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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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weiter ausholen konnte, öffnete sich einen Spalt weit die Tür, und Ernst Sommer streckte den Kopf herein. »Sieh an, sieh an! Das D1 wieder in alter Kampfstärke«, tönte er. »Das gefällt mir. Was liegt an?« Wolf bot ihm einen Stuhl an, doch Sommer wehrte ab. »Danke, Leo, aber ich will gleich wieder weg. Muss morgen früh um sieben in Tübingen sein.  LKA -Tagung, diesmal zum Thema Computerkriminalität.«
    In knappen Sätzen informierte ihn Wolf über die Ereignisse draußen auf dem See.
    »Bereits der dritte Tote also«, sinnierte Sommer, um nach kurzer Pause hinzuzufügen: »Gibt es schon Hinweise auf ein Motiv? Ich meine, warum gerade diese drei Männer? Wenn ich recht informiert bin, handelt es sich ausnahmslos um Banker, nicht wahr?«
    »Richtig. Was das Motiv angeht: Frag mich was Leichteres, da tappen wir nach wie vor im Dunkeln, auch was die möglichen Täter betrifft. Wir gehen ein paar vagen Hinweisen nach, aber es wäre verfrüht, von einer Spur zu sprechen.«
    »Irgendetwas stößt mir auf bei der Geschichte. Warum ausgerechnet auf einem Schiff? Warum erschießt der Täter diesen Sahin nicht einfach auf der Straße? Oder in seiner Wohnung? Wäre doch wesentlich einfacher für ihn gewesen … Na ja, ich will euch nicht aufhalten. Wir sehen uns morgen Nachmittag bei der Dezernatsleiterbesprechung, Leo. Also dann, guten Abend beisammen.«
    Einen Augenblick später war Sommer verschwunden. Zurück blieb ein nachdenklich wirkender Wolf. Sommer hatte den Finger in eine Wunde gelegt. Warum ausgerechnet auf einem Schiff? Eine gute Frage. So gut, dass er sie sich bereits mehr als einmal selbst gestellt hatte. Er war sogar noch einen Schritt weiter gegangen: Warum hatte Hörmann ausgerechnet in seinem Wagen den Tod gefunden? Warum Hauschild in seiner Penthauswohnung? Verbissen suchte er nach einem tieferen Sinn, nach der Klammer, die alles zusammenfasste.
    Wenn es wirklich eine Verbindung zwischen den drei Todesfällen gab, dann mussten sie etwas Entscheidendes übersehen haben.
    Wenn!
    Und wenn nicht? Wenn es sich lediglich um eine Häufung von Zufällen handelte?
    »Was ist, Chef? Wollen Sie nun hören, was die Kontoprüfung bei Hauschild ergeben hat?«
    »Wie? Äh, ja, natürlich. Entschuldige bitte, mir ging nur gerade etwas durch den Kopf.«
    »Hab’s gemerkt. Also gut, dann will ich Sie mal nicht länger auf die Folter spannen. Hauschild unterhielt bei einer hiesigen Bank ein Girokonto, über das er seine regelmäßigen Ausgaben bestritt. Ich habe hier eine Aufstellung aller Buchungen der letzten drei Monate.« Sie schwenkte einen stattlichen Packen  DIN-A 4-Blätter. »Das Konto wies bis gestern ein Guthaben von fast vierzigtausend Euro auf. Des Weiteren existiert beim selben Institut ein Wertpapierdepot auf seinen Namen; eine detaillierte Auflistung aller Anlagen liegt uns ebenfalls vor. Bei der Durchsicht der Unterlagen bin ich auf mindestens zwei weitere Bankverbindungen gestoßen, eine davon bei der Züricher  UBS .« Sie holte tief Luft.
    Wolf nutzte die kleine Pause für eine Zwischenfrage. »Was hat sich seit gestern auf dem Girokonto geändert?«
    Jo begann zu kichern. »Ich wusste, dass Sie das fragen würden, Chef. Seit gestern Nachmittag vierzehn Uhr bis vor ungefähr zwei Stunden wurden von diesem Girokonto etwas mehr als zwanzigtausend Euro abgehoben. An insgesamt achtzehn verschiedenen Geldautomaten.« Triumphierend sah sie von Wolf zu Vespermann, bevor sie ergänzend hinzufügte: »Das dürfte meine Raubmordthese wohl eindrücklich bestätigen – unabhängig von der gestohlenen Skulptur.«
    Fragend zog Wolf die linke Augenbraue hoch. »Das heißt, dass die Täter bei allen Karten über die  PIN -Nummern verfügten.«
    »Ja, und? Ist für Profis kein Problem, da dranzukommen – zumindest, solange die Banken nicht flächendeckend Anti-Skimming-Module an ihren Automaten installieren.«
    Während Wolf sich die neuen Fakten durch den Kopf gehen ließ, meldete sich Vespermann zu Wort. »Hatte die Winter eigentlich auch Hauschild auf dem Kieker, oder galt ihr Interesse ausschließlich diesem Türken … Sahin ist doch Türke, oder irre ich mich da?«
    Wolf, noch immer mit den Finanzen der Opfer beschäftigt, brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass die Frage an ihn gerichtet war. Vorsichtig wählte er seine Worte. »Zunächst einmal: Sahin ist kein Türke. Er ist türkischstämmig, das ist etwas anderes. Gerade wir als Polizisten sollten vorsichtig sein mit Formulierungen,

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