Seepest

Titel: Seepest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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ersten Aufbauten aus dem Wasser – oder das, was einmal Aufbauten
gewesen waren.
    ***
    Irritiert
hob Matuscheks »Neue« den Kopf, als Karin im Stechschritt an ihr vorübereilte.
Erst vor Kurzem hatte er die hübsche Dunkelhaarige mit den Mandelaugen in sein
Vorzimmer geholt, nachdem ihre Vorgängerin Monika Bächle Knall auf Fall
ausgeschieden war – der Verwicklung in einen spektakulären Erpressungsfall
wegen. »Jörg erwartet mich«, rief Karin ihr zu, dann verschwand sie auch schon
in Matuscheks Büro. Der hob bei ihrem Eintritt nur kurz den Kopf, ohne seine
Tätigkeit zu unterbrechen. In wenigen Minuten würde die morgendliche
Redaktionskonferenz beginnen, bis dahin musste er seine Unterlagen
zusammengestellt haben.
    »Du siehst etwas verorgelt aus, meine Liebe«, bemerkte
er süffisant. »Hast wohl eine anstrengende Nacht hinter dir, was?«
    Karin machte eine wegwerfende Handbewegung. Sie nahm
seinen schnoddrigen Umgangston als das, was er war: ein Ventil gegen den Stress
im aufreibenden Zeitungsgeschäft.
    »So kann nur einer reden, der den Schlaf des Gerechten
schläft, während andere unter Einsatz Ihres Lebens die Welt zu retten
versuchen.«
    Matuschek verzog keine Miene. Er schloss seine Mappe
und hob den Blick. »Bitte lass uns zur Sache kommen. Was ist so wichtig, dass
es nicht bis nach der RK warten kann?«
    »Ich werde an der Redaktionskonferenz nicht teilnehmen.«
    Matuschek reagierte überrascht. »Wieso? Hat das etwas
mit den nächtlichen Vorgängen auf dem See zu tun? Du weißt schon, dass der
Ölteppich am frühen Morgen erfolgreich neutralisiert wurde, oder? Aus der Luft,
wie man hört.«
    »Weiß ich. Ich bin mitgeflogen.«
    »Wie … du warst in diesem Hubschrauber? Wie hast du
das angestellt?« Plötzlich flog ein Leuchten über sein Gesicht. »Ah, schon
klar. Alex Rottmann! Hab ich recht?«
    »Ja«, antwortete sie gedehnt, »aber nicht so, wie du
denkst. Die Verbindung ist rein geschäftlich. Wenigstens von meiner Seite.«
    »Und, hast du Fotos?«
    »Klar.«
    »Sehr gut. Wie geht’s jetzt weiter?«
    »Deshalb bin ich hier. Ich brauche eine Assistentin,
ehe mir die Sache über den Kopf wächst. Wen kann ich haben?«
    Matuschek nahm seine Mappe und setzte sich damit in
Richtung Tür in Bewegung. »Ich bin sicher, wir finden jemanden. Lass uns heute
Nachmittag darüber reden, ja?«
    »Manu!«
    »Wie bitte?«
    »Ich will Manu.«
    »Wer soll das sein?«
    »Manuela Knapp. Die Rothaarige mit den
Sommersprossen.«
    Erstaunt zog Matuschek die Augenbrauen hoch. »Diese
aufmüpfige Volontärin? Warum gerade die? Aber bitte, wenn du dich mit der
vorlauten Göre herumärgern willst. Nur sag hinterher nicht, ich hätte sie dir
aufgedrängt.«
    Er hatte bereits den Türgriff in der Hand, als ihm
noch etwas einfiel: »Was meinst du mit ›ehe dir die Sache über den Kopf
wächst‹? Ich denke, es handelt sich um einen ganz normalen Bootsunfall? Mit
tragischem Ausgang zwar, man munkelt von zwei Leichen. Trotzdem: Was soll da
noch nachkommen?«
    »Aber, aber, Jörg … wo bleibt dein gesundes
Misstrauen?«, antwortete Karin spöttisch. »Hast du schon vergessen, dass
irgendjemand in der Nacht die Medien alarmiert hat – zu einem Zeitpunkt, als
noch niemand von einem Ölteppich auch nur entfernt etwas ahnte?«
    »Wie … du meinst …« Matuschek ließ das Ende des Satzes
in der Luft hängen und kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe.
    Doch Karin winkte ab. »Für eine klare Meinung ist es
noch zu früh. Mein Bauchgefühl sagt mir, da ist was im Busch, darum muss ich
mir jetzt erst mal Wolf vorknöpfen.« Übergangslos fügte sie hinzu: »Was ist nun
mit Manu?«
    Matuschek setzte sich wieder in Bewegung. »Okay. Du
kannst sie haben«, rief er und hob grüßend die Hand. »Aber ich will ständig auf
dem Laufenden gehalten werden, hörst du?«
    ***
    Wolf
war erschüttert. Dieser Trümmerhaufen sollte einmal ein Motorboot gewesen sein?
Kaum vorstellbar. Rudyard Kipling kam ihm in den Sinn: »Jene Ansammlung von
ausgesuchtem Elend, die wir ein Schiff nennen«, hatte er geschrieben. Auch die
Gesichter der Umstehenden spiegelten ungläubiges Staunen. Zwar hatte jeder von
der Explosion gewusst, doch keiner schien mit Schäden dieses Ausmaßes gerechnet
zu haben.
    Offenbar hatte sich der große Knall in der Mitte des
Bootes ereignet. Hier waren die Seitenwände vollständig aufgerissen, nur der
Kiel schien die vordere und die hintere Bootshälfte noch zusammenzuhalten. Da
die Taucher ihre Trossen an Bug und

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