Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
Vom Netzwerk:
mitgehen lassen. Just an dieser hat unsere Spusi nun einen Fingerabdruck gesichert. Und dieser Fingerabdruck gehört Samuel Bullock.«
    »Sam Bullock?«
    »Eben dem.«
    Grabert starrte sie ungläubig an. Es dauerte eine Weile, bis er sich einigermaßen gefasst hatte. »Verstehe«, sagte er dann. »Und jetzt wollen Sie wissen …«
    »Richtig, Herr Grabert«, ergriff nun Jo das Wort, »genau deshalb sind wir hier. Kommt es Ihnen nicht auch etwas seltsam vor, dass schon wieder einer Ihrer Häftlinge in den Fokus unserer Ermittlungen gerät? Sie verstehen sicher, dass wir da ins Grübeln kommen.«
    Grabert schien es die Sprache verschlagen zu haben. Er räusperte sich, bevor er antwortete. »Zugegeben, Frau Louredo, eine erstaunliche Duplizität. Trotzdem, ob Sie’s nun glauben oder nicht: Weder Maroni noch Bullock haben kürzlich Freigang gehabt – darauf wollen Sie doch hinaus, nicht wahr?« Er wandte sich seinem Computer zu und gab einen Befehl ein. Dann schwenkte er den Bildschirm in ihre Richtung. »Hier, das ist Bullocks Akte. Wie Sie sehen, enthält das Feld ›Freigang‹ keinen Eintrag. Ein Freigang wäre mit Bullocks Strafmaß auch gar nicht vereinbar.« Er drehte den Monitor zurück und hämmerte erneut auf seine Tastatur ein. »So, und nun dasselbe bei Luca Maroni. Vielleicht überzeugt Sie ja das?« Er zeigte ihnen das leere Feld in Maronis Profil.
    Vespermann, Wolf und Jo tauschten ratlose Blicke.
    »Herr Grabert, wer hat alles Zugang zu diesen Dateien?«, fragte Wolf.
    »Niemand außer Herrn Keller und mir kennt das Passwort. Wie in jeder  JVA  sind auch bei uns die Häftlingsakten besonders gesichert.«
    Unschlüssig schüttelte Wolf den Kopf – als hätte er ein Problem damit, Graberts Erklärung zu akzeptieren. Ein Gedanke ging ihm im Kopf herum. Schließlich sprach er ihn aus: »Sagen Sie, wie muss man sich den verwaltungstechnischen Ablauf bei einem Freigang vorstellen? Wenn Sie uns die einzelnen Schritte vielleicht kurz skizzieren könnten?«
    Grabert reagierte etwas genervt. »Ich merke schon, Sie sind noch immer nicht überzeugt. Wenn Sie sich den Verwaltungsakt antun wollen – bitte sehr, an mir soll’s nicht liegen. Es ist so: In der Regel kommt der Häftling auf die Verwaltung zu, wenn er Freigang haben möchte. Er besorgt sich das entsprechende Antragsformular und füllt es aus, natürlich unter Angabe der Gründe und des vorgesehenen Aufenthaltsortes. Dieses Formular geht dann an die Verwaltung zurück. Die Anstaltsleitung prüft auf Rechtmäßigkeit, und sofern dem Ersuchen keine Gründe entgegenstehen, wird von dort der Freigang erteilt – mit den jeweils entsprechenden Auflagen, versteht sich.«
    »Verstehe«, sagte Wolf. »Und nach erteilter Genehmigung tragen Sie respektive die Anstaltsleitung, also Herr Keller, den Freigang in die Akte ein – sehe ich das richtig?«
    »Korrekt.«
    Wolf zögerte kurz, ehe er weiterfragte. »Und diese Antragsformulare, werden die aufbewahrt?«
    »Was denken Sie denn?«, fragte Grabert amüsiert. »Dafür sorgen schon die Revisoren des Justizministeriums. Die Herren beehren uns an jedem Quartalsende, und wehe, so ein Wisch würde einmal fehlen.«
    »Dann würden wir die Anträge gerne sehen.«
    Grabert seufzte, als er zum Telefon griff. »Ja, Frau Siebert, würden Sie mir bitte den laufenden Ordner mit den Freigang-Anträgen bringen? Danke.«
    Eine Angestellte erschien und übergab Grabert den gewünschten Ordner. Ohne ihn zu öffnen, reichte er ihn an Wolf weiter. »Überzeugen Sie sich selbst. Schlagen Sie die Registerblätter ›B‹ und ›M‹ auf.«
    Während Wolf in dem nur halb vollen Ordner umständlich hin- und herblätterte, hob Vespermann die Hand. »Könnte ich bitte noch einen Kaffee bekommen?«, fragte er Grabert und hielt ihm seine Tasse hin. Der erhob sich mit unbewegter Miene und ließ sie in seinem Vorzimmer auffüllen. Als er zurückkehrte, reichte Wolf den Ordner kommentarlos an Jo weiter und tippte auf das oben liegende Blatt.
    »Sieht so aus, als würden Sie doch nicht in alle Vorgänge des Hauses eingeweiht«, sagte sie, nachdem sie das Formular überflogen hatte.
    Grabert stutzte. »Wie meinen Sie das?«
    »Nun, entgegen Ihrer Aussage finden sich hier nicht weniger als drei bewilligte Anträge auf Freigang, ausgestellt auf den Häftling Samuel Bullock. Was sagen Sie dazu?«
    »Sie machen Scherze, oder? Das kann nicht sein. Geben Sie mal her.« Er beugte sich vor und riss den Ordner an sich. Noch im Stehen überzeugte

Weitere Kostenlose Bücher