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Seepest

Seepest

Titel: Seepest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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ins Wort. »Ich bin hundemüde.«
    »Erich ist verschwunden!«
    »Na und? Er ist alt genug, er braucht keinen
Aufpasser. Lass uns morgen früh –«
    »Wir gehen davon aus, dass er entführt wurde.«
    »Was, entführt? Was redest du da?« Er gähnte laut.
    »Komm endlich zu dir!«, rief seine Mutter aufgebracht,
bevor sie etwas ruhiger fortfuhr: »Erich wurde verabredungsgemäß am Flughafen
erwartet und ist nach der Landung in seinen Wagen gestiegen.«
    »Na, ist doch prima … und weiter?«
    »Er ist nicht zu Hause angekommen. Und Jacques hat den
Wagen nicht gefahren.«
    »Wie – nicht gefahren … was soll das heißen? Wer dann?
Woher weißt du das überhaupt?«
    »Es war ausgemacht, dass Erich mich anruft, sobald er
zu Hause eintrifft. Er drängte darauf, sofort nach seiner Rückkehr über das FE .23-Projekt zu
sprechen …«
    »Oh ja, bin im Bilde, schließlich wollte er seine Wut
vor allem an mir auslassen. Na und?«
    »Nachdem er sich um zwei Uhr noch immer nicht gemeldet
hatte, hab ich bei ihm angerufen. Hilde konnte sich sein Ausbleiben ebenfalls nicht erklären. Also hab
ich beim Flughafen nachgefragt. Dort hat man mir versichert, die Maschine sei
pünktlich um Mitternacht gelandet. Und nicht nur das: Eine Viertelstunde vor
der Landung soll Erichs Wagen vor der Einfahrt zum Vorfeld bereitgestanden
haben. Und jetzt rate mal, wer am Steuer saß.«
    »Entschuldige, aber ich bin wirklich nicht zum Raten
aufgelegt … also sag schon, wer?«
    »Jacques.«
    »Moment mal … sagtest du nicht gerade eben, er habe
den Wagen nicht gefahren?«
    »Verwirrend, das Ganze, ich weiß. Ich habe selbst eine
Weile gebraucht, bis ich’s kapiert hab. Fest steht jedenfalls, dass Jacques den
Wagen zum Flughafen gefahren hat; ein Angestellter der Vorfeldsicherung hatte
ihn auf der Kamera und hat mit ihm gesprochen. Fest steht aber auch, dass der
Wagen von zwei den Piloten unbekannten Männern an die Maschine gefahren wurde
und wenig später zusammen mit Erich das Flughafengelände verließ. Die Männer
hatten behauptet, Jaques habe sie als seine Vertretung geschickt. Die Frage ist
also: Was ist zwischen Jacques’ Eintreffen und der Ankunft der Maschine
passiert? Und wo ist Erich?«
    »Hm … du hast recht, man könnte tatsächlich an
Kidnapping denken.« Alex überlegte kurz. »Was ist mit Jacques? Der kann sich
doch nicht in Luft aufgelöst haben?«
    »Scheint aber so.«
    »Ziemlich merkwürdig, in der Tat. Hast du die Polizei
schon verständigt?«
    »Nein, ich wollte erst mit dir sprechen. Ich denke
aber, dass daran jetzt kein Weg mehr vorbeiführt. Ich kann nur hoffen, dass es
noch nicht zu spät ist.«
    Ihre Stimme war zuletzt irgendwie brüchig geworden,
fast hörte sie sich ein bisschen weinerlich an. Das überraschte Alex. Ulla
Gauß-Rottmann und Tränen? Das war wie Feuer und Wasser, geradezu unvereinbar!
Nicht ohne Grund eilte seiner Mutter der Ruf einer beinharten Managerin voraus.
Hart zu sich selbst, noch härter zu anderen – und normalerweise gegen jede
menschliche Regung gefeit.
    Es geschahen eben noch Zeichen und Wunder!
    Während der folgenden Minute herrschte Schweigen. Alex
versuchte, zu einem Entschluss zu kommen.
    »Also, mein Vorschlag ist folgender«, sagte er
schließlich: »Wir bemühen uns zunächst selbst, Licht ins Dunkel zu bringen. Ich
trommle gleich ein paar Leute zusammen. Als Erstes werde ich mit Leschek zum
Flughafen fahren. Vor Ort können wir uns sicher ein genaueres Bild darüber
verschaffen, was passiert ist. Und so lange halten wir die Polizei aus der
Geschichte raus, okay? Vielleicht gibt es ja doch eine ganz einfache Erklärung,
dann hätten wir unnötigerweise die Öffentlichkeit mit hineingezogen, das wäre
nicht so gut. Sollten wir bis … nun, sagen wir bis neun noch immer keine
plausible Erklärung für sein Verschwinden haben, dann können wir immer noch die
Polizei einschalten. Kannst du damit leben?«
    »Also gut«, antwortete seine Mutter nach längerem
Zögern. »Aber halt mich auf dem Laufenden.« Sie schien zu ihrem alten Ton
zurückgefunden zu haben. Alles andere hätte Alex auch gewundert – Betroffenheit
war schließlich nicht ihr Ding.
    ***
    Es
war kurz nach halb sechs, als es Wolf aus dem Bett drängte. Anders als gestern
fühlte er sich an diesem Morgen fit und ausgeruht. Wie immer galt sein erster
Blick dem Wetter – verständlich, schließlich musste er auch heute wieder mit
dem Rad nach Überlingen strampeln. Es war trocken, der Himmel teilweise klar,
das

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