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Sehen Sie, so stirbt man also

Sehen Sie, so stirbt man also

Titel: Sehen Sie, so stirbt man also Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelius Hartz
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Exekution informiert. Drei Briefe durfte sie noch schreiben, ganz nach Vorschrift (die Briefe, einer an ihre Tochter, einer an ihren Geliebten, Vadim Masloff, der dritte an einen unbekannten Adressaten, sind seitdem verschollen). Dann führte man sie auf den Hof hinaus, wo ein 12 Mann starkes Erschießungskommando bereitstand. Die Exekuteure schossen, und nur zwei der 12 Kugeln trafen: Eine zerschmetterte ihre Kniescheibe, die andere traf direkt ins Herz.
    Die letzten Worte
    Als sie vor das Erschießungskommando trat, verweigerte Mata Hari die obligatorische Augenbinde. Auch wollte sie sich nicht, wie es üblich war, an den Pfahl binden lassen; um der Vorschrift Genüge zu tun, legte man ihr das am Pfahl befestigte Seil locker um die Hüften. Sie soll den Männern mit Gewehr im Anschlag, die ihr gegenüberstanden, sogar noch eine Kusshand zugeworfen haben. Dann wandte sie sich dem befehlshabenden Offizier zu und sagte auf Französisch: „Danke, Monsieur!“
    Wofür Mata Hari sich bedankt hat, kann man nur erahnen. Vielleicht war es tatsächlich ein letzter ironischer Kommentar der zumindest zum Teil zu Unrecht Verurteilten. Vielleicht aber wollte sie sich wirklich bedanken – dafür, dass der Offizier ihr die Gnade gewährte, dem Tod ohne gefesselt zu sein direkt ins Auge blicken zu können. Ein mutiger Abgang.
    Mata Hari wird für ihre letzten Momente noch ein weiteres (unbelegtes) Zitat zugeschrieben: „Der Tod ist nichts, auch das Leben nicht, was das betrifft. Zu sterben, zu schlafen, ins Nichts zu verschwinden, was macht das schon? Alles nur Illusion.“ Wenn sie wirklich unschuldig war, so könnte ihr |86| das Leben am Schluss vielleicht tatsächlich wie ein (böser) Traum vorgekommen sein. Ob auch die Vorstellung, dass Mata Hari eine Agentin war, eine Illusion darstellte – in dem Falle eine Illusion des französischen Staates, der gegen Ende des Weltkrieges die Kriegsbegeisterung der Bevölkerung wieder schüren wollte – wird sich eventuell noch zeigen: Im Jahr 2017 muss Frankreich die Prozessakten zur öffentlichen Einsicht freigeben.

|87| Rosa Luxemburg
„Nicht schießen!“
    Wahrheitsgehalt: 90 %
    Voller Name: Rozalia Luksenburg
    Tätigkeit: Autorin und Theoretikerin
    Gestorben: 15. Januar 1919 in Berlin
    Im Alter von: 47 Jahren
    Todesursache: Erschossen
    Quelle: Willy Grantke
    Zitiert nach: SPIEGEL 51 (1967), S. 40
     
    Rosa Luxemburg ist eine Ikone der Arbeiterbewegung. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, gründete die Marxistin und Pazifistin mit Karl Liebknecht den Spartakusbund. Nach dem Krieg verfasste sie das Programm der KPD. Und zusammen mit Liebknecht wurde sie 1919 von rechtsgerichteten Freikorps-Soldaten ermordet.
    Wie starb sie?
    Gerade einmal zwei Wochen nach der Gründung der KPD wurde Rosa Luxemburg ermordet. Sie hatte deren Programm verfasst und öffentlich vorgetragen. Ihr Weggefährte Karl Liebknecht war bei ihr, als am 15. Januar 1919 Mitglieder einer militanten Bürgerwehr in Luxemburgs Berliner Wohnung eindrangen. Man übergab sie der Garde-Kavallerie-Schützen-Division des Heeres, einer Einheit, die bereits durch die Niederschlagung des missglückten „Spartakusaufstands“ in den Tagen zuvor in Erscheinung getreten war. Beide wurden in ein Hotel gebracht, schwer misshandelt, und ein Kommandant gab den Befehl, Luxemburg und Liebknecht zu ermorden. Rosa Luxemburg wurde durch einen Seitenausgang aus dem Gebäude geführt, auf einen bereitstehenden Wagen verbracht und an Ort und Stelle durch Leutnant Hermann Souchon mit einem Schuss in die Schläfe getötet.
    Die letzten Worte
    Rosa Luxemburgs letzte Worte zu ihrem Mörder Hermann Souchon waren schlicht: „Nicht schießen!“ Gleichwohl wird sie gewusst haben, dass sie aus |88| ihrer Wohnung geholt worden war, um getötet zu werden – durch eine rechtsradikale Splittergruppe des preußisch-deutschen Heeres, finanziert durch den Antibolschewistenfonds der deutschen Unternehmerschaft, den u. a. Vertreter von Deutscher Bank, Siemens und AEG trugen. Kurz nach den Morden fand ein sogenannter „Prozess“ vor dem Feldkriegsgericht der Garde-Kavallerie-Schützen-Division statt, bei dem die Vorsitzenden ihre Kameraden selbstverständlich freisprachen. In den Protokollen dieses Prozesses ist nachzulesen, wie Willy Grantke, vom Rang her Jäger zu Pferde, diese letzten Worte Rosa Luxemburgs wiedergibt. Nach der Tat warfen die Mörder ihre Leiche in den Landwehrkanal und verbreiteten in der Presse, sie sei von der aufgebrachten Menge

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