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Seeteufel

Seeteufel

Titel: Seeteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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Und nach erneutem Schnuppern fügte er aufmüpfig hinzu: »Kann es sein, dass es bei Ihnen nach kaltem Rauch riecht, Chef?«
    Â»Schon möglich. Ich hab aber gelüftet.« Er sah Vögelein durchdringend an. »Vielleicht solltest du dir ab und zu selber mal eine reinziehen, dann wären deine Atemwege nicht so empfindlich. Schau mich an: Hast du mich schon jemals schniefen hören? So, wir fangen an. Schieß los, Jo.«
    Â»Also, Sie hatten mal wieder recht, Chef: Die Sterberate vermögender älterer Witwen ist in dem Zeitraum, den Karin Winters Liste umfasst, tatsächlich exorbitant hoch. Präziser gesagt: Im letzten Quartal des Vorjahres gab es nur zwei Todesfälle, die in unser Raster passen, im ersten Quartal dieses Jahres sogar nur einen. Danach stieg die Zahl plötzlich an: Im zweiten Quartal waren es schon drei, davon die beiden letzten gegen Ende des Quartals. Und zwischen dem 30. Juli und dem 15. Oktober verstarben, wie wir wissen, sogar sechs Zielpersonen. Das heißt im Klartext: Die Sterberate lag über einen längeren Zeitraum konstant niedrig, ehe sie etwa zur Jahresmitte auffallend anstieg. So viel zu Punkt eins. Und nun zu Punkt zwei, den Totenscheinen: Die waren eigentlich unauffällig.«
    Â»Ja, und?«
    Â»In allen Fällen waren natürliche Todesursachen angegeben.« Sie warf einen Blick auf ihren Notizblock. »Allein dreimal Herzversagen, je einmal Leberzirrhose, Lungenemphysem und Nierenversagen infolge eines Krebsleidens. Ich habe daraufhin zwei der Ärzte angerufen, die die Totenscheine ausgestellt haben. Während der erste bei den beiden von ihm untersuchten Leichen auf natürlichen Todesursachen beharrte, räumte der zweite in mindestens einem Fall ein, kurzzeitig Zweifel gehabt zu haben. Es handelt sich dabei um die Frau, die ihr Vermögen Havanna und Einstein vermachte.«
    Â»Hat er begründet, was ihn an einem natürlichen Tod zweifeln ließ?«
    Â»Sehr ausführlich, ich habe alles mitgeschrieben. Soll ich vorlesen?«
    Â»Untersteh dich! Trotz aller Zweifel hat er dann doch den natürlichen Tod bescheinigt. Warum?«
    Â»Er sagt, er habe letztlich nach Abwägen aller Umstände und unter Einbeziehung der Krankengeschichte der Frau sowie deren familiärer und erbrechtlicher Situation einen unklaren Hintergrund ausgeschlossen, der eine Obduktion zwingend vorgeschrieben hätte.«
    Wolf erhob sich und trat ans Fenster. Währenddessen ging Jo kurz in ihr Büro hinüber und kam mit einem Tablett zurück, auf dem eine Kaffeekanne nebst zwei Tassen und dem erforderlichen Zubehör sowie ein Glas Mineralwasser standen.
    Auch Wolf kehrte wieder an den Tisch zurück und nahm Platz, stillschweigend goss Jo Kaffee ein und stellte das Wasser vor Vögelein hin. Anschließend fragte Wolf: »Du sagtest vorhin, er habe in mindestens einem Fall gezögert. Wie hieß die andere Verstorbene, bei der sich der Doktor nicht sicher war?«
    Jo schob ihm einen Zettel hin.
    Â»Ich werde eine Exhumierung beantragen. Sommer muss uns die Genehmigung beschaffen, er versteht sich gut mit Staatsanwalt Dr.   Hirth. Ich hoffe, dass sie es mit vereinten Kräften schaffen, den diensthabenden Richter – ich denke, das wird Dieterich sein – weichzuklopfen.«
    * * *
    Das musste man Sommer lassen: War er erst Mal für eine Sache gewonnen, machte er Nägel mit Köpfen. Kaum hatte ihm Wolf den aktuellen Stand ihres Falles dargelegt, griff Sommer auch schon zum Telefon. Nach ein paar kurzen Sätzen knallte er den Hörer auf die Gabel zurück. »Hirth erwartet uns«, sagte er und erhob sich. »Am besten, du kommst gleich mit!«
    Wenig später standen sie vor Hirths Büro. Während Sommer klopfte, glitt Wolfs Auge über das Schild neben der Tür. » STAATSANWALTSCHAFT, DR. HIRTH «, stand da. Oben links in der Ecke war das Landeswappen von Baden-Württemberg aufgedruckt.
    Als von innen ein forsch gerufenes »Ja!« ertönte, traten sie ein. Wolf war stets aufs Neue überrascht über die Größe des Raums. In der Polizeidirektion würden sich gut und gerne sechs Beamte dieselbe Fläche teilen. Die Außenwand war mit vier großen, nach Süden gehenden Fenstern versehen, deren Rollos wegen der Sonne zur Hälfte heruntergelassen waren. Gegenüber befand sich ein über die gesamte Breite des Raumes reichender, lediglich durch

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