Segnet die Tiere
sofort.«
»Ich bitte Sie, Captain – warum sprechen Sie plötzlich mit solcher Schärfe?« Die Nasenschlitze des Rats vibrierten heftig.
»Stimmt etwas nicht? Hat jemand anders Sie beleidigt?«
Janeway zielte genau auf den schwachen Punkt in der
sardalianischen Etikette. »Ja, Rat Kolias. Sie haben mich beleidigt.«
»Und wie?«
»Sie wurden Ihren Pflichten als Gastgeber nicht gerecht.«
Kolias’ Gesicht verfärbte sich rot. »Sind Sie sicher?«
»Ja. Sie haben sich geweigert, meine Fragen ehrlich zu beantworten.«
»Bitte, Captain. In Hinsicht auf Borizus ist mein Standpunkt deutlich genug geworden.«
Janeway ließ sich nicht ablenken. »Sie weichen mir schon wieder aus.«
»Ich verstehe nicht. Fühlen Sie sich vielleicht nicht wohl? Ist ein derartiges Verhalten typisch für Angehörige Ihres Volkes?« Kolias schien wirklich verwirrt zu sein. Vielleicht glaubte er tatsächlich, daß sich dieser Verstoß gegen die Etikette nur durch Krankheit – vermutlich psychischen Ursprungs – erklären ließ.
Eine derartige Vorstellung weckte Ärger in Janeway. »Das einzige mir bekannte gesundheitliche Problem betrifft Ihr Volk, Kolias. Man nennt es ›graue Pest‹. Legen Sie deshalb so großen Wert auf die Präsenz unserer Doktors?«
Die Wangen des Obersten Rats leuchteten zinnoberrot.
»Dieses Thema hätten Sie nicht vor so vielen Personen anschneiden sollen. Und erst recht nicht an einem solchen Ort.« Er zog den Kopf zwischen die Schultern, und sein Gesicht verwandelte sich in eine grimmige Maske.
Hm. Zeit für Plan B. »Bitte verzeihen Sie, Rat Kolias«, sagte Janeway in einem besonders einschmeichelnden Ton. »Ich habe Sie beleidigt, und dafür bitte ich in aller Form um Entschuldigung. Bedenken Sie, daß ich auf dieser Welt fremd bin.«
»Ihr viel zu direktes und nicht gerade sehr höfliches Gebaren ist tatsächlich sehr fremdartig.«
»Ja, ja, bitte entschuldigen Sie. Es käme mir natürlich nie in den Sinn, einen so ehrenwerten Mann wie Sie und auch die anderen hier anwesenden Personen zu beleidigen.« Janeway achtete darauf, daß ihr Nicken nicht nur Kolias galt, sondern auch den übrigen Würdenträgem. Es ist wie in meinem Holo-Roman, dachte sie. Dort spiele ich Lude, die Gouvernante in Lord Burleighs Anwesen. Man muß sich immer wieder verneigen und knicksen. Das gehört einfach dazu. Janeway lächelte sanft und hob die Hände, neigte ihre Innenflächen Kolias entgegen.
Das schien ihn zu besänftigen. Der Kopf kam wieder
zwischen den Schultern hervor, und er nickte. »Nun, vergessen wir das. Captain Janeway, ich bitte Sie hiermit ausdrücklich, Ihre Worte in unserer Gesellschaft mit großer Sorgfalt zu wählen.«
»Natürlich. Darf ich noch eine Frage an Sie richten?«
»Wie lautet sie?«
»Können Sie sich vorstellen, warum Borizus ein
medizinisches Gerät gestohlen hat?«
Kolias begegnete Janeways forschendem Blick. »Ich habe keine Ahnung, Captain. Bitte schicken Sie Borizus zu uns, damit wir ihn auf angemessene Weise bestrafen können.«
»Wie Sie wünschen.« Es wurde ganz offensichtlich Zeit, den Bankettsaal zu verlassen. Janeway nahm die Möglichkeit wahr, die Kolias aufgezeigt hatte. »Um ganz ehrlich zu sein: Ich fühle mich ein wenig erschöpft. Vielleicht sollte ich jetzt zum Schiff zurückkehren. Bitte entschuldigen Sie mich. Genießen Sie den herrlichen Abend ohne mich.«
»Auf Wiedersehen, Captain.«
Janeway verließ den Bankettsaal. Als sie außer Sichtweite war, klopfte sie auf ihren Insignienkommunikator.
»Beamen Sie mich an Bord, Voyager.«
Ein glitzernder Transporterstrahl trug sie fort.
13
Marima schritt langsam übers Deck, tastete sich an der Reling entlang und nahm schließlich neben Tom Paris Platz.
»Hallo, Fremder.« Er lächelte und bot ihr einen Löffel von dem dünnen, rosaroten Fischbrei an, aus dem ihr Mittagessen bestand. Paris vermutete, daß man ihn aus Darra-Fleisch zubereitete, aber eigentlich wollte er es gar nicht so genau wissen.
Marima schüttelte den Kopf. »Ich wollte nur die Wärme der Sonne spüren.« Sie lehnte sich zurück, schloß die Augen und stützte den Kopf an die Außenwand der Kabine. Ihr
lavendelfarbenes Haar wirkte zerzaust und verklebt.
Paris musterte die Sardalianerin. Falten in der blassen Haut zeugten von ihrem Leiden. Ernst fragte er sich, wie weit die Krankheit inzwischen fortgeschritten war. Er wußte, daß sie in jeder Nacht neue Anfälle erlitt. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, daß sie schwächer wurde
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