Seeteufel
weniger erfreut sein, zumal die Besucher ihn vor einem halben Jahr dermaÃen »in die ScheiÃe geritten hatten«, wie sich Marsberg einmal ausgedrückt hatte; angeblich hatte Pohl sogar einen Wegzug aus Ãberlingen ins Auge gefasst.
Er selbst war es schlieÃlich, der seine Sekretärin aller Bedenken enthob, indem er nichtsahnend in seinem Vorzimmer auftauchte.
»Jane â¦Â«, rief er wichtigtuerisch unter der Tür und wedelte mit einer Akte, als es ihm beim Anblick der beiden Beamten förmlich die Sprache verschlug. »Sie â¦?«
Der Anwalt hatte sich kaum verändert, wenngleich Wolf die Glatze etwas ausgeprägter schien. Noch immer trug er Schuhe mit hohen Absätzen, um gröÃer zu erscheinen, auÃerdem hatte er zugenommen. FrustfraÃ, mutmaÃte Wolf.
»Guten Morgen, Dr.  Pohl«, begrüÃte er den Anwalt fröhlich. »Wir bedauern auÃerordentlich, Sie stören zu müssen. Aber ich versichere Ihnen, es ist dringend. Und es geht auch ganz schnell. Hätten Sie zwei Minuten für uns?«
»Leider nein! Und für Sie schon gar nicht.« Wütend pfefferte Pohl die Akte auf den Schreibtisch seiner Sekretärin. »Jane, Sie haben meine Anweisungen missachtet, sozusagen!«, bellte er und bedachte die Ãrmste mit einem vernichtenden Blick. Auf dem Rückweg in sein Büro wandte er sich noch einmal an Wolf: »Lassen Sie sich von Jane einen Termin geben.«
»Wie Sie wünschen, Herr Dr.  Pohl«, antwortete Wolf seelenruhig. »Dann muss ich allerdings die Staatsanwaltschaft und die Anwaltskammer darüber in Kenntnis setzen, dass Sie aufgrund persönlicher Animositäten Ihre Zusammenarbeit in einem Kriminalfall verweigern.«
Pohl stutzte. »Um welchen Kriminalfall handelt es sich, sozusagen?«
»Es geht um die Aufklärung der Morde an drei Obdachlosen.«
Das schien die Sachlage etwas zu ändern, möglicherweise rechnete sich Pohl eine Beteiligung an den damit zusammenhängenden Strafprozessen aus, jedenfalls gab er sich plötzlich weniger zugeknöpft.
»Also gut, ich will der Aufklärung dieser Sache nicht im Wege stehen. Zwei Minuten, sagten Sie? Gut. Aber keine Sekunde länger, meine Zeit ist knapp.« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, sah er auf einen goldenen Chronometer, den er an einem feingliedrigen Kettchen aus seiner Westentasche zog. Wolf hätte sich nicht gewundert, wenn er per Knopfdruck eine Stoppuhr in Gang gesetzt hätte.
Mit einem Wink forderte Pohl sie auf, ihm zu folgen. »Keine Störung jetzt«, raunzte er Jane, die in Wahrheit vermutlich Gisela oder Hildegard hieÃ, im Vorübergehen an und eilte ihnen mit kurzen Stakkatoschritten voraus. Er schloss die schalldichte Doppeltür zwischen seinem Büro und dem Vorzimmer und wies auf zwei Stühle. Er selbst nahm hinter seinem gewaltigen Schreibtisch Platz. »Also?«
Wolf zog sein Notizbuch zurate. »Die bisherigen Ermittlungen haben ergeben, dass zwei der Ermordeten â¦Â«
»Augenblick. Wie wärâs, wenn Sie mir erst mal verraten, wie die Leute überhaupt zu Tode gekommen sind?«, unterbrach ihn Pohl.
Schon wollte Wolf eine scharfe Bemerkung machen, als ihm einfiel, dass der »Seekurier«-Artikel genau diese Frage nicht beantwortet hatte. »Sie wurden vergiftet. Mit Arsen.«
»Nicht gerade alltäglich, was? Aber fahren Sie fort, sozusagen.«
»â¦Â dass also zwei der ermordeten Wohnsitzlosen, nämlich Karlheinz Rogalla alias Einstein und Georg Fiedler alias Havanna, unmittelbar vor ihrem Tod eine nicht unerhebliche Erbschaft angetreten haben. Des Weiteren haben wir Grund zu der Annahme, dass genau diese Erbschaft die Ursache für ihre Ermordung gewesen sein könnte.«
»Aha. Und was habe ich damit zu tun? Die beiden Genannten gehörten nicht zu meinen Klienten. AuÃerdem wissen Sie genau, dass Aussagen zu Erbangelegenheiten der Schweigepflicht unterliegen, es sei denn, sie könnten eine richterliche Anordnung vorweisen. Und die haben Sie ja wohl nicht, wie ich annehme.«
Wolf überlegte sich seine nächsten Worte sehr genau. Er wollte, wenn auch zähneknirschend, den Anwalt mit ins Boot holen, denn noch verfügten sie über keine richterliche Anordnung, die ihn zur Auskunft verpflichtet hätte.
»Nach unserer Kenntnis, Herr Dr.  Pohl, wurde der Erbfall von einem Ihrer Kollegen abgewickelt, das nur
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