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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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plötzlich stockte. Was war das? Das hatte er ja noch nie gesehen – zumindest nicht auf der Außenseite einer Tür: Über dem Griff hatte jemand eine abschließbare Türkette montiert.
    Er zog die Hand zurück und überlegte kurz. Dieses Ding war mit Sicherheit erst vor Kurzem hier angebracht worden. Viel wichtiger allerdings war etwas anderes: Nach seinem Verständnis dienten Türketten der Sicherheit, indem sie das unrechtmäßige Eindringen in ein Haus oder einen Raum verhinderten –  normalerweise , fügte er im Geist hinzu. Nicht so hier. Dass diese Kette von außen an die Tür montiert worden war, konnte nur eines bedeuten: Nicht das Eindringen, sondern das Verlassen des dahinterliegenden Raumes sollte verhindert werden.
    In dem Raum musste jemand eingesperrt sein – je länger er darüber nachdachte, desto sicherer wurde er.
    ***
    »Du bringst gute Nachrichten, hoffe ich.«
    Der Mann mit der Hakennase, an den die Frage gerichtet war, schrak leicht zusammen, als unvermittelt die Stimme in seinem Rücken erklang. Nur ungern löste er sich von dem prachtvollen Ausblick, den die hoch über dem Meer gelegene Terrasse ihm bot. Er zwang sich zur Ruhe, bevor er sich umdrehte.
    »Immer wieder eine Augenweide, dein Anwesen in Paguera, Don Alfredo«, lobte er, eine konkrete Antwort auf die gestellte Frage bewusst vermeidend. Mit kaum verhohlenem Neid musterte er die mit Bougainvilleen und Priesterpalmen gesäumte schneeweiße Villa. Welch ein Kontrast zu dem ausgetrockneten Landstrich zwischen der Finca und der Küste.
    Misstrauisch ob des Lobes sah Don Alfredo ihn an. Dann hob er die Hand und schnipste mit den Fingern. Sofort eilte eine ebenso junge wie spärlich bekleidete Brünette herbei, die unweit von ihnen auf Instruktionen gewartet hatte.
    »Bring uns Champagner«, verlangte er und sah ihr hinterher, während sie mit wiegenden Hüften zur Villa zurücktänzelte. »Wie du siehst, ist auch die sonstige Ausstattung nicht unbedingt zu verachten«, beschied er den Hakennasigen. »Setzen wir uns.« Er wies auf eine Sitzgruppe in der Nähe des Pools.
    »Also noch mal, was bringst du für Nachrichten?«, wiederholte er, nachdem die Brünette sie mit dem Gewünschten versorgt hatte. Dabei schlug er die Beine übereinander und fixierte sein Gegenüber.
    Der Hakennasige räusperte sich. »Wie du weißt, Don Alfredo, halte ich nichts davon, lange um den heißen Brei herumzureden«, begann er etwas gestelzt. »Jedenfalls scheint mir die Journalistin gut informiert. Zu gut, wenn du mich fragst. Zwar behauptet sie gestern wie heute, die Hintergründe nicht zu kennen. Nach gutem Zureden« – hier zwinkerte er Don Alfredo zu – »hat sie mir aber doch verraten, in Sachen Hauschild, Sahin und Hörmann zu recherchieren. Sie behauptet, mit den Bullen aus Überlingen zusammenzuarbeiten. Was diesen Punkt betrifft, glaube ich jedoch, dass sie lügt.«
    »So, glaubst du. Wie kommt sie an unsere Adresse in Palma? Und an deinen Namen?«
    »Nach ihrer Aussage über die Polizei. Die wiederum will die Angaben vom Hotelpersonal erhalten haben, in dem Sahin wohnte. Offenbar stammt auch das Foto von mir aus dem Hotel; im Parkdeck hing eine Überwachungskamera, wenn ich mich recht erinnere.«
    Don Alfredo sah mit finsterer Miene aufs Meer hinaus. Schließlich wandte er sich wieder an den Hakennasigen. »Was schlägst du vor?«
    »Mir ist nicht wohl bei der Geschichte. Sie weiß zu viel.«
    »Dann schick sie zum Teufel«, sagte Don Alfredo kalt.
    »Wie du meinst.« Nachdenklich fuhr sich der Hakennasige mit der linken Hand über das Kinn. Plötzlich strahlte er über das ganze Gesicht. »Aber ja, du hast recht, Don Alfredo. Überlassen wir sie Diablo. Er wird das Problem für uns beseitigen. Je schneller, desto besser.« Er stand auf. »Ich fahre sofort zur Finca zurück und bringe die Sache in Ordnung.«
    »Aber diskret, bitte. Ich will keine Spuren, haben wir uns verstanden?«
    »Geht klar, Boss.«
    ***
    Kurz entschlossen drückte Henning den Griff nach unten. Quietschend öffnete sich die massive Tür, wenn auch nur so weit, wie die Kette es zuließ. Er schätzte den Spalt auf höchstens zehn Zentimeter. Als er durchsah, konnte er zunächst nicht viel erkennen, das dämmrige Licht ließ es nicht zu. Doch langsam schälten sich Konturen heraus. Ein Fenster an der gegenüberliegenden Wand, daneben ein Tisch und zwei, drei Stühle. Davor, nur teilweise sichtbar, eine Art Campingliege, mit Stoff bezogen und zusammenklappbar, mit einen

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