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Seeteufel

Seeteufel

Titel: Seeteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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bevorstehenden Tauchgang führen – zunächst zu seinem Ziel tief unten am Seegrund, danach wieder hinauf zum Boot.
    Sie packten den Inhalt der Tasche aus und reihten die verschiedenen Teile auf einer Seitenbank auf. Im strömenden Regen begann der Rothaarige, die Taucherausrüstung anzulegen. Nur gelegentlich benutzte er für Sekunden eine Lampe. Zuletzt schulterte er das Jacket mit der Flasche. Ohne viele Worte zu verlieren, prüften sie noch einmal die Funktion der einzelnen Ausrüstungsteile. Alles paletti – keiner von beiden hatte etwas auszusetzen.
    Nun fehlte nur noch eines: das »Mitbringsel«. Mit äußerster Vorsicht händigte der Igelmann dem Rothaarigen einen flachen Gegenstand aus. Das nicht mal fingerdicke Päckchen maß etwa zehn mal zehn Zentimeter. Seine metallfarbene Oberfläche war von einem regelmäßigen schwarzen Punktraster bedeckt, sodass man es bei flüchtiger Betrachtung für ein Stück Lochblech hätte halten können.
    Mit spitzen Fingern verstaute der Rothaarige das Päckchen in einer Reißverschlusstasche seiner Neoprenjacke. Dann legte er Daumen und Zeigefinger aneinander, um »okay« zu signalisieren und drehte sich langsam um. In seinen Flossen tapste er an den Rand des Bootsdecks, von wo aus er schließlich ins Wasser sprang.
    Â»Mach’s gut«, rief ihm der Igelmann nach und machte mit der Rechten das Victoryzeichen. Er wusste um die Risiken, die seinen Partner erwarteten, das Ziel seiner Mission lag schließlich mehr als fünfzig Meter unter der Wasseroberfläche.
    Andererseits hegte er nicht den geringsten Zweifel, dass ihr Vorhaben gelingen würde. Nicht umsonst hatten sie es immer und immer wieder durchgesprochen und bis ins letzte Detail geprobt. Da er in der folgenden Stunde zur Untätigkeit verdammt war, schob er solche Gedanken jedoch vorläufig beiseite. Er sah auf die Uhr: kurz vor sieben. In wenigen Minuten würde Gabriello den »Lichtstrahl der Neuen Erde«, wie er ihre Gottesdienste nannte, ausklingen lassen, würden die monotonen Gesänge und das endlose Beten ein Ende haben.
    Wie er ihre Abwesenheit wohl aufgenommen hatte? Das Fehlen beim »Lichtstrahl« war ein ernstes Sakrileg, für einen seiner Jünger nachgerade unerhört.
    Ein hämisches Grinsen überzog das Gesicht des Igelmanns. Einen Tag noch, und sie hätten es geschafft, dann könnten sie das alles hinter sich lassen. Heißa, wie er sich auf sein neues Leben freute! Noch aber war es nicht so weit. Mehr als eine Stunde musste er warten, bis sein Partner wieder an die Oberfläche kam; die langwierigen Dekompressionsphasen – beim Tauchen in diese Tiefen unverzichtbar – würden beträchtliche Zeit verschlingen.
    Es platschte, und der Igelmann beugte sich über die Reling. Obwohl Erschöpfung das Gesicht des Tauchers zeichnete, reckte er den rechten Daumen hoch: Mission geglückt, sollte das bedeuten! Erleichtert atmete der Igelmann auf. Dann half er seinem Partner auf das Boot.
    Der Igelmann startete den Motor und lenkte die »Elfi« zurück Richtung Ludwigshafen. Der Rothaarige, kaum dem Taucheranzug entstiegen, war derweil samt seinem Laptop unter Deck verschwunden. In diesem Augenblick würde er eine E-Mail verschicken, adressiert an die Bodenseewasserversorgung in Sipplingen – wohl wissend, dass sich der Absender über die IP -Adresse zurückverfolgen ließ. Doch wen juckte das schon? Sie beide jedenfalls nicht. Noch am Montag würden sie Europa verlassen und via Zürich in die Karibik fliegen.
    Sie würden endlich ihr neues Leben beginnen!
    Seit Langem hatten sie alles minutiös geplant. Bis es so weit war, würden sie einfach untertauchen. Nicht irgendwo hinter den sieben Bergen. Nein, direkt vor der Nase der Bullen.
    Ein genialer Plan!

10
    Der Zahl der abgestellten Wagen nach zu urteilen, die – anders als bei Wolfs letztem Besuch vor wenigen Stunden – die steile Turmgasse und den Innenhof des Sektengebäudes verstopften, schien der »Meister« diesmal seine ganze Streitmacht aufgeboten zu haben. Komisch: Wie konnte er wissen, dass sie ihn noch einmal aufsuchen würden? Hatte er eine himmlische Botschaft erhalten, hatte ihn sein Gott und Herr persönlich vorgewarnt?
    Doch für Sarkasmus war jetzt kein Platz, fand Wolf. Mit Vögelein im Schlepptau stieg er die Außentreppe des »Tempelgebäudes«

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