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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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nichts zu tun. War’s das dann von Ihrer Seite?«
    »Nicht ganz. Zwei Dinge noch. Erstens: Wir brauchen dringend das Ergebnis von Hörmanns Obduktion. Frag Dr. Reichmann bitte auch, ob sie Hauschild schon auf dem Tisch hat.«
    »Wie ich sie kenne, wird sie mich jubelnd empfangen«, meinte Jo mit säuerlicher Miene. »Und das Zweite?«
    »Hauschilds Finanzen. Besorg uns eine Genehmigung zur Konteneinsicht. Wir müssen rauskriegen, was hinter dem Schuldschein steckt. Und vergiss nicht, den Bericht über deinen Besuch bei Goldmann zu schreiben. Besonders die Dialoge mit dem Personal möchte ich Wort für Wort darin wiederfinden.«
    »Hab ich schon einmal einen Bericht vergessen?«, fragte Jo aufgebracht.
    Wolf schmunzelte. »Nicht, dass ich wüsste. Ich will nur vorbauen.«
    »Okay. Sonst noch was?«
    »Ja, eines, aber das übernehme ich selbst.«
    »Und zwar?«
    »Ein Besuch in der Kantine. Ich kann dir ja was mitbringen, wenn du mir sagst, wonach dich gelüstet?«

10
    Nachdem Wolf seinen in der Kantine erstandenen Leberkäsweck verdrückt hatte, besorgte er sich einen Dienstwagen und fuhr nach Hagnau. Unweit der Kirche stellte er den Wagen ab.
    Beim Aussteigen musterte er skeptisch den Himmel. Was er sah, war wenig vertrauenerweckend. Windböen – Vorboten eines Unwetters? – trieben dunkle Wolkenfetzen vor sich her, das Schweizer Ufer verbarg sich hinter Nebelschleiern. Noch war es trocken. Würde es halten? Er entschied sich für Ja.
    Ein fataler Irrtum, wie sich bald zeigen sollte, denn auf halbem Weg zu Hörmanns Haus setzte ein Platzregen ein. Zwar fand er in einem Hauseingang Unterschlupf, dennoch fühlte er sich in Sekundenschnelle wie durchs Wasser gezogen.
    So schnell, wie er gekommen war, war der Spuk auch wieder vorüber.
    »Dreckswetter, verdammtes«, knurrte Wolf im Weitergehen. Kurz darauf hatte er die gesuchte Adresse erreicht. Schon der erste Augenschein bestätigte seine Vermutung: Das Gebäude stand, zumindest was die Architektur und die Außenanlage betraf, der Hauschild’schen Bleibe am Überlinger Strandweg in nichts nach. Er folgte dem mit Travertinplatten belegten Weg, der zum Eingang führte.
    »Wenden Sie sich an den Hausmeister«, hatte Jo ihm mit auf den Weg gegeben, »der verfügt über einen Generalschlüssel und lässt Sie rein.« Da sie weder in Hörmanns Kleidung noch in seinem Wagen irgendwelche Schlüssel gefunden hatten, bliebe ihnen so der Schlüsseldienst erspart.
    Wolf überflog das Klingeltableau, das aus sieben Tasten bestand. Die Beschriftung »Hausmeister« konnte er auf keiner entdecken. Dann sah er sich die Sache genauer an – und musste schallend lachen.
    Auf dem unteren Schildchen stand »Concierge«.
    Gestelzter geht’s nimmer, dachte er und drückte die Taste.
    Der Hausmeister erwies sich als vielbeschäftigter Mann. Kaum hatte er die Tür zu Hörmanns Wohnung geöffnet, verabschiedete er sich auch schon wieder. »Meine Kundschaft ist anspruchsvoll, da kann ich mir keinen Leerlauf leisten«, meinte er mit einem Achselzucken, bevor er verschwand.
    Wolf sah ihm grinsend nach. Dann betrat er die Wohnung.
    Der Anblick, der sich ihm bot, war mehr als ernüchternd. Es unterschied sich nicht nur die Einrichtung diametral von Hauschilds Penthaus – Ralf Hörmann schien auch in puncto Ordnung jedes Maß verloren zu haben. Im Bad lag, über den ganzen Fußboden verstreut, getragene Wäsche, in der Küche Stapel gebrauchten Geschirrs. Dazwischen, in unregelmäßigem Wechsel, volle Aschenbecher und leere Flaschen jeder Art. Als Wolf einen flüchtigen Blick in den Kühlschrank riskierte, verzog er angewidert das Gesicht. Jede Menge abgelaufener Joghurts neben Wurst- und Käseresten, einige davon bereits angeschimmelt. Den Inhalt der offenen Milchpackungen wagte er sich gar nicht erst vorzustellen.
    Nur auf eines schien Hörmann großen Wert gelegt zu haben: auf seine Garderobe. Die Schuhe, vierzehn Paar an der Zahl, waren ausnahmslos italienische Modelle, blank gewienert bis zum Gehtnichtmehr. Im Garderobenschrank hingen, auf Bügeln ordentlich aufgereiht, an die zwei Dutzend Hemden, ebenso viele Seidenkrawatten und neun Maßanzüge nach neuestem Schnitt.
    Zog man außerdem das Siebzigtausend-Euro-Auto in Betracht, dann hatte sich der gute Hörmann in Wolfs Augen soeben als Showman geoutet, als Aufschneider, Blender, Gernegroß. Außen hui und innen pfui, wie der Volksmund sagt.
    Doch deshalb war er nicht hergekommen. Es galt abzuklären, ob auch hier, ähnlich wie in

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