Segeln im Sonnenwind
daß bei Zeiteinsätzen niemals Grund zur Eile besteht.«
»Stimmt, aber wir sind alle ziemlich motiviert. Freunde, Teena – oder Shiva – hat das Übungsgelände aufgrund von Fotos, Stereos, Holos und Filmbildern zusammengesetzt, die am 1. April 1941 in Coventry aufgenommen wurden. Ihr alle wißt sicherlich, daß 1941 noch sämtliche vom Kreis des Ouroboros überwachten Zeitlinien eins waren, also eine einzelne Zeitlinie bildeten. Daher wird alles, was wir dort unternehmen, sämtliche zivilisierten Zeitlinien beeinflussen. Der Begriff ›zivilisiert‹ ist in diesem Zusammenhang mit Vorsicht zu genießen – auch der Kreis ist nicht unvoreingenommen.
Die für diesen Einsatz angestellten Nachforschungen haben eine seltsame Tatsache ans Licht gebracht. Lazarus?«
Mein Sohn stand auf. »Soweit ich mich an die Geschichte des Zweiten Weltkrieges 1939-45 erinnere, ging er für England und Europa vorteilhafter aus, als die Feldforschung für diesen Einsatz erbracht hat. So wurde beispielsweise mein ältester Bruder, Brian Smith jr., bei der Landung in Marseilles verwundet und daraufhin nach England zu den Salisbury Plains und dem amerikanischen Ausbildungskommando versetzt. Nicht wahr, Mama?«
»Ja sicher, Woodrow.«
»Die Geschichte, die wir jetzt erforscht haben, zeigt jedoch, daß dies gar nicht hätte geschehen können. Die Luftwaffe gewann die Schlacht um England, und es kam gar nicht zu einer Landung bei Marseilles, ganz zu schweigen von einem amerikanischen Ausbildungs-kommando in England. Statt dessen wurde Deutschland aus der Luft zerstört, und zwar durch Atombomben, abgeworfen von in Nordafrika gestarteten amerikanischen B29-Bombern. Freunde und Angehörige, ich habe an diesem Krieg teilgenommen. Soweit ich mich erinnern kann, wurden keinerlei Atombomben auf Europa abgeworfen.«
»Danke, Lazarus. Auch ich habe am Krieg teilgenommen und war in Nordafrika. Soweit ich weiß, operierten von dort aus keine B29, und es wurden keine Atomwaffen in Europa eingesetzt. Die Ergebnisse unserer Nachforschungen waren daher für mich ebenso erschreckend wie für Lazarus. Diese schlechten Nachrichten führten auch dazu, daß wir aus dem Unternehmen Urvater Johnson – das allein der Entdeckung und Rettung von Dr. Ira Johnson dient, dem Ursprung unserer Familie Johnson – das Unternehmen Wendepunkt Coventry gemacht haben, in dem Unternehmen Urvater Johnson nur noch als eine von mehreren Phasen enthalten ist. Unsere Planung wurde dahingehend erweitert, während dieses einen Bombenangriffs den Ausgang des ganzen Krieges zu verändern. Den Angriff vom 8. April 1941 wählten wir nicht nur aufgrund der Teilnahme von Dr. Johnson an der Zivilverteidigung aus, sondern auch deshalb, weil die vier Bomberwellen aus riesigen Heinkels die größte Anzahl von Nazibombern darstellten, die jemals für einen einzelnen Angriff eingesetzt wurde.
Die Mathematiker des Kreises sind in Zusammenarbeit mit Shiva zu dem Schluß gelangt, daß wir es hier mit einem Schlüsselereignis zu tun haben, bei dem eine Handvoll Personen den Lauf der Geschichte verändern können. Das Ziel von Major Gretchens Damen wird darin bestehen, so viele Maschinen dieser Armada zu vernichten, wie es mit unserer überlegenen Technologie nur möglich ist. Danach kann und wird die Royal Air Force die Schlacht um England gewinnen. Ohne unsere Hilfe könnte es gut sein, daß die Spitfires nicht mit der Armada fertig werden. Ein etwas weniger greifbarer Nebeneffekt des Unternehmens Wendepunkt Coventry besteht darin, möglichst viele Spitfire-Piloten zu retten, damit sie später neu zum Kampf antreten können.
Das ist genau die Art Anstoß, auf die sich der Kreis des Ouroboros spezialisiert hat: der kleine Aufwand mit dem großen Ergebnis. Die Gefährten des Kreises sind in diesem Fall sehr optimistisch.
Betrachten wir uns einmal das Bild hinter mir. Der Blick geht von der Ambulanzstation in Greyfriars Green aus, in der Urvater Johnson in jener Nacht Dienst tat. Diese drei Türme dort sind alles, was frühere Bombenangriffe von der Innenstadt übriggelassen haben – die Türme der Kathedrale St. Michael, der Greyfriars-Kirche und der Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit. Weiter links erhebt sich ein hier nicht sichtbarer kleinerer Turm; dabei handelt es sich um den einzigen ursprünglichen Bestandteil einer Benediktiner-Abtei, die 1047 von Leofric, dem Earl of Mercia, und seiner Frau Lady Godiva errichtet wurde. Wir haben diesen Turm vom Grafen gemietet, und das Tor, das
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