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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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gefallen.
    War bei der telefonischen Adressübermittlung vielleicht doch ein Fehler unterlaufen? Nach kurzem Nachdenken schloss sie das kategorisch aus.
    Weiter – was dann?
    Konnte es sein, dass sich die Spanier den Leihwagen unter falschen Angaben besorgt hatten? Kaum möglich, schließlich musste man beim Anmieten eines Fahrzeugs seine Papiere vorlegen, da war kein Schmu zu machen, es sei denn, man verfügte über gefälschte Dokumente. Außerdem: Warum hätten sie das tun sollen? Weit und breit war kein Grund dafür zu erkennen. So verwarf sie auch diesen Gedanken rasch wieder.
    Wenn sie erfahren wollte, was hinter » G.E.T. « steckte, dann musste sie in dieses Haus, koste es, was es wolle.
    Die Eingangstür quietschte leicht, als sie dagegendrückte, dennoch ließ sie sich problemlos öffnen. Drinnen fand sich Karin in einer Art Vorhalle wieder, die wie die Außenfassade ihre beste Zeit längst hinter sich hatte. Hier war es dämmrig und kühl, im Sommer vermutlich ein Segen.
    Es dauerte etwas, bis ihre Augen sich an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnt hatten. Geradeaus war im Hintergrund ein Aufzug zu erkennen. Es schien sich um eines jener nostalgischen Modelle zu handeln, bei denen die Kabine in einem Metallkäfig auf und ab schwebte und deren Betreten erst nach geräuschvollem Aufziehen einer Ziehharmonikatür möglich war. Rund um den Aufzugsschacht wand sich eine mit Fliesen belegte Treppe nach oben.
    Rechts und links von ihr lagen die Eingänge zu den Erdgeschosswohnungen. Sie entschied, mit der linken Wohnung zu beginnen. Anhaltend drückte sie auf den Klingelknopf. Das schrille Läuten war selbst hier draußen nicht zu überhören. Während sie wartete, betrachtete sie das Klingelschild. Es war ohne Namen. Als auch nach geraumer Weile keine Reaktion erfolgte, versuchte sie es ein zweites Mal – erneut ohne Ergebnis. Auch bei der zweiten Wohnung hatte sie keinen Erfolg.
    Entweder waren die Bewohner außer Haus oder die Räume wurden nicht genutzt. Na gut, würde sie es eben weiter oben versuchen.
    Da ihr der Aufzug nicht geheuer schien, nahm sie die Treppe. Im ersten Stock dasselbe Spiel: Erneut begann sie links – erneut klingelte sie umsonst. Sie wechselte zur rechten Tür.
    Sie wollte gerade die Klingel betätigen, als sie überrascht innehielt. Was war das? Spielte ihr ihre Phantasie einen Streich? Sie beugte sich zu dem Klingelschild hinab. Und tatsächlich, sie hatte sich nicht geirrt.
    Da stand, wonach sie die ganze Zeit über gesucht hatte, ja, weshalb sie überhaupt nach Palma gekommen war:  G.E.T.
    G Punkt, E Punkt, T Punkt. Drei geheimnisvolle Buchstaben, jeweils mit einem Punkt dahinter. Nichts sonst.
    Die Schrifttype war so klein, dass sie im Dämmerlicht fast nicht zu lesen war; zudem fehlte jeder Hinweis auf den Status der Bewohner. Es konnte sich ebenso gut um ein privates Namenskürzel handeln wie um die Firmeninitialen eines mehr oder weniger bekannten Dienstleistungsunternehmens.
    Egal, darüber konnte sie sich später noch Gedanken machen – für den Fall, dass es dann noch nötig sein sollte. Sie hatte jedenfalls vor, das Haus nicht zu verlassen, bis sie die Nuss geknackt hatte.
    Noch einmal atmete sie tief durch, bevor sie ihre Tasche abstellte und auf den Klingelknopf drückte.
    Es dauerte nicht lange, dann wurden von innen zwei Riegel zurückgeschoben, und die Tür ging auf. Karin stand einer schlanken, tough aussehenden jungen Frau gegenüber, die sie forschend anblickte.  »Sí, Señora?« , fragte sie.
    »Entschuldigen Sie bitte, ich komme von einer deutschen Zeitung und möchte gerne Señor Alvarez sprechen.«
    Karin hatte sich ihre Vorgehensweise gründlich überlegt. Diesmal würde sie keine Lügengeschichte auftischen, um an die dringend erhofften Informationen zu kommen; diesmal würde sie bei der Wahrheit bleiben. Dazu gehörte, dass sie ihr Spanisch – das sie ohnehin nur leidlich sprach – erst gar nicht hervorkramte, sondern die Leute ganz bewusst auf Deutsch ansprach. Sie setzte auf den Überraschungseffekt, genauer gesagt darauf, dass das Personal eines Büros, das Geschäftsbeziehungen mit Deutschen unterhielt, auch der deutschen Sprache mächtig sein würde – wenigstens bis zu einem gewissen Grad. Und dass es sich bei den Räumlichkeiten hier um einen Bürobetrieb handelte, das hatte sie schon beim ersten Blick durch die offene Tür erkannt; dazu passten auch die Sicherheitsriegel an der Eingangstür.
    Sollte sie mit ihren Überlegungen

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