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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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ich eine gute Mitarbeiterin verliere.«
    ***
    Um zwanzig nach eins fuhren sie in Staad von der Fähre, wenig später hatten sie bereits Konstanz erreicht. Kurz vor der Rheinbrücke bog Vespermann auf Wolfs Geheiß rechts ab, um die B33 in Richtung Radolfzell zu nehmen. Bald erstreckte sich beidseits der Bundesstraße nur noch tristes Industrieareal. Irgendwann passierten sie rechts ein mit greller Neonreklame bestücktes Gebäude, das sie über die Art des Etablissements nicht lange im Unklaren ließ.
    »Oha, betreibt dein Kalaschnikow etwa auch einen Puff?«, fragte Vespermann irritiert, als Wolf ihn anwies, die nächste Ausfahrt zu nehmen.
    »Das täuscht«, antwortete Wolf, »das Geschäft mit der käuflichen Liebe überlässt er anderen.«
    Mit einer Handbewegung lotste er Vespermann an dem Freudenhaus vorbei und wies ihn an, auf dem nachfolgenden Parkplatz ihr Auto abzustellen. An den mit wenigen Fahrzeugen älterer Bauart belegten Platz schloss sich ein düsterer Backsteinbau an, über dessen Eingang ein vergilbtes Schild mit der Aufschrift »Gaststätte Delphi« prangte.
    »Diese zweifelhafte Spelunke soll also Kalaschnikows Firmensitz sein«, sagte Vespermann. »Na ja, passt irgendwie zu seinem Namen.«
    »Wir nehmen den Hintereingang«, bestimmte Wolf. »So kann er uns nicht entwischen, falls der Wirt ihn vor uns warnt.«
    Auf dem Weg zur Rückseite des Hauses mussten sie an einigen Abfallcontainern vorbei, aus denen es bestialisch stank. Offenbar gammelten hier Essensreste aus dem Restaurant vor sich hin. Angeekelt hielt Wolf sich die Nase zu, auch Vespermann schnitt eine Grimasse.
    Der rückwärtige Eingang erwies sich als unverschlossen. Er führte in einen düsteren Flur, von dem aus eine ausgetretene Holztreppe nach oben führte. Am Ende des Flurs befand sich eine massive Feuerschutztür, die von nicht weniger als drei Einsteckschlössern gesichert wurde. Anstelle eines Türgriffs besaß sie einen feststehenden Knauf, in Augenhöhe war ein Türspion zu erkennen.
    »Die Geschäfte scheinen nicht schlecht zu laufen – Kalaschnikow hat jedenfalls kräftig investiert«, meinte Wolf mit Blick auf die Tür. »Kein Vergleich zu meinem letzten Besuch.«
    Aus dem Raum hinter der Feuerschutztür drang Stimmengewirr.
    »Immerhin – die Leutchen scheinen da zu sein«, meinte Vespermann. Er versuchte, den Türknauf zu drehen, allerdings ohne Erfolg. »Sollten wir nicht doch lieber den Haupteingang nehmen?«, schlug er vor.
    »Nein. Wir bleiben hier.«
    Wolf klopfte an die Tür. Schlagartig verstummten die Stimmen, und die Lupe des Spions verdunkelte sich. Wolf hielt seinen Dienstausweis davor und rief: »Mach auf, Kalaschnikow. Ich bin’s, Kommissar Wolf aus Überlingen. Ich brauche eine Auskunft von dir.«
    Hinter dem Spion wurde es wieder hell, Schlüssel drehten sich in den Schlössern, und zögernd wurde die Tür einen Spalt weit aufgezogen. Ein misstrauisches Augenpaar musterte die Polizisten. Offenbar fiel die Prüfung zur Zufriedenheit aus, denn plötzlich schwenkte die Tür vollends auf und ein hünenhafter Zweizentnermann stand vor ihnen.
    »Ich glaub’s nicht – ist er das?«, flüsterte Vespermann und starrte verwundert auf das ungeschlachte Mannsbild, das, nur mit Unterhemd und Hose bekleidet, vor ihnen stand und einen animalischen Geruch verbreitete. Weit verblüffender aber war etwas anderes: die Ähnlichkeit des Kerls mit dem verstorbenen Schauspieler Gert Fröbe.
    Wolfs nächster Satz beantwortete Vespermanns Frage, auch wenn er nicht an ihn gerichtet war.
    »Was ist los, Kalaschnikow? Seid Ihr auf dem Kriegspfad, oder was?«
    Mit dröhnender Stimme versetzte Kalaschnikow: »Vasteh’n Se dit nich falsch, Herr Kommissar, sind janz normale Vorsichtsmaßnahmen.« Er trat zur Seite und gab den Durchgang frei. »Immer rinn in de jute Stube.«
    Ein Schwall heißer, stickiger Luft schlug ihnen entgegen, eine Mischung aus Schweiß, Zigarettenrauch und schalem Bier. Während sie den Raum betraten, huschte drüben auf der anderen Seite des Raumes eine Gestalt durch die Vordertür hinaus.
    »Dein Besuch hat es aber eilig – doch nicht wegen uns?«
    »Wo denken Se hin? Dit war Piet, meen Sohn. Unsa Bier is alle. Wie ick sehe, ham’se Vastärkung mitjebracht, Herr Kommissar.« Kalaschnikow wies auf Vespermann. »Muss ick mir etwa Sorjen machen?«
    Wolf winkte ab. »Das ist mein Kollege Vespermann. Wie gesagt, wir sind nur wegen einer Auskunft hier.«
    »Ick atme uff, Herr Kommissar! Sie kenn ma ja,

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