Seeteufel
am Rande. Uns geht es heute um etwas anderes. Soweit wir informiert sind, gibt es einen zweiten Fall, in dem der Nachlass einer begüterten Witwe namens ⦠Moment rasch«, er zog erneut seine Notizen zurate, dann nannte er Pohl den Namen, »in dem also der Nachlass dieser Witwe, die vor drei Monaten verstarb, durch Ihre Kanzlei abgewickelt wurde. Selbstredend interessieren uns keine Details. Was wir wissen wollen, ist lediglich, ob die beiden erstgenannten Männer auch hier zu den Erben gehörten.«
»Noch einmal zum Mitschreiben, Herr Kommissar: Von mir erfahren Sie nichts. Bringen Sie mir eine richterliche Anordnung, dann können wir darüber reden â vielleicht!« Er erhob sich zum Zeichen, dass er die Unterredung für beendet hielt.
»Ich möchte noch einmal zu bedenken geben«, machte Wolf einen letzten Versuch, »dass es bei unseren vorgesetzten Dienststellen ein schlechtes Bild machen würde, wenn Sie wegen inzwischen weit zurückliegender Ereignisse, in die Sie, aus welchen Gründen auch immer, persönlich involviert waren, die Ermittlungen in einer Mordserie behinderten. Zumal es nicht um irgendwelche Details geht, sondern lediglich um einen Hinweis, ob die beiden Ermordeten auch in dem von Ihnen abgewickelten Erbfall bedacht wurden.«
Da Pohl zu keinem Einlenken bereit schien, gedachte Wolf, ihm eine letzte Brücke zu bauen â weiter konnte und wollte er nicht gehen. »Noch einmal, Herr Dr.  Pohl: Nicht der angesprochene Erbfall an sich spielt hier ein Rolle, darin sind wir völlig eins mit Ihnen. Dem Staatsanwalt würde es bereits genügen, wenn Sie uns signalisieren könnten, dass die beiden Ermordeten mit Ihrem Fall nichts zu tun hatten. Wir müssten Sie dann nicht noch ein weiteres Mal belästigen â ich meine mit richterlicher Anordnung und so, Sie wissen schon. Würde uns allen doch nur kostbare Zeit stehlen, nicht wahr?«
Pohl, das stand ihm ins Gesicht geschrieben, focht einen harten Kampf mit sich selbst. Für ihn ging es jetzt vor allem darum, das Gesicht zu wahren. Denn so, wie Wolf ihm die Sache verkauft hatte, konnte er sich kaum länger verweigern, irgendwann würde er seine Karten ohnehin auf den Tisch legen müssen.
»Also gut«, lenkte er endlich ein, »der Gerechtigkeit halber. SchlieÃlich müssen die Mörder umgehend gefasst und ihrer Strafe zugeführt werden, sozusagen. Nein, die beiden Genannten waren definitiv nicht in den besagten Erbfall involviert. Das warâs doch, was Sie wissen wollten, richtig?« Er ging zur Tür. »Wenn ich Sie jetzt bitten dürfte?«
»Der Mann ist ein echter Kotzbrocken, sozusagen«, schimpfte Wolf, als sie die Tiefgarage verlieÃen und den Weg in Richtung Polizeidirektion einschlugen.
»Trotzdem, das haben Sie klasse hingekriegt, Chef«, kicherte Jo, »Pohl wird sich in den Hintern beiÃen, wenn ihm klar wird, dass Sie ihn untergebuttert haben, noch dazu ohne Druckmittel und ohne Gegenleistung â ausgerechnet Sie, sein Erzfeind! Die Frage ist nur, ob es uns weiterbringt.«
»Frag mich was Leichteres. Fakt ist jedenfalls, dass Havanna und Einstein die fragliche Witwe nicht beerbt haben. Somit ist ziemlich sicher, dass sich die beiden nicht quasi gewerbsmäÃig bei alten Damen eingeschmeichelt haben, nur um an deren Nachlass zu kommen. Trotzdem â¦Â«
»Trotzdem?«
»Nun, irgendetwas an der Geschichte ist nicht ganz rund, ich komm nur nicht drauf, was.« Für einige Minuten hingen beide ihren Gedanken nach.
Plötzlich hob Wolf den Kopf: »Sag mal, auf der Liste der Winter standen doch sechs Namen, richtig? Alle galten als recht vermögend â nur deshalb kamen sie ja schlieÃlich auf die Liste.« Nachdenklich kaute Wolf auf der Unterlippe.
»Was wollen Sie damit andeuten?«
Entschlossen kurbelte Wolf das Seitenfenster herunter, griff in seine Jackentasche und zog eine Schachtel Gitanes hervor. Er schüttelte eine davon heraus und steckte sie an.
»Entschuldige, Jo, aber ohne das kann ich meine Gedanken gerade nicht sortieren. Also, was ich sagen wollte: Wir gingen die ganze Zeit davon aus, dass Einstein und Havanna möglicherweise mehr als eine ältere Witwe beerbten, wobei unausgesprochen die Frage im Raum stand, ob sie auch mit deren Ableben etwas zu tun hatten. Nach Pohls Aussage können wir beides inzwischen ausschlieÃen. Was wäre nun,
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