Segeln im Sonnenwind
dieser Gegend den Besitzer gewechselt, und ich kann mich nicht daran erinnern, daß man uns jemals nach unserer Meinung zu einer solchen Transaktion gefragt hätte.«
»Da hast du recht. Das hat man nie.«
»Ich finde nicht, daß unsere Nachbarn zu beurteilen haben, was ein Schwarzer kaufen darf oder nicht. Oder was wir in dieser Sache tun dürfen. Was sie mit ihrem Besitz machen, geht uns ja auch nichts an. Somit dürfen wir mit unserem alles tun, was in Übereinstimmung mit dem Gesetz und allen wirklich vorhandenen Vertragsklauseln steht. Ein Beispiel wäre die um sieben Meter zurückgesetzte Fassade. Mir fällt nur eine Möglichkeit ein, wie sie uns daran hindern könnten, an jeden zu verkaufen, der hier einziehen möchte.«
»Und das wäre, Mo?«
»Indem sie uns mehr Geld anbieten als Mr. Falscher Fuffziger. Wenn sie uns das Haus abkaufen, können sie damit machen, was sie wollen.«
»Ich freue mich, daß du es so siehst, Liebste. In einem Jahr gehört jedes Haus in dieser Gegend einer schwarzen Familie. Mo, ich habe das kommen gesehen. Der Bevölkerungsdruck folgt ganz ähnlichen Regeln wie eine Überschwemmung. Man kann Deiche aufschütten, soviel man möchte; eines Tages müssen die Wassermassen irgendwo bleiben. Das Ghetto von Kansas City ist schrecklich überbevölkert. Wenn die Weißen nicht Seite an Seite mit den Schwarzen leben möchten, müssen sie einfach Platz machen, damit die Schwarzen mehr Wohnraum finden. Ich befasse mich nicht viel mit Rassenproblemen; ich habe meine eigenen Sorgen. Aber ich kämpfe auch nicht gegen das Wetter und renne nicht mit dem Kopf gegen steinerne Wände. Wir beide werden noch den Tag erleben, an dem das Ghetto sich im Süden bis zur Neununddreißigsten Straße erstreckt. Es hat keinen Sinn, deswegen Theater zu machen; es wird einfach passieren.«
Briney bekam wirklich gutes Geld für unser altes Haus. Unter Einrechnung der Preissteigerung von 1907 bis 1929 blieb nur ein schmaler Gewinn übrig, aber dafür hatten wir das Geld bar auf der Hand – in Goldzertifikaten, nicht auf einem Scheck. Aktenkundig wurden »zehn Dollar und andere Leistungen«. Briney investierte die Summe direkt an der Börse. »Süße, falls Theodore recht behält, werden wir in cirka einem Jahr die freie Auswahl unter den größten Häusern im Country-Club-Bezirk haben, und das zu einem Drittel des heutigen Preises! Nach dem Schwarzen Dienstag wird die Hälfte der nominellen Eigentümer ihre Hypothekenraten nicht mehr zahlen können. Versuche bis dahin, in diesem alten Farmhaus glücklich zu sein. Justin und ich müssen nach New York.«
Es fiel mir nicht schwer, in dem alten Farmhaus glücklich zu sein; es erinnerte mich an die Umgebung meiner Kindheit. Ich erzählte das Vater, und er stimmte mir zu. »Du solltest allerdings ein zweites Badezimmer installieren lassen. Erinnerst du dich noch, warum wir zwei Außentoiletten hatten? Man sollte einfach Hämorrhoiden und Verstopfung nicht fördern.«
Vater wohnte offiziell nicht bei uns – das heißt, seine Post ging an eine andere Adresse, aber seit 1916 und der Plattsburggeschichte hatte Brian immer darauf bestanden, daß wir Vater ein Zimmer freihielten. Als Brian nach New York fuhr, um sich um seine Börsengeschäfte zu kümmern, war Vater damit einverstanden, die meisten Nächte bei uns zu verbringen, wie zu der Zeit, als Brian in Frankreich gewesen war. Aber bis dahin war das zweite Badezimmer installiert, ebenso ein Waschraum im Erdgeschoß.
Meine Kinder paßten sich den neuen Verhältnissen ohne große Probleme an. Selbst unsere Katze, Charge d'Affaires, akzeptierte sie. Auf der langen Fahrt dorthin war der Kater richtig zappelig, aber er schien angesichts der Möbelwagen zu begreifen, daß ihm sein bisheriges Heim nicht länger Obdach bot. Ethel und Teddy konnten ihn einigermaßen beruhigen. Ich saß bei der entsprechenden Fuhre selbst am Steuer, während Woodrow den Rest der Familie in seiner alten Klapperkiste beförderte. Charge übernahm unser Grundstück sofort nach Eintreffen, holte mich dann ab und führte mich einmal ringsherum am Zaun entlang. Er markierte alle vier Ecken und informierte mich so darüber, daß er die Veränderung und seinen neuen Verantwortungsbereich akzeptiert hatte.
Von Woodrow hatte ich eigentlich das größte Theater erwartet, da er im September sein Abschlußjahr an der Central High School beginnen würde und ein wahr-scheinlicher Kandidat dafür war, das Kadetten-Bataillon im Trainingskorps der
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