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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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habe sie unbemerkt mitgehen lassen. Peschke, ein Schnäppchen witternd, hatte ihm das abgekauft – zumindest bis heute früh. Da war er im »Seekurier« auf eine Notiz gestoßen, die ihn stutzig machte. In einer kurzen Meldung wurde da von einem jungen Banker berichtet, der am Vortag beim Sturz von seinem Penthaus zu Tode gekommen war. Bestand da etwa ein Zusammenhang?
    Die Telefonate hatten ihn volle zwei Stunden gekostet, doch das Ergebnis war den Zeitaufwand allemal wert gewesen. Mehrere Gesprächspartner hatten trocken aufgelacht, als er die Rede wie beiläufig auf die beiden schwarzen Affen gebracht hatte.
    »Na klar kenn ich die«, hatte unisono die Antwort gelautet. »Sag bloß, du hast noch nie von ›Moskau-Inkasso‹ gehört?«
    Stets hatten seine Gesprächspartner ihre Aussage um einige drastische Schilderungen ergänzt, die die Arbeitsweise der Geldeintreiber treffend illustrierten. Von Drohungen über Nötigung bis hin zu körperlicher Gewalt reichte angeblich deren Repertoire.
    Zugegeben, das klang nicht sonderlich ermutigend. Aber wenigstens wusste er jetzt, mit wem er es zu tun hatte.
    Die entscheidende Frage allerdings blieb nach wie vor offen: Wie waren die Kerle an ihre Detailkenntnisse gekommen? Mit Schaudern erinnerte sich Peschke daran, dass sie nicht nur über den Verkäufer der Skulptur Bescheid gewusst hatten, sondern auch über deren Vorbesitzer und die Hintergründe des Deals mit Luca. Musste er den Spitzel vielleicht sogar unter den eigenen Angestellten suchen? Nährte er eine Schlange an seiner Brust? Ein äußerst beunruhigender Gedanke. Im Geiste ging er die Reihe seiner Mitarbeiter nach Auffälligkeiten durch – vergebens. Er erinnerte sich an so gut wie keine Begebenheit, die auf einen Maulwurf in den eigenen Reihen hätte schließen lassen. Allerdings gehörte ihm der Laden erst seit einigen Monaten, sodass er sich noch kein sicheres Urteil über die Loyalität seiner Mitarbeiter zutraute.
    Im Übrigen: Mit Mutmaßungen fing er nicht viel an. Was er brauchte, waren Beweise, hieb- und stichfeste Beweise. Er beschloss, sich zunächst auf Moskau-Inkasso zu konzentrieren. Wenn die Kerle wirklich so repressiv agierten, wie man ihm erzählt und wie er am eigenen Leib erfahren hatte, dann mussten sie auch woanders Spuren hinterlassen haben – Hinweise auf Straftaten, auf Klienten, auf Kontakte und Querverbindungen. Und wo fand er die? Im Internet.
    Peschke setzte sich an sein Notebook und begann zu googeln.
    Vier Stunden später schaltete er den Rechner wieder aus. Es war inzwischen weit nach Mitternacht, und der Schlaf drohte ihn zu übermannen. Mit geschlossenen Lidern senkte er den Kopf und massierte seinen Nacken, bevor er aufstand und zum Fenster ging. Während er zum nahen Münsterturm hinüberblickte, versuchte er, ein Fazit zu ziehen.
    Alles in allem hatte sich das Starren auf den Bildschirm gelohnt. Er wunderte sich, dass er nicht schon früher auf die Leute gestoßen war. Wer hartnäckige Schuldner gefügig machen wollte, der kam an Moskau-Inkasso kaum vorbei – und das, obwohl die Leute über keine Zulassung verfügten und in der Vergangenheit mehrfach zum Ziel von Ermittlungen diverser Staatsanwaltschaften geworden waren. Zu ihren Kunden zählten Autohäuser, Fachhändler und Hausbesitzer ebenso wie Anwälte, Immobilienmakler oder die Betreiber von Spielhallen.
    Er fuhr wie elektrisiert zusammen. Spielhallenbetreiber … hatte in dem Web-Artikel wirklich Spielhallenbetreiber gestanden? Er sah auf seinen Notizblock. Ja, genau so hatte er es notiert. Er musste sich wieder setzen. Als hätte er einen Schalter betätigt, stand die nachmittägliche Szene wieder vor seinen Augen. Hatte dieser Igor nicht etwas von Spielschulden gefaselt? Aber klar doch, das Wort war gefallen, er erinnerte sich genau. So genau, als wäre es gerade eben gewesen. Der Affe hatte Spielschulden erwähnt, die der Vorbesitzer der Skulptur gemacht und wohl noch immer nicht beglichen hatte. Beglichen an wen? Den Namen, verdammt noch mal, er brauchte den Namen … Doch in diesem Punkt ließ ihn sein Gedächtnis im Stich.
    Abermals sprang er auf, seine Müdigkeit war verflogen. Aufgeregt lief er einige Schritte hin und her, versuchte verzweifelt, sich an den Wortlaut von Igors Suada zu erinnern. Doch sosehr er sich auch den Kopf zermarterte: Der Name des Schuldners wollte und wollte ihm nicht einfallen. Schlimmer noch: Inzwischen war er sich fast sicher, dass er gar nicht gefallen war.
    Konzentrier dich,

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