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Seepest

Seepest

Titel: Seepest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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schließlich zogen ihre beiden
Dienstherren, obgleich derselben Familie angehörend, nur äußerst selten an
einem Strang. Zu seiner Verwunderung hatte Studer genau darauf abgehoben und
einen Burgfrieden ins Spiel gebracht, da es gelte, ab sofort alle Kräfte zu
bündeln, um den Seniorchef unbeschadet freizubekommen. Was ein Gespräch unter
Kollegen quasi zwingend erforderlich mache.
    Armer Studer, wenn du wüsstest!
    Noch immer kicherte der Glatzköpfige hämisch in sich
hinein, als er endlich den Haldenhof erreichte. Suchend sah er sich um. Das
Gelände wirkte wie ausgestorben, Parkplatz und Terrassen waren leer, Türen und
Läden der Gebäude fest verrammelt. Eine Handvoll zänkischer Raben schienen die
einzigen Lebewesen weit und breit. Auch von Studer fehlte jede Spur. Erst als
er ein paar Meter weiterfuhr, bemerkte er dessen Wagen.
    Der Glatzköpfige stellte den Motor ab und machte sich
auf den Weg. Er glaubte zu wissen, wo sich Studer aufhielt: bei der
Aussichtskanzel gleich hinter dem Haldenhof.
    Studer, der gnadenlose Kämpfer – von wegen! Für ihn
war der Kerl nichts weiter als ein hoffnungsloser Romantiker – ein Warmduscher,
wie das heute hieß.
    Zu seiner Überraschung fand er jedoch die
Aussichtskanzel leer. Eben wollte er wieder kehrtmachen und zum Parkplatz
zurückkehren, als Studer wie aus dem Boden gewachsen hinter ihm stand. Der
Schreck stand dem Glatzköpfigen ins Gesicht geschrieben. Lauter als nötig fuhr
er Studer an: »Warum meldest du dich denn nicht, verdammt noch mal!«
    Der Hüne schenkte ihm nur ein mildes Lächeln. »Höre
ich da ein schlechtes Gewissen heraus?« In seinem kehligen Schwyzerdütsch
wirkte die Frage doppelt provokant.
    »Ach, quatsch nicht rum! Lass uns lieber gleich zur
Sache kommen, ich hab wenig Zeit. Also, was willst du?«
    Er hatte vergeblich versucht, sich an Studer
vorbeizudrücken. So nah an dessen Gorillaarmen fühlte er sich mehr als
unbehaglich. Sein Standort war aber auch zu exponiert; ein Fingerschnipsen
Studers hätte ausgereicht, ihn ohne viel Federlesens in die Tiefe zu befördern.
    Doch Studer stand der Sinn offenbar nicht nach
Handgreiflichkeiten. Mit nachdenklicher Miene drehte er sich um und schlug den
Weg in Richtung Parkplatz ein. Dem Glatzköpfigen blieb nichts anderes übrig,
als ihm zu folgen.
    Für ihn war Studer ein einziger Widerspruch. Wie
anders sollte man die hünenhafte Statur auf der einen und das zuweilen recht
kindhafte Gemüt auf der anderen Seite bezeichnen? Wie vertrug sich ein
kompromissloser Kampfeswille mit den immer wieder geäußerten gutmenschlichen
Moralvorstellungen? Oder der Job eines Bodyguards mit dem Habitus eines
emeritierten Professors? Na ja, Letzteres konnte der Glatzköpfige gerade noch
nachvollziehen. Immerhin war Studer nicht irgendein Hanswurst, sondern
Vertrauter und Beschützer eines mächtigen Großindustriellen. Dass er,
vermutlich in Abstimmung auf seinen schwarzen Kinnbart, beständig in schwarzen
Klamotten herumlief und sich nicht entblödete, eine randlose Brille mit
Fensterglas zu tragen, war am Ende nicht mehr als das Tüpfelchen auf dem i.
    Für ihn stand jedenfalls fest: Solchen Typen musste
man mit Vorsicht begegnen.
    Nachdem sie ein paar Schritte nebeneinanderher
gegangen waren, setzte Studer endlich zu einer Erklärung an. »Du weißt, warum
ich dich um dieses Treffen gebeten habe. Letzte Nacht haben Unbekannte am
Bodensee-Airport den Chef entführt – ich nehme an, du kennst den genauen
Hergang?«
    »Kenn ich. Und weiter?«
    »Nun, wir wissen noch immer nichts über die Täter und
ihre Ziele, obwohl sie Rottman seit fast zwölf Stunden in ihrer Gewalt haben.
Ich gehe inzwischen davon aus, dass es ihnen nicht um Lösegeld geht.«
    »Wie bitte? Was bringt dich zu dieser abwegigen
Annahme?«
    »Wieso abwegig?«
    »Weil … weil zwölf Stunden noch keine Zeit sind. Man
weiß doch, wie das läuft: Je mehr Stunden bis zur Forderung eines Lösegeldes
verstreichen, desto mürber werden die Erpressten … so sehe jedenfalls ich das.«
    »Trotzdem wäre es wichtig zu wissen, welche anderen
Gründe außer einer Erpressung eventuell dahinterstecken könnten. Was vermutet
ihr?«
    Erstaunt sah ihn der Glatzköpfige an. » Wir? Warum fragst du das mich und nicht Leschek?«
    »An den komm ich im Moment nicht ran, also frag ich
dich.«
    Der Glatzköpfige wurde unsicher. Worauf wollte Studer
eigentlich hinaus? War er misstrauisch geworden? Wie viel wusste er? Vermutlich
wäre es das Beste, das Gespräch unter

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