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Seeteufel

Seeteufel

Titel: Seeteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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den Arsendiebstahl im Anhang finden würde, ein Klick genüge. Sie selbst sei in der besprochenen Sache bis Mittag außer Haus.
    Donnerwetter, das geht ja wie’s Katzenmachen, dachte Wolf beeindruckt. War schon irgendwie toll, wie die moderne Kommunikationstechnik ihre Arbeit vereinfachte. Aber die alten Methoden waren ihm trotzdem lieber; da hatte er wenigstens verstanden, wie alles funktionierte. Fast wehmütig erinnerte er sich an die Zeiten, als sie zwei oder drei, oftmals sogar vier Tage warten mussten, bis sie angeforderte Unterlagen endlich auf den Tisch bekamen. Kein Mensch hatte sich darüber aufgeregt, es war halt so – und nicht ein einziger Fall war deshalb liegen geblieben! Was soll’s, dachte er, das Rad war nicht mehr zurückzudrehen. Es wäre besser, sich auf den Bericht aus Augsburg zu konzentrieren. Gespannt öffnete er den Anhang.
    Die folgende halbe Stunde verging wie im Flug. Was er las, war spannend und unglaublich zugleich. Mit einem plumpen Trick war es zwei Männern gelungen, aus einer Augsburger Apotheke trotz aller Sicherheitsvorkehrungen Barbiturate und Giftstoffe zu entwenden, deren Menge ausgereicht hätte, die halbe Großstadt Augsburg ins Jenseits zu befördern.
    Kopfschüttelnd las Wolf den Tathergang ein zweites Mal. Er war sich nicht klar darüber, was ihn mehr beeindruckte: die Kaltschnäuzigkeit, die die Täter bei ihrem Raubzug an den Tag gelegt hatten, oder das Glück, das ihnen zur Seite gestanden war – bis zum heutigen Tag! Die Ermittlungen, obwohl mit größtem Nachdruck geführt, waren ausgegangen wie das sprichwörtliche Hornberger Schießen, nämlich ergebnislos.
    Nun drängte sich die Frage auf, welche Konsequenz dieser ungelöste Fall für die aktuellen Ermittlungen hatte. Gab es überhaupt eine Verbindung zur Bodenseeregion oder genauer: nach Überlingen? Wenn Wolf alles richtig gelesen und verstanden hatte, deutete nichts, aber rein gar nichts darauf hin, dass dieselben Täter jetzt in seinem Revier agierten und mit dem in Augsburg erbeuteten »Weißen Gift« Überlinger Penner um die Ecke brachten – von den reichen alten Damen einmal ganz zu schweigen.
    Andererseits: War es nicht etwas vermessen, sich bereits nach dem ersten Studium des Ermittlungsberichtes ein abschließendes Urteil zu bilden? Er musste mit den Augsburger Kollegen sprechen, am besten mit dem Leiter der damaligen Ermittlungen. Vielleicht gab es Zeugenaussagen oder Indizien, die damals nebensächlich erschienen waren, aus heutiger Sicht aber eine Verbindung zum Bodensee schlugen. Im Nachhinein war es immer einfacher, solche Verbindungen zu erkennen, das wusste Wolf aus eigener leidvoller Erfahrung.
    Mit einem Klick holte er sich die Startseite des Berichts auf den Bildschirm. Hier stand es: Federführend war ein Kriminalhauptkommissar Jakoby gewesen. Für den Bruchteil einer Sekunde blitzte eine Erinnerung auf, unscharf formte sich ein Bild vor seinen Augen. Wo war das doch gleich? Richtig, ein Lehrgang. In Lindau, wenn er sich recht erinnerte. Er hatte sich mit einem Herbert oder Hermann Jakoby oder so ähnlich das Zimmer geteilt. War schon eine Ewigkeit her! Aber Jakobys gab’s vermutlich wie Sand am Meer. Er nahm den Hörer hoch und wählte die angegebene Nummer.
    * * *
    Skeptisch sah Jo an der Fabrikfassade hoch. Ihre anfängliche Zuversicht hatte einen Dämpfer erhalten. Elf Schlachthöfe und fleischverarbeitende Betriebe zwischen Friedrichshafen und Singen einschließlich dem dazugehörenden Hinterland waren auf dem Blatt vermerkt, das ihr die Kollegen in die Hand gedrückt hatten. Drei Namen hatte Vögelein durchgestrichen, zwei weitere hatte ein Kollege aus der Soko heute morgen abgehakt. Hinter jedem stand der Vermerk »ohne Ergebnis«. Es waren die fünf, die Überlingen am nächsten lagen. Klar, die hatten am wenigsten Arbeit gemacht.
    Da blinder Aktionismus noch nie Jos Sache war, beschloss sie, die Aufgabe methodisch anzugehen. Jede Minute, die sie in die Vorarbeit steckte, würde sie später leicht wieder einsparen.
    Die Täter waren sicher alles andere als dumm. Rinderaugen, das dürfte auch ihnen bekannt gewesen sein, galten als Schlachtabfall, sie flogen beim Zerlegen der Tiere in den Abfallcontainer. War er voll, wurde er zur Entsorgung in die Tierkörperbeseitigungsanstalt geschafft. Einen Schlachter oder Fleischer nach einem

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