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Segel aus Stein

Segel aus Stein

Titel: Segel aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Nacht träumte sie, sie fahre einen schmalen Weg zwischen niedrigen Bäumen entlang, die von den Autoscheinwerfern erhellt wurden. Oben war der Himmel, aber der Himmel war auch das Meer. Woher sie das wusste, weiß sie nicht. Es war der Traum, der ihr das sagte.
    Irgendwo sang eine Frau mit gebrochener Stimme. Oder sie schrie. Sie hörte Wellengeräusche, von oben. Sogar im Traum, wo man alles akzeptiert, dachte sie, dass etwas nicht stimmte. Warum war Wasser über ihr?
    Im Scheinwerferlicht stand ihre Mutter.
    Die Mutter machte eine Handbewegung, die sie nicht verstand. Sie verstand nicht, dass die Mutter sie auf dem Weg anhalten wollte.
    Noch nie hatte sich ihre Mutter in ihren Träumen gezeigt.
    Jetzt fuhr sie an einem Ufer entlang.
    Plötzlich stand ihre Mutter auch dort, hob beide Hände, stellte sich dem Auto in den Weg.
    Und plötzlich war überall Wasser! Sie versuchte zu schreien, schreien. Sie bekam keine Luft und wurde von ihrem eigenen Schreien wach. Oder von ihren Versuchen zu schreien. Sie spürte einen Arm um ihre Schultern. Er war warm. Sie hörte Fredriks Stimme.
    Macdonald parkte auf dem Platz vor dem Seafield Hotel. Die Stadt fiel steil zum Meer ab. Winter stand da mit der Reisetasche über der Schulter. Im Sonnendunst lauerte schon die Dämmerung. Winter sah die enormen Eisenkonstruktionen, die quer über dem oberen Teil von Cullen schwebten. Die Viadukte wirkten aus der Ferne wie horizontale Kathedralen.
    »Sehr imposant«, sagte er.
    »Das finde ich auch«, sagte Macdonald. »Aber hier fahren keine Züge mehr.«
    Sie hatten vom Auto aus angerufen. Im Seafield gab es zwei freie Zimmer und noch mehr. Die Saison war vorbei.
    Das Gebäude war aus weißem Stein, ein altes Wirtshaus. Die Rezeption bestand aus poliertem Mahagoni, Silber, Gold und einem Schottenkaro, das vermutlich zum Clan des Besitzerpaares gehörte, der Familie Campbell. Es enthielt verschiedene blaue, schwarze und grüne Nuancen wie das Meer am Ende der Straße, die durch Cullen führte.
    Herbert Campbell fragte sie diskret nach ihren Abendplänen. Dürfte er vielleicht das Restaurant des Hotels empfehlen? Das durfte er, und sie bestellten einen Tisch für acht Uhr.
    Sie suchten die Bar für ein Bier auf, bevor sie in ihre Zimmer hinaufgingen.
    »Sehr imposant«, sagte Winter.
    »Sie ist sogar in Schottland berühmt«, sagte Macdonald.
    Es waren nicht nur das glänzende Holz auf dem Tresen, die Ledermöbel, der offene Kamin, die schwere Kunst an den Wänden. Es waren die aufgereihten Flaschen auf der Theke und in den Regalen dahinter. Winter musste fragen.
    »Einundvierzig verschiedene Sorten Maltwhisky«, sagte der weibliche Barkeeper.
    »Du hast bis zum Drink vorm Essen Zeit darüber nachzudenken«, sagte Macdonald.
    Winter rief Angela von seinem Zimmer aus an. Er stand am Fenster und sah die Straße und das halbe Meer und eine Ansammlung kleiner steinerner Häuser, die sich am Hafen drängten.
    »Habt ihr ein gutes Hotel gefunden?«, fragte er.
    »Sarah hat hier ein Lieblingshotel, und das kann ich verstehen«, sagte Angela. »Von meinem Fenster sehe ich das Schloss.«
    »Ich kann das halbe Meer sehen«, sagte Winter.
    »Wie geht es mit eurer Fahndung?«
    »Ich weiß nicht«, sagte er.
    »Habt ihr Spuren von John Osvald gefunden?«
    »Vielleicht.« Winter setzte sich und streckte sich dann auf dem Bett aus. Es war hart, aber nicht zu hart. Durch das Fenster konnte er den oberen Teil des Hauses gegenüber sehen. Auf einem Fenstersturz saß eine Möwe. »Es ist, als ob er hier gewesen wäre. Falls du verstehst, wie ich das meine. Wir haben sogar mit einem alten Mann gesprochen, der ihn damals gekannt hat und behauptet, ihn jetzt gesehen zu haben.«
    »Na also.«
    »Ich glaube trotzdem nicht, dass wir ihn finden«, sagte Winter.
    »Du musst dich auf jeden Fall umsehen«, sagte Angela. »Du auch.«
    »Wir wollen morgen Nachmittag mit dem Zug zu diesem Ort in den Highlands fahren.«
    »Wir fahren wahrscheinlich gleichzeitig ab. Dann sehen wir uns abends zum Essen. Ein Wiedervereinigungsessen.«
    »Was macht ihr heute Abend?«
    »Essen im Hotel.« Er wechselte die Lage auf dem Bett.
    »Ich will diese Suppe testen, Cullen Skink.«
    »Lecker klingt das nicht.«
    »Steve sagt, dass sie nicht gut schmeckt.«
    »Dann verstehe ich, dass du sie testen musst.« Er hörte ein Geräusch im Hintergrund, eine Tür, die geöffnet wurde, eine Männerstimme, eine Frauenstimme. »Ups, da kommt der Zimmerservice.« Winter meinte Sarah Macdonalds Stimme

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