Seerache
fingiert war, können unsere Techniker das auch nachweisen. Ich will ja nicht behaupten, dass die Goldmann-Leute an dem Mord an Hauschild beteiligt waren. Aber wenn sie die Skulptur in ihrem Besitz hatten, kennen Sie vermutlich den Täter. Vorausgesetzt, wir nehmen sie tüchtig in die Mangel, erfahren wir ziemlich sicher den Zeitpunkt des Erwerbs und den Namen des Verkäufers. Oder was meinen Sie, Chef?«
Wolf nippte an seinem Kaffee. »Lass uns nichts überstürzen. Zunächst einmal solltest du Marsberg über den Vorgang unterrichten, schließlich wildern wir in seinem Revier. Und was die Maßnahmen gegen Goldmann angeht: Ich kann deine Beweggründe durchaus verstehen – noch haben wir aber zu wenig in der Hand.«
»Ein Grund mehr, uns die Leute zur Brust zu nehmen«, ereiferte sich Jo, »schließlich besteht akute Verdunkelungsgefahr.«
»Umgekehrt wird ein Schuh draus. Wenn die auch nur halb so gewieft sind, wie du befürchtest, dann haben sie alles Belastende längst weggeschafft. Nicht umsonst hatte Marsberg sie bereits am Wickel, ohne etwas gegen sie ausrichten zu können. Und diesmal geht es nicht nur um Hehlerei – wenn es dumm läuft, wird man ihnen sogar Beihilfe zum Mord anhängen. Da gehen sie sicher umso gründlicher vor. Zudem bräuchten wir einen Durchsuchungsbeschluss, und den würden wir bei der momentanen Beweislage wohl kaum bekommen.«
Jo kaute missmutig auf ihrer Unterlippe. »Vermutlich haben Sie recht. Demnach hätte mich Peschke also ungestraft reingelegt.«
»Du machst mir Spaß, seit wann lassen wir uns von persönlichen Animositäten leiten? Du weißt, die trüben den Blick. Im Übrigen ist dieser Peschke ja nicht aus der Welt – oder würdest du ihm Fluchtgefahr unterstellen?«
»Nein, wohl eher nicht.«
»Siehst du.« Wolf erhob sich und trat ans Fenster, um einen Blick auf den wolkenverhangenen Himmel zu werfen. »Trübe Aussichten«, erklärte er, wobei offenblieb, ob sich sein Urteil auf Peschke oder das Wetter bezog. »Ich frage mich, ob es überhaupt richtig ist, der Skulptur so viel Bedeutung beizumessen. Wir sollten wohl doch mal überprüfen, ob auch bei Hörmann etwas fehlt. Hast du im Barmann-Fall heute Morgen übrigens irgendwelche Fortschritte gemacht, von denen ich wissen sollte?«
»Ja, wann denn, Chef?«, protestierte Jo. »Ich kann mich nicht zerreißen. Sie wissen doch …«
»Beruhige dich, war ja nur ’ne Frage. Ich weiß selbst, dass wir hoffnungslos unterbesetzt sind.« Wolf drehte sich wieder zu ihr um und schlug sich die Hand vor die Stirn. »Stimmt ja gar nicht … Oder genauer gesagt, es stimmt nicht mehr . Jetzt haben wir ja Dicky.« Er brachte ein verkrampftes Lachen zustande.
»Erst mal abwarten, wie er sich so schlägt«, wandte Jo ein.
»Immerhin, die Kollegen in Rottweil haben ihn in den Himmel gelobt. Sommer hat mir Vespermanns Personalakte gezeigt. Der Mann muss in jeder Beziehung erste Sahne sein.«
Ob der Doppeldeutigkeit in Wolfs Worten lachte nun auch Jo. Dann nahm sie den Faden wieder auf. »Zurück zu unserem Fall. Wenn ich Sie recht verstehe, Chef …«
»Die Antwort ist Nein.«
»Welche Antwort? Ich hab doch noch gar nichts gefragt.«
»Wie ich dich kenne, wolltest mir gerade vorschlagen, nach Hagnau zu Hörmanns Wohnung zu fahren. Die Antwort ist Nein, das mach ich nämlich selbst. Du kannst dir inzwischen diesen Bericht hier zu Gemüte führen.« Während er sprach, schob er Jo den Schnellhefter zu, den ihm Sommer kurz zuvor in die Hand gedrückt hatte.
»Was ist das?«
»Gestern Abend wurde am Bodensee-Airport ein Mann in seinem Wagen entführt. Es handelt sich um einen gewissen Mesut Sahin aus Überlingen. Alles Weitere steht in dem Bericht. Die Entführung konnte rechtzeitig vereitelt werden – anscheinend hatte Kommissar Zufall die Hand im Spiel. Allerdings hat der Wagen des Opfers nur noch Schrottwert.«
»Und warum landet der Fall bei uns?«
»Tut er nicht. Die Kollegen haben uns den Vorgang nur zur Kenntnisnahme geschickt. Schließlich hat das Opfer seinen Wohnsitz in Überlingen.«
»Was ist mit dem Entführer? Wurde er gefasst?«
»Leider nein. Er ist auf dem Motorrad eines Komplizen entkommen. Dieser Sahin hatte sich zwar das Kennzeichen der Maschine gemerkt, aber umsonst – die Entführer hatten sie am selben Abend in Friedrichshafen gestohlen. Sieh die Akte einfach mal durch und sag mir deine Meinung.«
Jo schien über die zusätzliche Aufgabe wenig erfreut. »Klar, Chef, ich hab ja sonst
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