Segeln im Sonnenwind
entkommen warst.«
»Ja«, bekräftigte Hilda. »Dagmar hatte Freundschaft mit dir geschlossen – keine sehr sichere Sache nach dem Tod des Bischofs.«
»Dagmar! Das tut mir leid!«
»Ach was. ›Alles ist gut, was gut ausgehe, wenn ich mal so sagen darf. Sieh mich doch an, Süße – es gefällt mir hier! Also, es ging zurück nach Oz – diesmal mit mir zusammen –, und nachdem ich mir dort Pixel angehört hatte, konnte ich Hilda mitteilen, daß du im Grand Hotel Augustus festgehalten wurdest…«
»Heh! Dort hat ja auch alles angefangen!«
»Und dort bist du auch wieder gelandet, und zwar in einer Suite, die nicht im Hotelplan steht und die nur per Privataufzug vom Keller aus erreichbar ist. Deshalb nahmen wir den malerischen Weg und erwischten das Komitee mit heruntergelassenen Hosen.«
Lazarus hatte sich zu uns gesellt und saß jetzt vor mir auf dem Rasen, ohne uns zu unterbrechen. Ich fragte mich schon, wie lange er sich weiter so engelhaft betragen würde. »Mama«, warf er jetzt ein, »du weißt gar nicht, wie recht du mit der Bemerkung hast, daß dort in diesem Hotel alles angefangen hat. Erinnerst du dich noch an unseren Umzug, als ich auf der High School war?«
»Ja, sicher. Wir bezogen unser altes Farmhaus draußen im Süden.«
»Richtig. Nach dem Zweiten Weltkrieg hast du es verkauft, und es wurde abgerissen.«
(Wie gut ich mich daran erinnerte!) »An seiner Stelle entstand das Harriman Hilton.«
»Nun, beim Grand Hotel Augustus handelt es sich um dasselbe Gebäude. Oh, nach über zwei Jahrhunderten hat sich viel verändert, aber die Kontinuität besteht trotzdem. Wir stellten einige Nachforschungen über das Haus an und entdeckten so die der Öffentlichkeit unbekannte VIP-Suite.« Er rieb seine Wange an meinem Knie. »Das war alles, denke ich, nicht wahr, Hilda?«
»Denke ich auch.«
»Wartet mal einen Moment!« wandte ich ein. »Was ist aus diesem Baby geworden? Und dem Mann mit dem blutenden Armstumpf? Dem, der bei dem Unfall den Arm verloren hat?«
»Aber Maureen«, sagte Hilda sanft, »ich habe dir doch schon dreimal gesagt, daß es gar kein Unfall war. Das ›Baby‹ war nur eine Requisite, um deine Hände beschäftigt zu halten und dich abzulenken. Mit dem ›Verletzten‹ wollten sie dich ebenfalls in die Irre leiten. Sie benutzten dazu einen längst Amputierten mit Makeup; das war keine frische Wunde. Als mein Fahrer über der Schlangengrube baumelte, wurde er richtig redselig und verriet mir viele Details von meist scheußlicher Natur.«
»Ich würde gerne mit ihm sprechen!«
»Ich fürchte, das geht nicht. Ich ermutige meine Angestellten nicht, mich zu verraten. Maureen, du bist eine freundliche Seele. Ich bin es nicht.«
»Die Chirurgenteams werden wie folgt zusammenge-setzt…« Wir hatten uns in einem Vorlesungssaal der Ira-Johnson-Hall an der TH Boondock versammelt, und Jubal begann seinen Vortrag. »… damit sie möglichst gut zusammenpassen, was die berufliche Erfahrung angeht. Ich schlage vor:
Dr. Maureen mit Lapis Lazuli als Assistentin;
Dr. Galahad mit Lorelei Lee;
Dr. Ishtar mit Tamara;
Dr. Harshaw – das bin ich – mit Gillian;
Dr. Lafe Hubert alias Lazarus mit Hilda; und schließlich
Dr. Ira Johnson, unser Zielobjekt, mit Dagmar Dobbs.
Dagmar, Sie passen nur bedingt zum alten Johnson, denn Sie sind um anderthalb Jahrhunderte überqualifiziert, wozu noch das kommt, was Sie hier gelernt haben. Aber etwas anderes bleibt uns nicht übrig. Dr. Johnson wird nicht wissen, daß Sie ihm zugeteilt sind. Aus Bibliotheksstudien sowie aus umfangreichen mündlichen Geschichtsforschungen – von Feldagenten in Coventry und anderen Gegenden zwischen 1947 und 1950 mit Personen durchgeführt, die im Krieg in den Erste-Hilfe-Teams der Zivilverteidigung mitwirkten – wissen wir, daß solche Teams oft erst in der letzten Minute zusammengestellt wurden und vielleicht der eine oder andere, Chirurg oder Schwester, nicht voll qualifiziert war. Kriegsbedingungen, Dagmar. Wenn Sie als erste auftauchen, sobald die Sirenen heulen – und das werden Sie –, wird Dr. Johnson Sie einfach akzeptieren.«
»Ich versuche es.«
»Es klappt schon. Alle von uns, die der Ersten Hilfe zugeteilt sind, werden Roben und Masken tragen, die im England des Kriegsjahres 1941 nicht allzu komisch wirken dürften, und wir werden Instrumente benutzen, die ebenfalls keine krassen Anachronismen darstellen – auch wenn Anachronismen, wie wir glauben, im Stress einer schweren Bombardierung sicher keine
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