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Seerache

Seerache

Titel: Seerache
Autoren: Manfred Megerle
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alarmiert. Du weißt, ich glaube nicht an Zufälle. Irgendetwas muss vorgefallen sein, was die Selbstmorde ausgelöst hat, davon bin ich überzeugt.«
    »Hast du schon mit deinem Wolf gesprochen?«
    »Ich hab keinen Wolf, und nein, ich habe nicht mit ihm gesprochen. Aber ich weiß, dass die Polizei die drei Fälle quasi durchgewunken hat. Keinerlei Verdachtsmomente.«
    »Trotzdem lässt es dir keine Ruhe. Du willst rauskriegen, ob nicht doch etwas dahintersteckt, stimmt’s? Wie stellst du dir das vor?«
    »Eines der Suizidopfer wird heute Morgen beerdigt, ein gewisser Ewald Seitz. Hier in Überlingen. Ganz offiziell mit Priester und Heiliger Messe und so. Offenbar ist die katholische Kirche mal über ihren Schatten gesprungen. Da wäre ich gern dabei. Vielleicht erfahre ich dort etwas über die Hintergründe, die zu dem Selbstmord geführt haben. Was hältst du davon?« Gespannt sah sie ihn an.
    Matuschek stand auf und trat ans Fenster. Von seinem Büro aus hatte man einen schönen Blick auf die Promenade und auf den See. Die Hände auf dem Rücken verschränkt, stand er eine volle Minute reglos da, nur das rhythmische Zucken der Finger verriet seine Anspannung. Endlich trat er wieder an den Tisch.
    »Vielleicht hast du recht, vielleicht ist wirklich etwas dran«, sagte er. »Also gut, geh zu dieser Beerdigung. Aber halte mich auf dem Laufenden.«
    Das ließ sich Karin nicht zweimal sagen. Sie stand auf und ging zur Tür. »Danke, Boss«, rief sie über die Schulter zurück, während sie hinaustrat.
    »Vergiss nicht«, rief er ihr nach, »du bist mein bestes Pferd im Stall.«
    Doch er war nicht sicher, ob sie ihn verstanden hatte.
    ***
    Zielbewusst ging Wolf auf eine Sitzgruppe zu, die in der Mitte des spiegelnden Marmorbodens inselgleich aus einem langflorigen Berber aufragte. Doch nicht die Sitzgruppe war es, die ihn magisch anzog, sondern der säulenartige Sockel, der daneben stand, viereckig, hüfthoch und in Schleiflackausführung, wie dafür gemacht, ein künstlerisch wertvolles oder zumindest dekoratives Objekt zu tragen, nein, zu präsentieren.
    Kurz, bevor er die Säule erreichte, stockte sein Fuß; ungläubig rieb er sich die Augen. »Das kann doch nicht wahr sein«, murmelte er.
    Jo, die dem Vorgang aus einiger Entfernung gefolgt war, stellte sich neben ihn. »Etwas nicht in Ordnung, Chef?«
    »Das kann man wohl sagen«, erwiderte er und starrte unverwandt auf die Säule, auf der sich eine kleine handbemalte Porzellanvase geradezu verlor – so unscheinbar und unproportioniert war sie im Vergleich zu ihrem Sockel. »Irgendetwas ist hier ganz und gar nicht in Ordnung.«
    Jo räusperte sich. »Wenn Sie vielleicht die Güte hätten, mich an Ihrem Gedankengut teilhaben zu lassen, Chef?«
    Wolf umrundete die Säule, sorgfältig darauf bedacht, nichts zu berühren. »Entschuldige, aber ich bin etwas durcheinander«, murmelte er.
    »Gefällt Ihnen das Blumenmotiv auf der Vase nicht, oder woran liegt’s?«
    »Nein, es ist die Vase an sich. Vorgestern stand das Ding nämlich noch nicht an dieser Stelle.«
    »Da sind Sie sich sicher?«
    »Absolut sicher.«
    »Wie kann das sein? Wer außer uns hat noch einen Schlüssel?«
    »Das würde ich auch gern wissen.«
    Jo überlegte einen Moment. »Also gut. Irgendjemand hat also eine Vase auf die Säule gestellt. Vielleicht die Putzfrau. Aber deswegen sind wir doch nicht hergekommen, oder?« Plötzlich musste sie kichern. »Es sei denn, Sie können neuerdings auch hellsehen, Chef.«
    Wolf hob abwehrend die Hand. »Die Sache ist keineswegs zum Lachen«, sagte er ernst. »Aber du hast recht. Der Grund unseres Hierseins ist ein anderer. Siehst du diese runden hellen Flecken auf der Oberfläche des Sockels?«
    Sie trat näher an die Säule heran. »Ja klar, jetzt, wo Sie’s sagen. Vier Stück. Wo mögen die herkommen?«
    »Betrachten wir die Fakten. Fakt eins: Die Säule war am Samstag definitiv leer. Fakt zwei: Jemand hat sich in der Zwischenzeit Zugang verschafft und die Vase da hingestellt. Fakt drei: Auf der Oberfläche der Säule sind vier helle Flecken zu sehen, die mit Sicherheit nicht von der Vase stammen. Was folgerst du daraus?«
    Jo zog die Stirn in Falten, ehe sie antwortete. »Wollen Sie damit sagen, dass an eben dieser Stelle vor unserem Eintreffen am Samstag etwas ganz anderes gestanden haben muss? Etwas, das nachträglich durch die Vase ersetzt wurde?«
    »Du hast es erfasst. Es muss sich dabei um einen deutlich größeren Gegenstand gehandelt haben,
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