Segeln im Sonnenwind
mit Gardenie im Knopfloch und gestreifter Hose und professionellem Lächeln. »Mrs. Johnson! Wir freuen uns so, Sie begrüßen zu dürfen! Möchten Sie eine Suite nehmen? Oder eine Wohnung?«
Prinzessin Polly mußte nicht in den Zwinger. Zum Dinner verspeiste sie gehackte Leber – eine freundliche Gabe des Managements –, und sie hatte ihr eigenes Katzenbett und ihren eigenen Tragekorb, beide garantiert sterilisiert, wie das um die Gegenstände geschlungene Papierband verkündete. Genau wie das um den Toilettensitz in meinem Bad.
Kein Bidet, aber davon abgesehen war das Broadmoor ein Hotel erster Klasse.
Natürlich traf das Gepäck ein, während ich gerade badete. Sobald ich mich umgezogen hatte, ließ ich Prinzessin Polly vor dem Fernseher zurück (sie sah gerne fern, besonders die Werbespots) und suchte die Bar auf, um einen Drink zu nehmen und einfach mal abzuwarten, was passierte. Und entdeckte dort meinen Sohn Woodrow. Er bemerkte mich schon, als ich eintrat. »Hi, Mom!«
»Woodrow!« Wie sehr ich mich doch freute! Ich gab ihm einen Kuß. »Schön, dich zu sehen, mein Junge. Was machst du hier? Das letzte Mal warst du doch noch bei Wright-Patterson.«
»Oh, dort habe ich gekündigt. Sie wußten nicht, was sie mit einem Genie anfangen sollten, und obendrein mußte ich zu früh aufstehen. Jetzt bin ich bei Harriman Industries und versuche dort für Ordnung zu sorgen. Das ist nicht einfach.«
(Sollte ich ihm sagen, daß ich inzwischen im Vorstand von Harriman Industries saß? Bislang hatte ich es immer vermieden, jemanden einzuweihen, der es nicht unbedingt wissen mußte – also auch jetzt wieder: abwarten!) »Ich freue mich, daß du bei ihnen für Ordnung sorgst. Hast du etwas mit ihrem Mondschiff zu tun?«
»Setz dich erst mal. Was trinkst du?«
»Das gleiche wie du.«
»Na ja, ich nehme Manitou Water mit Schuß.«
»Sieht aus wie Wodka Tonic. Ist es auch welcher?«
»Nicht ganz. Manitou Water ist eine hiesige Mineralquelle, so was wie Stinktier, aber nicht ganz so schmackhaft.«
»Hmm, dann nehme ich Wodka Tonic mit Limone. Ist Heather auch da?«
»Sie verträgt die Höhenluft nicht. Als ich von Wright-Patterson wegging, nahm sie die Kinder wieder mit runter nach Florida. Du brauchst darüber nicht die Stirn in Falten zu legen. Sie wird mich informieren, wenn sie wieder schwanger werden möchte, was etwa alle drei Jahre der Fall ist. Ich komme dann nach Hause, bleibe einen oder zwei Monate, freunde mich wieder mit den Kleinen an und kehre anschließend zu meiner Arbeit zurück. Kein Geheul, kein Ärger, keine Familienstreitigkeiten.«
»Klingt nach einem netten Arrangement, wenn es euch beiden so gefällt.«
»Das tut es.« Er bestellte meinen Drink. Das Trinken hatte ich zwar nicht gelernt, aber ich wußte, wie man sich ein hohes Glas bestellte und den ganzen Abend lang dabei blieb, während ein Eiswürfel nach dem anderen das Getränk verdünnte. Ich betrachtete Woodrow gründlich. Die Gesichtshaut schien gespannt, und die Hände kamen mir sehr knochig vor.
Die Kellnerin ging, und er wandte sich wieder mir zu. »Jetzt erzähle mir mal, was du hier machst, Mom.«
»Ich war schon immer Fan der Raumfahrt. Erinnerst du dich noch daran, wie wir zusammen Roy Rockwoods Great-Marvel-Serie gelesen haben? Lost on the Moon, Through Space to Mars… «
»Aber sicher doch! Ich habe ja nur deshalb lesen gelernt, weil ich glaubte, du würdest mir Sachen verheimlichen.«
»Nicht bei diesen Titeln. Vielleicht ein paar Dinge aus den Barsoom-Büchern.«
»Ich hatte mir immer eine schöne marsianische Prinzessin gewünscht, aber nicht auf die Art, wie man es in Barsoom tun mußte. Weißt du noch, wie sie sich dort immer gegenseitig umbrachten? Nichts für mich! Ich bin von der friedlichen Sorte, Mom. Du kennst mich ja.«
(Ich frage mich, ob eine Mutter überhaupt jemals ihre Kinder kennt. Dir fühle ich mich jedoch sehr verbunden, mein Schatz! Ich hoffe, daß mit dir und Heather wirklich alles in Ordnung ist.) »Als ich von dem Mondschiff hörte, bin ich hergekommen. Ich möchte unbedingt beim Start dabeisein, wenn ich schon nicht mitfliegen darf. Was hältst du davon, Woodrow? Wird das Schiff die Reise bewältigen?«
»Fragen wir mal den Fachmann.« Woodrow blickte sich um und rief jemandem, den er an der Bar entdeckte, zu: »Hey, Les! Komm mal mit deinem Fusel herüber und setz' dich ein bißchen zu uns!«
Der Angesprochene kam. Es war ein kleiner Mann mit den großen Händen eines Jockeys. »Darf ich
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