Segeln im Sonnenwind
jetzt mit den eigentlichen Änderungen anfangen? Oder bringen wir das zu deiner Näherin?«
El wandte sich an mich. »Was meinst du? Ich bin bereit, das Kleid aufs Spiel zu setzen. Ich habe Vertrauen zu Lazarus – ich meine, zu M'sieur Jacques Noir –, aber da es hierbei um Nancys Hochzeit geht, möchte ich nicht ohne deine Zustimmung tun.«
»Ich kann kein Urteil zu einem Kerl abgeben, der mich behandelt wie eine Schaufensterpuppe, ob er jetzt Theodore, Lazwas oder sonst wie heißt. Sergeant, sagtest du nicht, du hättest deine Breeches selbst geändert?«
» Oui, Madame. «
»Wo hast du deine Hose gelassen? Man sollte immer wissen, wo man sie abgelegt hat!«
»Ich weiß, wo sie ist!« rief El und holte sie.
»Sieh dir mal die Knie an. Dreh sie nach außen.« Ich trat zu ihr, um Theodores Schneiderkunst zu kontrollieren, und mußte schließlich feststellen: »El, ich kann nicht erkennen, wo hier etwas geändert wurde.«
»Ich schon. Siehst du hier? Der ursprüngliche Faden ist ganz leicht verblaßt; der Faden, den er für die Änderung benutzt hat, weist dieselbe Tönung auf wie das Futter, das dem Sonnenlicht nie ausgesetzt war.«
Ich stimmte ihr zu. »Hmm, ja, sobald man es mehr ins Licht hält und genau hinsieht.«
El blickte auf. »Du bist eingestellt, Junge. Unterkunft, Verpflegung, zehn Dollar die Woche und alles an Weibern, was du verkraften kannst.«
Theodore machte ein nachdenkliches Gesicht. »Na ja, in Ordnung. Obwohl ich normalerweise für letzteres extra bezahlt werde.«
El schaute erstaunt drein, lachte dann herzlich, lief zu ihm hin und rieb die Brüste an seinen Rippen. »Ihre Bedingungen sind angenommen, Captain. Was verlangt der Zuchthengst für seine Dienste?«
»Normalerweise erhalte ich die freie Wahl aus dem Wurf.«
»Das Geschäft gilt.«
Die Hochzeit war schön und unsere Nancy eine Braut von blendendem Liebreiz in einem prachtvollen Kleid, das perfekt saß. Marie war das Blumenmädchen und Richard der Ringträger, beide in sonntäglichem Weiß. Jonathan erschien zu meiner Überraschung in einem feierlichen Cutaway, mit perlgrauer Krawatte und perlfarbener Krawattennadel, graugestreifter Hose und Gamaschen. Theodore trat in Uniform als Trauzeuge des Bräutigams auf. Vater trug ebenfalls Uniform (mit allen seinen Abzeichen) und agierte als Zeremonienmeister und Brautführer. Brian war herrlich anzuschauen in seinen Stiefeln und seinem Sam-Browne-Koppel, den Sporen, dem Säbel und in seinen '98er Abzeichen und der waldgrünen Jacke.
Carol war die Brautjungfer und in ihrem limonellengrü-nen Tüll und mit dem Blumenstrauß fast so liebreizend wie die Braut. Brian junior machte den zweiten Zeremonienmeister und Brautführer und trug dazu seinen noch brandneuen Anzug von der Abschlußfeier der Grammar School, die gerade mal zwei Wochen vorher stattgefunden hatte – zweireihige blaue Sersche und die erste lange Hose seines Lebens –, und er benahm sich sehr erwachsen.
George hatte nur eine einzige Aufgabe, nämlich darauf zu achten, daß Woodrow sich ruhig verhielt, und er war bevollmächtigt, alle dazu erforderlichen Zwangsmaßnahmen zu ergreifen. Vater hatte ihn in Woodrows Gegenwart instruiert, und Woodrow benahm sich tatsächlich. Man konnte sich immer darauf verlassen, daß er im eigenen Interesse handelte.
Dr. Draper schwelgte nicht in irgendwelchem Unsinn, mit dem der Reverend Timberly einst meine Hochzeit beinahe verdorben hatte; er las die methodistisch-episkopale Liturgie direkt aus der Disziplin von 1904, kein Wort mehr und kein Wort weniger… Und so ging Nancy schon wenig später am Arm ihres Gatten wieder den Zwischengang hinunter, begleitet von den traditionellen Weisen des Mendelssohnschen Schlußchorals. Ich seufzte vor Erleichterung. Es war eine perfekte Trauung gewesen, ohne irgendeinen Schönheitsfehler. Dabei überlegte ich mir, wie sprachlos die Leute gewesen wären, hätten sie die Mehrzahl der Hochzeitsgäste nur sechsunddreißig Stunden vorher hinter verschlossenen Türen mit einer sanften Orgie beschäftigt gesehen, die den historischen Ursprung des Carols-Tages bildete.
Damals feierten wir zum erstenmal jenen Feiertag, der sich mit der Wellenfront der Menschheit im All ausbreitete – den Carolstag, Carolmas, Carolitas Geburtstag (was er keineswegs war!), die Fiesta de Santa Carolita. Laut Theodore würde sich daraus das Mittsommerfruchtbarkeitsritual auf allen Planeten zu allen Zeiten entwickeln. Er stieß mit Champagner auf Carols Wechsel von der
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