Segel aus Stein
Genau darum ging es.
Die Kontrolle über das Leben der Frau. Darum ging es.
Sie zweifelte keine Sekunde, um was es für Anette ging. Hans Forsblad wollte die Kontrolle nicht aufgeben. Nichts konnte ihn bremsen. Er hielt sich versteckt, aber er war da.
Aneta Djanali hatte seine Augen gesehen. Seine Augen, als er sie anschaute.
Sie vermisste zwei Sachen in ihrer Wohnung.
Sie hatte es entdeckt, als sie auf die Kollegen aus Lorensberg wartete, oder vielleicht als sie schon da waren.
Das Schneckenhaus, das neben dem Telefon auf dem Regal im Flur gelegen hatte. Es war groß, schimmerte blau und war fast durchsichtig. Aneta Djanali hatte es in einer Bucht vor Särö gefunden, es hatte seit zwei Jahren am selben Platz gelegen, und sie hatte es nicht mal abgestaubt, soweit sie sich erinnerte. Die Spur des Schneckenhauses war noch zu sehen gewesen, ein kahler Fleck in einem Meer von feinem Staub.
Und das Kontöme. Die Kontöme-Maske war von der Flurwand verschwunden. Wer konnte Interesse an ihr haben? Sie hatte keinen finanziellen Wert.
Das Kontöme war da, um ihr den Weg durch die Zukunft zu zeigen.
Derjenige, der in ihre Wohnung eingedrungen war, hatte diese Gegenstände mitgenommen.
Sie wusste, wer es war.
Anette hatte atemlos am Telefon geklungen. Aneta Djanali hatte ein rauschendes Motorengeräusch gehört.
»Sie hat Angst um ihr Leben«, sagte sie jetzt zu Halders und wickelte sich fester in die Decke.
Lucinda Williams sang mit gebrochener Stimme von zerbrochenen Leben und zerbrochenen Worten. »Kannst du nicht was anderes auflegen, Fredrik? Von der Musik wird mir noch kälter.«
Halders war auf dem Weg zu seiner Pie. Er stellte die Form auf einen Untersatz und verließ die Küche und Lucinda Williams wurde mitten in einem Satz unterbrochen. Nach zehn Sekunden Stille hörte sie eine schöne Singstimme und eine helle, leichte Melodie.
»Sind die Beach Boys in Ordnung?«, fragte Halders von der Tür. »Ist dir das sonnig und warm genug?«
»Wenigstens äußerlich«, sagte sie.
»Kennst du deine Beach Boys?«, fragte Halders.
»Nein.« Sie lauschte. »Aber man merkt ja an diesen Sonnenscheinstimmen, dass mit den Jungs irgendwas nicht in Ordnung ist.«
»Da hast du Recht«, sagte Halders, »Aber warum ignorieren wir das nicht einfach für zweieinhalb Minuten? Dann ist der Song zu Ende.«
Aneta Djanali entschied sich, nicht hinzuhören. Sie sah wieder Anette Lindstens Gesicht vor sich.
»Sie scheint sich dauernd zwischen verschiedenen Adressen zu bewegen. Auf der Flucht zwischen den Adressen«, sagte sie.
Halders nickte.
»Ist das nicht das übliche Muster?«
»Aber sie hat doch ihre Familie«, sagte Aneta Djanali.
»Wirklich?«
»Die scheint ihr allerdings keinen Schutz zu bieten.« »Nicht nur sie versteckt sich dort«, sagte Halders. »Was meinst du?«
»Ihr Vater. Wir sind durch seine Tochter in seine Geschäfte eingedrungen. Er hat nicht damit gerechnet, dass du dich an der Sache festbeißen würdest. Vielleicht nicht in seiner Woh... in Anettes Wohnung auftauchen würdest.«
»Geschäfte?«
»Darauf geh ich jede Wette ein, dass der in diese Geschichte mit dem Diebesgut verwickelt ist. Aber wie hätten wir davon je erfahren, wenn die Tochter nicht gewesen wäre?«
»Weiß sie etwas, was meinst du? Fürchtet sie sich auch davor?«
»Vielleicht ist es gerade das, wovor sie Angst hat«, sagte Halders, »dass er glauben könnte, sie würde ihn verraten.«
Er stellte die Pieform auf den Tisch. Dort standen schon eine Schüssel mit grünem Salat und eine kleine Flasche Dressing. »Vielleicht flieht sie vor den unsauberen Geschäften ihres Vaters.« Er sah auf. »Der versucht uns von seiner Tochter fern zu halten. Und von ihren Problemen und ihrem Mann, Frützblatt. Von Hans' Schwester. Und so weiter.«
»Ja«, sagte Aneta Djanali, »Aber sie hat keine Angst vorm Vater, nicht in erster Linie. Da bin ich mir sicher. Es geht um die Bedrohung durch Forsblad.«
»Warum sagt sie es dann nicht geradeheraus?«
»Ich glaube, sie tut es«, sagte Aneta Djanali. »Wir haben ihr nur nicht gut genug zugehört.«
»Und jetzt ist sie auf dem Weg zu der Hütte am Meer?«
»Das hat sie gesagt.«
Halders schnitt ein Stück von der Käse-Schinken-Pie ab und nahm ihren Teller.
»Du scheinst daran zu zweifeln.«
»Ja . sie hat wahrscheinlich zu niemandem Vertrauen. Auch nicht zu mir.«
»Warum das Haus am Meer?«
»Vielleicht ist es der einzige Ort, wo sie sich sicher fühlt«, sagte Aneta Djanali.
In der
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