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Segel aus Stein

Segel aus Stein

Titel: Segel aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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wieder geöffnet wurden. Sie sah Gesichter, deren eine Hälfte lachte, während die andere Hälfte weinte. Die Gesichter wurden zu Ikonen. Jemand sprach zu ihr und sagte, dass sie sich auf niemanden verlassen konnte. Auch nicht auf dich?, fragte sie, weil sie sich so sicher fühlte in dem Traum.
    Ihr Vater sagte ihr, in der Wüste gebe es Götter, die niemand kennt. Wie können sie dann Götter sein?, fragte sie. Das ließ ihn einen Moment verstummen.
    Sie flog mit Air France über Kortedala hinweg und machte eine Zwischenlandung in Allen Jahreszeiten, ohne das Flugzeug zu verlassen.
    Sie flog in eine Festung, die ein Häuserblock war.
    Sie träumte all ihre Gedanken und Erlebnisse der letzten vierundzwanzig Stunden, und sie begriff alles, während sie noch träumte, als ob sie gleichzeitig ihre Träume von außen analysierte.
    Dann träumte sie etwas, das sie nicht verstand, und wurde von ihrem eigenen Schreien wach.

8
    Als er den Wind im Gesicht spürte, kehrten die Erinnerungen zurück. So war es immer, gleich, ob es hell oder dunkel war. Die Erinnerungen. Dort draußen gab es keinen Tag, keine Nacht. Das Meer war eine eigene Welt. Die Arbeit drehte sich nur um den Trawler, die Winschen, das Arbeitsdeck, rauf und runter, alle fünf Stunden, anfangs selten in der Nacht, aber er hätte es anders gewollt. Mit den anderen sieben in der Back zu schlafen, das war doch die Hölle, all das Faule, Feuchte, immer schlaflose Nächte. Die Arbeit schmerzte wie ein Schatten im Körper. Keine Wärme, niemals das Gefühl von trockener Haut. Davon konnte er während der Wochen dort draußen träumen. Von trockener Haut.
    In der Nacht, als Frans mit an Bord war, hatte der Wind gedreht. Den Schrei hat er nicht gehört, niemand hat ihn gehört. Frans verschwand ohne Schrei. Noch ein grauer Stein auf dem Weg zum Grund, aber nicht richtig. Wer hier in die Nordsee fiel, zwischen Stavanger und Peterhead, trieb oben in Nordnorwegen wieder an Land. Eine einsame Reise durch die schwarzen Strömungen. Frans.
    War es so gewesen?
    Auf jeder Rückreise beteten sie und gingen im Hafen sofort in die Pubs. Er erinnerte sich, wie er sie betrat, aber nicht daran, wie er sie wieder verließ. Damals hatte er viele solcher Abende erlebt, all diese Abende endeten ohne Erinnerung.
    Auf dem Meer ließ sich die Müdigkeit niemals abwaschen, und wenn sie an Land kamen, tat er sein Bestes, um sie zu erhalten.
    Der Abend, als er von der Bordwand eingeklemmt wurde, hätte sein letzter werden können. Eine Weile hatte er sich beim Trinken etwas zurückgehalten.
    Er saß vor seinem Haus. Von hier aus konnte er die alte Kirche sehen. Er sah Autos auf dem Weg zur Kirche und von der Kirche weg, Autos unterwegs zum Golfplatz, der auf der Landzunge hinter der Kirche lag. Die Idioten schlugen ihre Bälle ins Wasser und wussten nicht, warum.
    Das westlichste Viadukt lief von links in sein Blickfeld und wurde zu einem Teil der Kirche, oder die Kirche wurde zu einem Teil des Viaduktes. Er hatte das Bild viele Male studiert. Es hing zusammen. Die Viadukte waren Kathedralen der späteren Zeit, die Zeit, die danach kam, und es war nur natürlich, dass sie sich mit Kirchen verbanden.
    Er spuckte nach der Kirche. Dann bereute er es. Er wischte sich den Mund ab und stand auf. Er ging auf die Straße hinaus, die keinen Namen hatte. Ein Kind kam vorbei, sah aber nicht zu ihm auf. Auch für das Kind war er unsichtbar.
    Wenn Kinder einen Unsichtbaren nicht sehen, gibt es keine Hoffnung mehr.
    Ein Paar mittleren Alters kam die Treppen herunter, auch sie sahen ihn nicht. Er trat einen Schritt beiseite, damit sie nicht geradewegs durch ihn hindurchgingen. Er hörte ihre Stimmen, verstand aber die Sprache nicht, vielleicht hörte er sie auch nicht im Wind.
    Er bestellte sein Ale bei »Three Kings«. Lange saß er vor dem Glas, das niemand anderer sah. Er gab der Frau hinter der Theke ein Zeichen, und sie schaute weg. An anderen Tagen hatte er mit ihr gesprochen, das wusste er.
    Sie wusste es auch.
    Er konnte nicht sehen, was sie jetzt dachte.
    Sie hatte versucht mit ihm zu reden, aber er hatte ihr nicht zuhören wollen. Sie hatte ein Wort gesagt, aber er hatte das Wort nicht hören wollen. Sie hatte ein anderes Wort gesagt, es war das Wort Lüge. Sie hatte das Wort Leben gesagt. Sie hatte das Wort Lebenslüge gesagt.
    Sie hatte zu viel gesagt.
    Das Paar, dem er an der Treppe begegnet war, betrat den Pub und setzte sich an einen der zwei Tische nah am Fenster. Die Frau hinter der

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