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Seepest

Seepest

Titel: Seepest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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erst
angelaufen waren und nicht einmal ansatzweise feststand, wer hinter dem
Anschlag steckte? Woher wusste er überhaupt von der Islamistengruppe? Nach
Wolfs Kenntnis waren bislang alle Informationen über die aufgetauchten
Flugblätter bewusst zurückgehalten worden, wenigstens aufseiten der Polizei.
War das Leck etwa beim »Seekurier« zu suchen?
    »Deshalb rufe ich Ihnen zu« , fuhr der Blattner-Schorsch mit erhobener Stimme fort, »lassen Sie sich von den Aktivitäten einiger fehlgeleiteter
Islamisten, die für einen imaginären Gottesstaat kämpfen, keine Angst einjagen.
Ich versichere Ihnen, die Ermittler unseres Polizeiapparates sind mit Hochdruck
dabei, die Hintergründe des durch nichts zu rechtfertigenden Anschlages
aufzudecken. Und sollten die mir vorliegenden Informationen zutreffen, meine
sehr verehrten Damen und Herren, dann haben die Verursacher der Ölpest noch bei
der Ausübung ihrer Tat …«
    Wolf hatte genug gehört, er schaltete das Radio aus.
Dieser aalglatte Allgäuer würde sich noch mächtig wundern, wenn er erfuhr,
hinter was er, Wolf, soeben gekommen war.
    Kurz vor sechs erreichte er die Polizeidirektion in
Überlingen. Er stellte den Dienstwagen ab und stieg auf sein Fahrrad um, als
ihm einfiel, dass er zu Hause kein frisches Hemd mehr hatte. Da half alles
nichts: Er musste noch schnell in der Wäscherei vorbei, um seine Hemden
abzuholen – die Öchsle sollte keinen Grund haben, die Nase zu rümpfen.
Wenigstens sparte er sich heute die Suche nach einem Parkplatz, sonst um diese
Zeit ein schier unmögliches Unterfangen. Noch einmal sah er auf die Uhr, dann
strampelte er los.
    Den Rückruf bei Karin Winter hatte er längst
vergessen.
    Wolf
hätte nicht gedacht, dass er es rechtzeitig schaffen würde. Doch o Wunder: Um
Punkt sieben Uhr stand er vor der Öchsle’schen Tür, wenn auch abgekämpft und
mit knurrendem Magen. Immerhin, alle wichtigen Dinge hatte er erledigt: Katze
füttern, Post durchsehen, Anrufbeantworter kontrollieren, schließlich duschen
und die Kleidung wechseln … Einen kurzen Moment lang hatte er sogar mit dem
Gedanken gespielt, Sommers Krawatte umzubinden. Davon war er jedoch schnell
wieder abgekommen. Mit Schlipsen wurde ihm nicht nur eng um den Hals, er kam
sich auch reichlich gockelhaft vor – overdressed , um mit Terrys Worten zu
reden.
    Zu guter Letzt war ihm im Treppenhaus eingefallen,
dass die Blumen noch in seiner Wohnung lagen – also lief er schnell noch einmal
zurück. Nun stand der Veranstaltung nichts mehr im Wege. Zum Glück war das
Blumenlädchen neben der Wäscherei noch offen gewesen, sonst würde er jetzt mit
leeren Händen dastehen.
    Entschlossen drückte er auf den Klingelknopf.
    Von innen erklangen gedämpfte Schritte, dann wurde die
Tür einen Spalt weit aufgezogen, und zwei misstrauische Augen starrten ihn an.
Offenbar fiel die Prüfung zur Zufriedenheit aus. Die Vorlegekette klirrte, und
gleich darauf schwang die Tür vollends auf. Mit ausgebreiteten Armen schwebte
Hermine Öchsle auf ihn zu.
    »Welche Freude, Herr Hauptkommissar!«, rief sie mit
Stentorstimme, als käme sein Besuch total überraschend, und schüttelte ihm erst
mal kräftig die Hand, bevor sie ihn in ihre Wohnung zog. Dann schloss sie die
Tür und legte die Kette vor. Wolf überreichte ihr die Blumen, die sie mit einem
Ausruf des Entzückens entgegennahm. Kurz darauf drückte sie ihm ein Glas mit
perlendem Inhalt in die Hand und wies auf eine angelehnte Tür, hinter der sich
nach Wolfs Kenntnis das Wohnzimmer befand. »Gehen Sie ruhig schon vor, Herr
Hauptkommissar«, forderte sie ihn auf, »ich hole nur schnell eine Vase.«
    Wolf war irritiert. Was sollte dieses ständige »Herr
Hauptkommissar«? Sie redete ihn doch sonst immer mit seinem Namen an! Während
er noch den Grund dafür suchte, öffnete er die Wohnzimmertür – und blieb wie
angewurzelt stehen. Halluzinierte er oder hatte er sich im Raum geirrt? Schon
wollte er, eine Entschuldigung murmelnd, den Rückwärtsgang einlegen, da spürte
er von hinten einen Widerstand. Mit sanftem Druck wurde er in den Raum
geschoben, dessen Mitte ein festlich gedeckter Tisch mit sechs Stühlen einnahm.
    Vier der Stühle waren von stattlichen älteren Damen
besetzt. »Guten Abend, Herr Hauptkommissar«, schallte es im Chor.
    »Äh, ja … guten Abend, die Damen«, stotterte Wolf.
    Da endlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.
Diese vier Grazien waren der Grund, weshalb ihn die Öchsle so überschwänglich
empfangen hatte; ihr

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