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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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beiden alles anstellen, solange sie nicht gefasst sind. Wir müssen schließlich auch an die Medien denken – das wäre ein gefundenes Fressen für sie.«
    Scharf überlegte kurz, dann wandte er sich an seine Leute. »Gebt eine Eilfahndung nach den beiden heraus. Vordringlich müssen das Fährpersonal und die Grenzübergänge informiert werden – mit besonderem Hinweis auf die Kleidung der beiden. Lasst euch von Herrn Grabert die Kleidungsstücke beschreiben, die Bullock und Maroni ihm weggenommen haben. Vermutlich haben Sie sich das Zeug übergezogen. Trotzdem dürften sie, wenigstens teilweise, noch in Gefängniskleidung herumlatschen. Das müsste eigentlich jedem auffallen, oder?« Er überlegte kurz, bevor er eine Frage an Grabert richtete: »Verfügen die beiden Ihrer Einschätzung nach über Bargeld?«
    »Aber sicher. Mit den Kleidern haben sie mir auch den Geldbeutel und die Brieftasche weggenommen. Große Sprünge können sie damit allerdings nicht machen. Mein Bargeldbestand lag, gut gerechnet, bei um die hundertfünfzig Euro.«
    »Nur der Vollständigkeit halber: Was ist mit Waffen? Haben Sie in diesem Zimmer Dienstwaffen aufbewahrt?«
    »Nein.«
    »Gut«, urteilte Scharf. »Also, wir beziehen die Deutsche und die Schweizer Bahn in die Fahndung mit ein, ebenso sämtliche Hafenmeistereien rund um den See, für den Fall, dass sie sich ein Boot geschnappt haben.«
    »Was ist mit einem Fahndungsaufruf über die Rundfunkanstalten?«, wollte einer seiner Leute wissen.
    »Richtig. Zumindest alle regionalen Programme. Und noch was, ich möchte, dass jeder, der bei der Konstanzer Polizei fahren, laufen oder wenigstens kriechen kann, auf Streife geht, schwerpunktmäßig zunächst im Raum Staad beziehungsweise rund um den Fährhafen. Ist das klar? Dann abrücken, dalli, dalli.«
    »Ich werde Sie selbstverständlich unterstützen«, verkündete Grabert inmitten des allgemeinen Aufbruchs.
    Spöttisch sah Scharf an ihm herab. »Etwa so?« Er deutete auf Graberts Unterhose.
    »Natürlich nicht, Sie Witzbold! Zufällig habe ich meine Sporttasche dabei, ich wollte nach Dienstschluss zu einem Tennismatch.« Er ging zu einem Wandschrank und begann, seine Sportsachen anzuziehen.
    »Sie sollten sich zuvor von einem Arzt untersuchen lassen«, riet ihm Wolf. »Ihre Kopfwunde sieht nicht gut aus, wenn ich das sagen darf.«
    »Pah! Ist nur ein Kratzer, das kann warten«, entgegnete Grabert, während er in seine Tennishose schlüpfte.
    »Trotzdem, überlassen Sie die Suche nach den beiden lieber mal uns«, sagte Scharf, um seinen Tatendrang zu bremsen.
    Grabert, inzwischen in sportlichem Outfit, trat vor ihn hin. »Wissen Sie was? Sie machen  Ihr  Ding, und ich mach  meins , basta! Abgesehen davon, dass ich Bullock besser kenne als jeder andere hier, weiß ich zufälligerweise auch, an welchen Orten er sich herumgetrieben hat, bevor er eingebuchtet wurde. Dort würden Ihre Leute nicht mal im Traum nach ihm suchen. Alsdann, meine Herren, gehaben Sie sich wohl. Ich muss jetzt erst mal einen Wagen beschaffen.« Schon war er hinausgestürmt.
    Scharf zuckte nur mit den Schultern, er war bereits wieder am Telefonieren.
    Wolf zog Vespermann beiseite. »Wir verschwinden gleichfalls. Am besten heften wir uns an Graberts Fersen. Ich glaube, der Mann hat recht, was Bullocks mögliche Schlupfwinkel angeht. Allerdings überschätzt er sich, wenn er meint, mit diesem Mann fertig zu werden.«
    ***
    Keine fünf Schritte von Henning entfernt duckte sich sprungbereit ein Hund. Henning kannte die Rasse. Und nicht nur sie – auch die Verletzungen, die sie riss. Kein Zweifel, er hatte es mit einem ausgewachsenen American Staffordshire Terrier zu tun, einer Kampfmaschine, eigentlich nicht groß, aber strotzend vor Muskeln. Drohend zog das Tier die Lefzen hoch, seiner Brust entrang sich ein tiefes Knurren.
    Den Hund nicht eine Sekunde aus den Augen lassend, richtete Henning sich auf. Er rechnete jeden Augenblick damit, angefallen zu werden. Wenn er wenigstens einen Stock als Waffe gehabt hätte!
    Vorsichtig setzte er einen Fuß hinter den anderen und wich in Trippelschritten zurück, bis er das Loch im Boden zwischen sich und dem Terrier wusste. Dann zog er, vom Knurren des Hundes begleitet, seine Jacke aus und wickelte sie um seinen linken Unterarm.
    Der Besitzer des Köters blieb unsichtbar. Henning erahnte ihn mehr, als dass er ihn sah – bis er plötzlich, wie aus dem Off, seine Stimme hörte, eine klare, wohlgesetzte, selbstbewusste

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