Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
Vom Netzwerk:
zur Polizeidirektion waren sie in einen Graupelschauer geraten. Myriaden von Eiskörnern prasselten auf das Wagendach, und Wolf war froh, als sie endlich die Fähre erreichten.
    Prompt klarte der Himmel während der Überfahrt auf. In Meersburg strahlte bereits wieder die Sonne.
    Aprilwetter im März.
    Nachdem Wolf sein Büro erreicht und die Tür hinter sich zugezogen hatte, entledigte er sich mit spitzen Fingern seines nassen Mantels und hängte ihn an einen Haken. Dann setzte er sich an seinen Schreibtisch und griff zum Telefon.
    »Morgen, Herr Wolf«, meldete sich Hannelore Bender. »Falls Sie den Chef haben wollen …«
    »Will ich, ja.«
    »Da muss ich Sie enttäuschen, tut mir leid. Das  LKA  hat ihm einen aushäusigen Termin aufs Auge gedrückt.«
    »Schade … ich meine, schade um die gute Tasse Kaffee, die mir so entgeht. Weiß der Geier, wie Sie das machen, aber Ihrer ist der Beste, ehrlich.«
    Sie lachte. »Danke für die Blumen. Aber keine Angst, es entgeht Ihnen nichts. Der Kriminalrat will spätestens um halb zwölf wieder zurück sein. Er hat mir aufgetragen, Sie herzubitten, er möchte über Ihren Fall auf den neuesten Stand gebracht werden. Die Medienleute, Sie wissen schon … diese Typen werden immer aufdringlicher.«
    »Ich weiß. Ich werde versuchen, pünktlich zu sein.« Er legte auf.
    Gleichzeitig wurde die Verbindungstür zum benachbarten Büro geöffnet, und Jo streckte den Kopf herein.
    »Können wir, Chef?«
    Er sah auf die Uhr. Es war Punkt halb elf. »Herein mit euch – vorausgesetzt, ihr habt Kaffee dabei.«
    Jo trat ein, ein volles Tablett balancierend, das sie auf Wolfs Besprechungstisch abstellte, und verteilte die Tassen. In der Zwischenzeit hatte sich auch Vespermann zu ihnen gesellt.
    »Wo bleibt Preuss?«, fragte Wolf.
    »Wird noch beim D3 gebraucht.« Auf Wolfs fragenden Blick hin fügte sie hinzu: »Immerhin haben Marsbergs Leute im ›TruckStop‹ dreizehn Mann eingesackt.«
    »Also gut. Fangen wir an. Was haben wir?«
    Vespermann hob die Hand. »Vorweg eine Frage, Leo: Wann verhören wir Balakow?«
    »Nach der Mittagspause.«
    »Das ist in diesem Dezernat ein dehnbarer Begriff«, bohrte Vespermann weiter. »Ich wollte zur Abwechslung mal was Ordentliches essen. Können wir uns nicht auf eine Uhrzeit einigen?«
    »Können wir. Dreizehn Uhr. Das heißt, falls dir das genehm ist.«
    »Bisschen knapp …«
    Wolf war nahe daran, aus der Haut zu fahren. »Darf ich dich daran erinnern, lieber Kollege, dass wir drei Mordfälle aufzuklären haben – und noch meilenweit von einer Lösung entfernt sind?«
    »Ist ja gut. Dreizehn Uhr also«, steckte Vespermann zurück.
    »Ich sehe nicht ganz so schwarz, Chef«, versuchte Jo die Wogen zu glätten. »Immerhin haben wir eine Reihe falscher Spuren ausschließen können, ich erinnere nur an Borowski und Peschke. Gut, die Luca-Spur wirft nach wie vor Fragen auf –«
    »Entschuldige, wenn ich dir ins Wort falle«, sagte Wolf, »für mich ist sie nach wie vor der Schlüssel zu allem. Uns fehlt sozusagen nur noch das passende Schloss.«
    »›Nur‹ ist gut«, meinte Vespermann.
    Jo beeilte sich fortzufahren, ehe der Zwist erneut entflammte. »Lassen wir das Thema Luca mal beiseite, dann bleiben uns immer noch zwei vielversprechende Ansätze. Erstens: Igor Balakow von Moskau-Inkasso, dem wir vermutlich ein Totschlagdelikt, wenn nicht gar einen Mord nachweisen können und der von einem Zeugen an Hauschilds Todestag vor dessen Haus gesehen wurde. Und zweitens die Liste aus Sahins Notebook. In diesem Zusammenhang darf ich Sie an Ihre Theorie erinnern, Chef, wonach die Morde an den drei Bankern von geprellten Anlegern begangen worden sein könnten, Mord aus Rache also.«
    »Stimmt«, lenkte Wolf ein, »inzwischen haben wir wieder eine Perspektive. Was Balakow betrifft, lässt die Aussage seines Partners Buddy nicht unbedingt hoffen. Aber wir sollten den Ausgang des Verhörs abwarten. Und zu der Liste … wo hab ich sie nur?« Er stand auf und ging zu seinem Schreibtisch hinüber. Mit den Blättern in der Hand kehrte er wieder zurück. Es dauerte einige Minuten, bis er das erste Blatt erneut überflogen hatte. Mit dem zweiten hatte er eben begonnen, als er einen leisen Pfiff ausstieß. »Ich werd verrückt!  Das  also war es, was mir die ganze Zeit im Kopf herumgeisterte! Hier, seht euch mal diesen Namen an.«
    Vespermann und Jo stierten angestrengt auf die Liste.
    »Keller … ja, und?«, fragte Vespermann.
    »Keller. Baldur Keller.

Weitere Kostenlose Bücher