Segeln im Sonnenwind
aber mein Französisch verstand und nicht über den Akzent lachte. Ein ausgewachsenes Orchester zum Abendessen, ein Kammermusiktrio zum Tee, Tanzen zu Live-Musik an jedem Abend. Frühstück im Bett. Eine Masseuse jederzeit auf Abruf. Eine Suite mit zwei Schlafzimmern und einem Wohnzimmer, das alles schlug, was Eleanor zu Hause hatte. »Justin, warum sitzen wir beim Kapitän mit am Tisch?«
»Keine Ahnung. Vielleicht, weil wir diese Suite haben.« »Und warum haben wir diese Suite? Die erste Klasse wirkt doch recht luxuriös! Ich hätte mich selbst über die zweite Klasse nicht beschwert, aber das hier setzt allem die Krone auf, findest du nicht?«
»Maureen, meine Süße, ich habe zwei außenliegende Doppelkabinen erster Klasse bestellt, die uns bestätigt wurden und die wir auch bezahlt haben. Zwei Tage vor der Abfahrt meldete sich der Agent telefonisch und bot mir diese Suite zu dem bereits gezahlten Preis zuzüglich eines nominellen Zuschlages von hundert Dollar an. Sieht so aus, als wäre der ursprüngliche Fahrgast nicht in der Lage gewesen, die Reise anzutreten. Ich fragte, wieso er abgesagt hätte. Statt einer Antwort wurde der Zuschlag um fünfzig Dollar verringert. Ich fragte, wer in dieser Suite gestorben war und ob es ansteckend wäre. Der Agent gab mir wiederum keine Antwort, sondern bot einen völligen Verzicht auf den Zuschlag an, unter der Bedingung, daß wir uns von der New York Times und der L'Illustration in der Suite photographieren ließen – was ja auch geschehen ist, wie du dich sicher erinnerst?«
»Und war es ansteckend?«
»Eigentlich nicht. Der arme Kerl ist aus einem Fenster im neunzehnten Stock gesprungen – einen Tag nach dem Schwarzen Dienstag.«
»Oh! Ich hätte lieber den Mund halten sollen!«
»Mo, Schatz, diese Suite war nicht seine Wohnung. Er hat sie nie im Leben betreten und spukt hier auch nicht herum. Er gehörte lediglich zu den vielen tausend armen Teufeln, die bei riskanten Spekulationen reich an Papier wurden. Ich kann dir versichern, falls dich das beruhigt, daß Brian und ich kein Geheimnis aus unserer Absicht gemacht haben, uns aus dem Markt zurückzuziehen, da wir mit seinem Zusammenbruch vor Ende Oktober rechneten. Niemand wollte auf uns hören.« Justin schüttelte den Kopf und zuckte die Achseln.
»Ich mußte einen Börsenmakler fast erwürgen, damit er meine Anordnungen ausführte«, ergänzte Brian. »Er schien es für unmoralisch und möglicherweise sogar illegal zu halten, daß wir verkaufen wollten, während die Kurse stiegen. ›Warten Sie, bis die Werte oben sind‹, sagte er. ›Dann sehen wir weiter. Es wäre verrückt, jetzt zu verkaufen!‹ Ich sagte ihm, meine alte Großmutter hätte in den Teeblättern gelesen und mir gesagt, es wäre Zeit, alles abzustoßen. Er erklärt mich wiederum für verrückt. Ich wies ihn an, den Verkauf sofort zu tätigen, oder ich würde schnurstracks zur Börsenaufsicht marschieren und sie veranlassen, ihn einmal auf unreelle Machenschaften abzuklopfen. Damit machte ich ihn wirklich wütend, und er verkaufte alles. Er wurde noch ärgerlicher, als ich auf einen bestätigten Scheck bestand. Ich löste den Scheck unverzüglich ein und wechselte das Geld anschließend in Gold, da ich mich nur zu deutlich an Teds Warnung erinnerte, daß die Banken hopsgehen würden.«
Ich hätte gerne gefragt, wo dieses Gold jetzt war, verkniff es mir aber.
Zürich ist eine wunderbare Stadt, hübscher als jede andere, die ich in den Vereinigten Staaten gesehen habe. Bei der Sprache dort soll es sich um Deutsch handeln, aber es ist nicht das Deutsch, das mein Nachbar aus München spricht. Ich kam allerdings gut zurecht, sobald ich erst einmal herausgefunden hatte, daß fast jeder Englisch verstand. Unsere Männer waren beschäftigt, aber Eleanor und ich verbrachten eine tolle Zeit als Touristinnen.
Eines Tages nahmen Brian und Justin uns einmal mit, und ich stellte überrascht fest, daß ich die Inhaberin eines Nummernkontos über 155.515 Gramm Feingold war (was mir nicht schwerfiel, in einhunderttausend Dollar zu übersetzen, auch wenn es nicht so hieß). Ich mußte eine Generalvollmacht über »mein« Konto an Brian und Justin ausstellen, während Eleanor betreffs eines ähnlichen Kontos das gleiche tat. Eine eingeschränkte Vollmacht ging an eine mir völlig unbekannte Person in Winnipeg, Kanada.
Auf dem Schiff hatten wir diese phantastische Suite nicht etwa deshalb gehabt, weil wir zur High Society gehörten, was ja auch gar nicht
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