Segeln im Sonnenwind
dir Captain Leslie LeCroix vorstellen, den Skipper der Pioneer? «sagte mein Sohn. »Les, das ist meine Tochter Maureen.«
»Ich fühle mich geehrt, Miss, aber Sie können nicht Bills Tochter sein; Sie sind zu jung dazu. Obendrein sind Sie hübsch, während er… Na ja, schauen Sie ihn sich an!«
»Schluß damit, Jungs. Ich bin seine Mutter, Captain. Sind Sie wirklich der Captain des Mondschiffs? Ich bin beeindruckt!«
LeCroix setzte sich zu uns. Ich sah, daß es sich bei seinem »Fusel« auch um einen klaren Drink im hohen Glas handelte. »Sie brauchen nicht beeindruckt zu sein«, wandte er sich an mich. »Der Computerpilot regelt alles. Ich fahre allerdings mit, falls es mir gelingt, Bill lange genug aus dem Weg zu gehen. Nimm noch ein Schokoladeneclair, Bill.«
»Ach, hör auf damit!«
»Oder einen Chesseburger? Ein Geleedoughnut? Einen Schober Weizen mit Honig?«
»Mom, siehst du, was dieser Schurke zu erreichen versucht? Er versucht, mich von meinem Diätkurs abzubringen, nur weil er Angst hat, ich könnte ihm die Arme brechen. Oder den Hals.«
»Warum solltest du das tun, Woodrow?«
»Ich würde es ja nie tun, aber Les befürchtet es. Er wiegt nur hundertsechsundzwanzig Pfund. Wenn ich trainiere, schaffe ich es auf einhundertfünfundvierzig, wie du dich vielleicht entsinnst. Sollte er sich nämlich einen Schnupfen holen oder unter der Dusche ausrutschen und sich etwas brechen, was Gott verhüten möge, muß ich zum Startzeitpunkt exakt so viel wiegen wie er, weil ich dann an seiner Stelle so tun muß, als würde ich die Kiste fliegen. Und ich kann mich dem nicht entziehen; ich habe das Geldangebot meines Arbeitgebers akzeptiert. Obendrein haben sie einen großen, häßlichen Kerl damit beauftragt, mir überallhin zu folgen und zu verhindern, daß ich weglaufe.«
»Glauben Sie ihm nicht, Ma'am. Ich bin sehr vorsichtig, wenn ich durch eine Tür gehe, und esse nichts, wenn ich nicht gesehen habe, wie die Packung geöffnet wurde. Er plant, mich noch in der letzten Minute außer Gefecht zu setzen. Ist er wirklich Ihr Sohn? Das kann nicht sein!«
»Ich habe ihn einer Zigeunerin abgekauft. Woodrow, was passiert, wenn du das vorgeschriebene Gewicht nicht erreichst?«
»Sie schneiden eins meiner Beine scheibchenweise ab, bis ich auf exakt hundertsechsundzwanzig bin. Raumfahrer brauchen keine Füße.«
»Woodrow, du warst schon immer ein unartiger Junge. Auf dem Mond brauchtest du wieder Füße.«
»Einer reicht dort. Ein Sechstel der Erdschwerkraft. Heh, da ist ja der große, häßliche Kerl, den sie auf mich angesetzt haben! Er kommt hierher.«
George Strong trat zu uns und verbeugte sich. »Werte Dame! Wie ich sehe, haben Sie unseren Mondschiffcaptain kennengelernt, ebenso unseren Ersatzpiloten Bill Smith. Darf ich mich dazusetzen?«
»Mom, du kennst diesen Typen? Hat man dich auch beauftragt, mich zu bewachen? Sag, daß es nicht wahr ist!«
»Es ist nicht wahr. George, euer Ersatzpilot ist mein Sohn, Woodrow Wilson Smith.«
Später am Abend fanden George und ich Gelegenheit zu einem privaten Gespräch. Ich erwähnte Woodrows Gewichtsproblem. »Kann das denn stimmen?«
»Ja, sicher, genauso ist es.«
»Aber er hat seit seinem vorletzten Jahr auf der High School nicht mehr so wenig gewogen! Ich fürchte, daß er am Ende viel zu schwach für die Aufgabe ist. Könnte man nicht einfach ein paar Bleigewichte einplanen, wenn Captain LeCroix fliegt, und sie herausnehmen, wenn der Ersatzpilot gebraucht wird?«
»Maureen, du verstehst das nicht.«
Ich pflichtete ihm bei.
Und er erklärte mir, wie knapp die Gewichte bei dem Schiff geplant werden mußten. Die Pioneer war nur mit dem Allernötigsten ausgestattet und verfügte nicht mal über Funk, sondern lediglich über die unverzichtbaren Navigationsinstrumente. Nicht einmal ein Standard-druckanzug war an Bord – dafür ein Beschleunigungs-anzug aus Gummi und mit Helm. Kein Tornister – nur eine Gürtelflasche. Ausreichend, um die Luke zu öffnen, eine mit Gewichten beschwerte Flagge auszusetzen, ein paar Steine hereinzuholen und wieder einzusteigen.
»George, für meinen Geschmack klingt das nicht nach der Ideallösung für ein solches Unternehmen! Ich werde zwar Woodrow keinen Rat geben – er ist inzwischen ein erwachsener Junge –, aber ich hoffe doch, daß Captain LeCroix gesund bleibt.« Woodrows offizielles Alter betrug fünfunddreißig, das tatsächliche dreiundfünfzig.
Wieder trat eine dieser langen Pausen ein, die George brauchte, um über
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