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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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mit uns nach Überlingen zu kommen. Wir werden zunächst ein Protokoll aufnehmen, über alles Weitere entscheidet der Staatsanwalt.« An dieser Stelle machte er eine kurze Pause. Dann ergänzte er: »Da ist übrigens noch etwas, was gegen Sie ausgelegt werden kann, Herr Keller. Sie haben nach von uns sichergestellten Unterlagen im vergangenen Jahr eine nicht unbeträchtliche Geldsumme bei einer Lindauer Finanzagentur angelegt, richtig?«
    Keller senkte den Kopf. »Ach das«, sagte er mit brüchiger Stimme.
    »Ich vermute, dass Sie dabei einer Gruppe raffinierter Finanzhaie aufgesessen sind. Sie haben bei dem Deal Ihr eingesetztes Kapital verloren, ist es nicht so?«
    »Leider ja. Aber ich verstehe nicht … Was hat das mit dem laufenden Fall zu tun?«
    »Ganz einfach: Wir müssen davon ausgehen, dass es sich bei den Morden an den drei Bankern um den Racheakt eines geprellten Anlegers handelt. Verstehen Sie jetzt?«
    Keller wurde, wenn möglich, noch eine Spur blasser. »Ja, ich verstehe.«
    Wolf stand auf. »Die Antragsformulare von Bullock und Maroni werden wir mitnehmen. Wir müssen sie auf Fingerabdrücke untersuchen.«
    Während Grabert nickte, meinte Keller: »Tun Sie, was getan werden muss. Ich werde natürlich mit Ihnen kommen. Ich hoffe, die Sache wird bald aufgeklärt.«
    »Noch etwas, Herr Grabert. Würden Sie bitte die beiden betreffenden Dateien an die Kripo Überlingen mailen? Wir warten so lange.« Er nannte Grabert die E-Mail-Adresse.
    Als die Dateien verschickt waren, verabschiedeten sie sich. »Und passen Sie mir auf Sam und Luca auf – vor allem kein Freigang, bitte«, versuchte Wolf zu scherzen, als er die Tür hinter sich zuzog.
    Dann verließen sie zusammen mit Keller das Verwaltungsgebäude der  JVA  Konstanz.
    Anderthalb Stunden später bestieg Wolf hinter der Polizeidirektion sein Rad, nachdem er seinen neuen Sattel ausgiebig begutachtet hatte. »Der Teufel soll den Dieb holen«, murmelte er leise. Dann trat er die Heimfahrt nach Nußdorf an.
    Es war kurz vor acht, als er das Strandbad passierte. Ihm schwirrte der Kopf, und er verspürte einen Bärenhunger. Kein Wunder, die letzte Mahlzeit lag Stunden zurück. Da fiel ihm sein leerer Kühlschrank wieder ein. Schon seit Tagen musste er auf Brot und Butter verzichten, von anderen elementaren Grundnahrungsmitteln – wie beispielsweise Bier oder Kaffee – ganz zu schweigen.
    Hatte er sich nicht vorgenommen, heute einkaufen zu gehen? Und was war draus geworden? Im Trubel des Tages hatte er es schlichtweg vergessen.
    Was nun? In Nußdorf, seinem Heimatort, hatten die Geschäfte längst geschlossen. Nach Überlingen zurückfahren? Dazu verspürte er keine Lust.
    Kurz entschlossen fuhr er nach Nußdorf hinein. Dort fand er sich wenig später im Gasthof »Jehle« wieder, bei einem deftigen Zwiebelrostbraten mit Bratkartoffeln und gemischtem Salat, assistiert von einem trockenen 2010er Meersburger Roten.
    Während er genussvoll aß, ließ er den Tag noch einmal Revue passieren. Zum wiederholten Male fragte er sich, ob die Ereignisse in der Strafanstalt wirklich die Wende bedeuteten.
    War ihr Fall tatsächlich so gut wie gelöst?
    Hatten Sie mit Keller den wahren Schuldigen gefunden?
    Nach längerem Abwägen und einem weiteren Schluck aus seinem Glas beschloss er, die Antwort auf morgen zu vertagen. Im Moment forderte der Rostbraten seine volle Aufmerksamkeit.
    Er konnte sich ja schließlich nicht zerreißen!
    Spätabends um elf erhielt er überraschend noch einen Anruf von Grabert.
    »Bitte entschuldigen Sie die späte Störung, Herr Wolf, aber Sie waren früher nicht zu erreichen, und ich möchte unbedingt noch etwas loswerden.«
    »Kein Problem, Herr Grabert.«
    »Die Sache mit Keller lässt mir keine Ruhe – ein ausgesprochen tragischer Fall. Sollte mich jemand fragen, ob es Vorzeichen für ein solches Fehlverhalten gab, so ist meine Antwort ein klares Nein. Andererseits …«
    »Andererseits?«
    »Nun, im Nachhinein betrachtet … ach, ich weiß nicht, ob ich darüber reden soll, es ist vermutlich ohne Belang.«
    »Tun Sie sich keinen Zwang an, Herr Grabert. Was wir hier bereden, bleibt unter uns. Versprochen.«
    »Tja, wie soll ich sagen … Vor einiger Zeit ist mir aufgefallen, dass mein Chef, ich meine Herr Keller, sich mit bestimmten Häftlingen gut zu verstehen scheint.«
    »Bestimmte Häftlinge … Gehören da auch Bullock und Maroni dazu?«
    »Ja. Vermutlich tut es nichts zur Sache, aber … Nun, ich wollte diese Beobachtung

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