Sehen Sie, so stirbt man also
erhellt, sollte gemeint sein, sondern gleichsam das Licht der Erkenntnis, das die „Finsterniss in jeder Beziehung“ auszulöschen vermag; die Finsternis, in der derjenige wandelt, der nicht zum Wesen der Dinge, zur Erleuchtung sozusagen, vorzudringen vermag. „Mehr Licht“ also als Wunsch an die Nachwelt, vom größten Dichter in der deutschen Sprache – geradezu standesgemäß, möchte man meinen. Oder, wie Vogel seine Beschreibung schließt: „So machte ein ungemein sanfter Tod das Glücksmaass eines reich begabten Daseyns voll.“
Dabei gibt Vogel gleich den richtigen Hinweis auf die wahren Umstände, wenn er sagt, dass er in dem Moment, als Goethe diese Worte sprach, gar nicht im Zimmer war. Die Anwesenden, die ihm später davon berichteten, boten ihm jedoch den gesamten Kontext: „Macht doch den zweiten Fensterladen auch auf, damit mehr Licht hereinkomme!“ Doch das wird dem Arzt zu profan gewesen sein, um es in dieser Form der Nachwelt zu hinterlassen. Oder aber er wollte sich selbst das Privileg nicht nehmen lassen, seine eigene Interpretation zu verewigen – wenn er schon selbst nicht dabei war.
Und erst recht mag dies auf die folgenden Worte zutreffen, die ebenfalls als Goethes letzte überliefert sind, und zwar von einer Person, die tatsächlich am Bett des Sterbenden war – seiner Schwiegertochter Ottilie: „Frauenzimmerchen, gib mir dein Pfötchen!“, soll er zu ihr gesagt haben, bevor er die Augen für immer schloss.
|47| Goethe über den Tod
„Das ist Weibergunst! Erst brütet sie, mit Mutterwärme, unsere liebsten Hoffnungen an, dann, gleich einer unbeständigen Henne, verläßt sie das Nest und übergiebt ihre schon keimende Nachkommenschaft dem Tode und der Verwesung.“
(„Götz von Berlichingen“, 1773)
„Alles entsteht und vergeht nach dem Gesetz, doch über des Menschen
Leben, dem köstlichen Schatz, herrschet ein schwankendes Loos.
Nicht dem blühenden nickt der willig scheidende Vater,
Seinem trefflichen Sohn, freundlich vom Rande der Gruft;
Nicht der Jüngere schließt dem Älteren für immer das Auge,
Das sich willig gesenkt, kräftig dem Schwächeren zu.“
(„Euphrosyne“, 1798)
„Der Tod ist doch etwas so Seltsames, daß man ihn, unerachtet aller Erfahrung, bei einem uns teurn Gegenstande nicht für möglich hält und er immer als etwas Unglaubliches und Unerwartetes eintritt. Er ist gewissermaßen eine Unmöglichkeit, die plötzlich zur Wirklichkeit wird. Und dieser Übergang aus einer uns bekannten Existenz in eine andere, von der wir auch gar nichts wissen, ist etwas so Gewaltsames, daß es für die Zurückbleibenden nicht ohne die tiefste Erschütterung abgeht.“
(an Eckermann, 15. Februar 1830)
|48| Hokusai
„Wenn ich noch zehn Jahre zu leben gehabt hätte … wenigstens fünf, dann wäre ich ein echter Maler geworden.“
Wahrheitsgehalt: 60 %
Voller Name: Katsushika Hokusai
Tätigkeit: Maler und Grafiker
Gestorben: 10. Mai 1849 in Henjōin
Im Alter von: 88 Jahren
Todesursache: Altersschwäche
Letzte Worte im Original: „
“
Quelle: Tochter und Freunde
Zitiert nach: Seiji Nagata: Hokusai. Genius of the Japanese Ukiyo-e, Tokio 1995, S. 91
Hokusai war der bekannteste Vertreter und Weiterentwickler des
Ukiyo-e
, des berühmten Genres der japanischen Kunst, das im Westen vor allem durch Farbholzschnitte bekannt ist. Sein Einfluss reichte bis zu den europäischen Impressionisten, und seine „Große Welle vor Kanagawa“ ist wahrscheinlich das bekannteste fernöstliche Kunstwerk überhaupt.
Wie starb er?
Sein ganzes Leben hatte er der Kunst gewidmet, als Katsushika Hokusai 1849 im Alter von 88 Jahren starb. Schon als Lehrling hatte er bei einem Holzschnitzer gearbeitet. Mit 18 war er in das Atelier von Katsukawa Shunshō aufgenommen worden, einem einflussreichen Künstler des
Ukiyo-e
, der japanischen Kunstrichtung, die vor allem für ihre farbigen Holzschnitte berühmt ist. Nach dem Tod seines Lehrmeisters wurde Hokusai aus der Katsukawa-Schule entlassen. Ab da wandte er sich anderen Motiven zu. Natur, Landschaften und alltägliche Szenen hielten durch Hokusai Einzug in das
Ukiyo-e
, und das sollte diese Kunstrichtung für immer verändern.
Sehr bekannt waren zu seinen Lebzeiten auch die
Hokusai manga
, „Hokusais Skizzenbücher“, die später der japanischen Comickunst ihren Namen liehen. Doch sein berühmtestes Werk ist zweifellos der Holzschnitt „Die |49| große Welle vor Kanagawa“ – wahrscheinlich das weltweit
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