Segeln im Sonnenwind
Besuch, und ich komme am selben Tag zurück…«
»Brian, Sie können sie ja begleiten«, warf Theodore ein. »Ein paar Tage oder Monate Urlaub, und trotzdem am selben Tag zurück.«
»Ah… welch eine himmlische Vorstellung! Sergeant, Sie und ich müssen jedoch erst einmal einen Krieg gewinnen! Können wir die ganze Sache nicht bis nach unserer Rückkehr aus Frankreich vertagen?«
»Sicherlich, Captain.«
Ich erinnere mich nicht mehr, wie das Gespräch auf Wirtschaftsthemen kam. Zunächst mußte ich schwören, über die periodische Natur der weiblichen Fruchtbarkeit Stillschweigen zu wahren, und dabei das Kreuzzeichen machen. Was für ein Unsinn! Beide Ärzte, Papa und Theodore, meinten, daß ich nie Probleme mit Krankheitserregern gehabt hätte, weil ich bis zur Vergasung darauf gedrillt worden wäre, ein Gummi zu benutzen, es sei denn, ich wollte schwanger werden. Für meine Mädchen galt dasselbe. Ich erwähnte die weit zahlreicheren Gelegenheiten nicht, als ich das lästige Ding nur zu gerne weggelassen hatte, weil ich gewußt hatte, daß ich schwanger war. Zum Beispiel in der Nacht zuvor. Ansteckungen zu vermeiden, hängt weniger von so was Trivialem wie einem Gummi ab, sondern eher von einer ausgesprochen wählerischen Partnerwahl. Eine Frau kann sich in Mund oder Augen genauso schnell was holen wie in der Vagina. Und soll ich vielleicht mit einem Mann schlafen, ohne ihn zu küssen? Wir wollen doch nicht albern werden!
Ich kann mich nicht erinnern, je wieder ein Gummi benutzt zu haben, nachdem mir Theodore gezeigt hatte, wie ich meine Fruchtbarkeitsperioden kalendarisch festhalten konnte – oder daß ich je wieder einen Mißerfolg gehabt hätte, wenn ich die Kasse zum Klingeln hatte bringen wollen.
In diesem Moment hörte ich: »… 29. Oktober 1929.« »Wie bitte?« platzte ich heraus. »Du sagtest doch, du würdest schon 1926 wieder abreisen. Am 2. August.«
»Maureen, ich sprach vom Schwarzen Dienstag«, erklärte Theodore. »Künftige Historiker werden ihn als den größten Börsencrash der Geschichte bezeichnen.«
»Du meinst so was wie 1907?«
»Ich bin mir nicht sicher, was 1907 passiert ist, da ich, wie ich dir schon sagte, nur das Jahrzehnt gründlich studiert habe, das ich hier zu verbringen gedachte – vom Jahr nach dem Ende des laufenden Krieges bis kurz vor den Schwarzen Dienstag, den 29. Oktober 1929. Diese zehn Jahre nach dem Ersten Weltkrieg…«
»Moment mal! Was meinen Sie mit Erster Weltkrieg?«
»Doktor Johnson, von diesem einen Goldenen Zeitalter zwischen dem 11. November 1918 und dem 29. Oktober 1929 einmal abgesehen, finden das ganze Jahrhundert über ständig Kriege statt. Der Zweite Weltkrieg beginnt 1939 und wird länger und schlimmer als der Erste sein. Auch später in diesem Jahrhundert gibt es immer wieder Krieg. Und das nächste Jahrhundert, das einundzwanzigste, wird noch viel schlimmer werden.«
»Ted, am Tage der Kriegserklärung«, sagte Vater, »da haben Sie einfach die Wahrheit gesagt, wie Sie sie sahen, nicht wahr?«
»Ja, Sir.«
»Warum haben Sie sich dann doch noch gemeldet? Dies ist nicht Ihr Krieg, Captain Long.«
Theodores Antwort kam ganz leise. »Um Ihren Respekt zu gewinnen, Vorfahr. Und damit Maureen stolz auf mich ist.«
»Mrrmpf! Na ja! Ich hoffe, daß Sie es nie bedauern werden, Sir.«
»Das werde ich nicht.«
Der Donnerstag erwies sich als wahrhaft geschäftiger Tag. Eleanor und ich stellten in nur vierundzwanzig Stunden eine offizielle kirchliche Trauung auf die Beine, wobei wir allerdings die Hilfe aller unserer älteren Kinder, Sergeant Theodores, unserer Ehemänner und Vaters genossen.
Wir hatten aber bereits Vorkehrungen getroffen. Die Gästeliste stand, Priester und Küster waren alarmiert, die Einladungen hinausgegangen.
Die Braut konnte fristgerecht in ihrem Kleid präsentiert werden, da Sergeant Theodore ein weiteres unerwartetes Talent an den Tag legte – als Damenschneider! Eleanors telepathische Veranlagung hatte ich zu diesem Zeitpunkt längst eingesetzt. Die schweißtriefenden Details möchte ich gar nicht erwähnen, aber dreißig Minuten nach dem freudigen Ereignis berichtete sie mir: »Maureen, Schatz, Theodore glaubt an jedes Wort seiner Geschichte.« Theodore selbst hielt dem entgegen, daß jeder Napoleon in jedem Irrenhaus nicht weniger fest an die eigene Geschichte glaubte.
»Captain Long«, erwiderte Eleanor, »nur wenige Männer verfügen über eine gesicherte Erkenntnis der Wirklichkeit; von daher vermag ich den
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