Seepest
erwartet.«
»Danke.«
»Keine Ursache, Sir.«
***
Geräuschvoll
rollte die Maschine aus, bis sie unmittelbar neben dem Mercedes zum Stehen kam.
Die Triebwerke wurden abgeschaltet, und dröhnende Stille breitete sich aus, nur
von der Hydraulik der wenig später herabklappenden Tür unterbrochen.
Erich Rottmann tauchte in der Türöffnung auf. Trotz
seiner sechsundsechzig Jahre war er noch immer eine imposante Erscheinung. Ein
schmaler Lederkoffer und sein locker über die Schulter geworfener Mantel waren
alles, was er bei sich trug. Mit vor Müdigkeit schleppenden Schritten stieg er
die Treppe herab. Als sein Blick auf die beiden Männer neben dem Wagen fiel,
blieb er stehen.
»Wo ist Studer?«, fragte er misstrauisch.
Doc war alles andere als wohl in seiner Haut. Wenn er
den Argwohn des Alten nicht schnell genug zerstreute, würde ihr mühsam
errichtetes Lügengebäude wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. »Schön,
dass Sie wieder zurück sind, Herr Rottmann«, sagte er ausweichend. In diesem
Moment erschienen die beiden Piloten in der Türöffnung, mit den Taschen und
Koffern ihres Fluggastes beladen und offensichtlich erstaunt darüber, dass
Rottmann noch immer die Treppe blockierte.
Doc, der sich inzwischen gesammelt hatte, fuhr fort:
»Jacques Studer lässt sich entschuldigen, Herr Rottmann, ein dringender Termin.
Es ginge um FE .23, Sie wüssten Bescheid. Wir sollen Sie einstweilen nach Hause fahren.
Er selbst will so bald als möglich nachkommen.«
In Rottmanns Gesicht, anfangs noch voller Skepsis,
spiegelte sich allmählich Verstehen wider. Er nickte grimmig. » FE .23 also! Dann
wird er am Kniehorn nach dem Rechten sehen. Gut so.«
Doc zuckte mit den Schultern. »Tut mir leid, Herr
Rottmann, mehr hat uns Jacques nicht verraten. Er war, wenn ich das so sagen
darf, in dieser Sache etwas zugeknöpft. Dürfen wir Ihr Gepäck einladen?«
Tatsächlich setzte sich Rottmann wieder in Bewegung,
die Piloten folgten.
Während Doc die Gepäckstücke in den Kofferraum lud,
riss der Schmächtige devot die Wagentür auf und half Rottmann beim Einsteigen.
Doc war erleichtert – das hätte ihm gerade noch
gefehlt, dass der Alte Sperenzchen machte. Es hätte ihren Auftrag schneller
ruiniert als jeder Bodyguard. Rottmann sollte, ohne Aufsehen zu erregen, bei
seiner Ankunft in Empfang genommen und anschließend in das vorbereitete
Versteck geschafft werden. Weder die beiden Piloten noch die Vorfeldüberwachung
im Tower durften auch nur die Spur eines Verdachtes schöpfen, wenn die
Entführung gelingen sollte. Dass sowohl Studer als auch die Piloten sie gesehen
hatten, würde keine Rolle spielen; schon in den frühen Morgenstunden des
folgenden Tages würden er und der Schmächtige außer Landes sein.
Eine knappe Minute später durchfuhr der Wagen das Tor,
das sich für ausfahrende Fahrzeuge automatisch öffnete.
***
»Verflucht
noch mal«, brummte Alex verschlafen und tastete nach dem Telefon. Sein Blick
streifte die Uhr: Wenige Minuten vor vier. Wenn das kein Grund war, den Anrufer
zusammenzustauchen!
Im Augenblick fühlte er sich gar nicht gut. Euphorisch
hatte er sich nach dem Hubschraubereinsatz und dem aufsehenerregenden
Fernsehinterview für den Rest des Tages eine Auszeit genommen und sich auf die
Jacht zurückgezogen. Offenbar hatte er es mit dem Feiern und dem Trinken doch
etwas übertrieben. Vor einer knappen halben Stunde erst war er nach Hause
gekommen und hatte sich, ohne sich auszuziehen, einfach aufs Bett geworfen. Die
beiden Girlies waren aber auch zu anschmiegsam gewesen! Wie hatten sie doch
gleich geheißen? Ach, egal, zum Schwelgen blieb ihm später noch Zeit; erst musste
er sich des lästigen Anrufers erwehren.
Ein scharfes »Was ist denn?« sollte den Anrufer
schrecken, doch es wurde bloß ein heiseres Krächzen daraus. Nichtsdestotrotz
schien es Wirkung zu zeigen, denn sekundenlang blieb die Leitung tot. Schon
glaubte Alex, das Klingeln nur geträumt zu haben, da riss ihn eine schrille
Stimme endgültig aus dem Schlaf.
»Schön, dass man dich endlich erreicht. Wo warst du
die ganze Nacht?«
»Ach, du bist’s!«, stöhnte Alex und sank in die
Kissen. »Wann nimmst du endlich zur Kenntnis, dass ich erwachsen bin? Oder muss
ich meiner Mutter noch immer Rechenschaft ablegen, wie und wo ich meine Nächte
verbringe?«
»Nein, musst du nicht. Aber dass du dein Handy
eingeschaltet lässt, das kann ich schon verlangen. Ich –«
»Müssen wir das jetzt diskutieren?«,
fiel ihr Alex
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