Seherin von Kell
sollt?«
»In einer Bibliothek wahrscheinlich«, antwortete der alte Mann.
»Die Karte ist ein weiteres dieser ›Rätsel‹, und ich hatte einigen Erfolg, die anderen in Bibliotheken zu finden. Garion, versuch doch, ob du den Baron dazu überreden kannst, uns zur Königsburg mitzunehmen. Hofbibliotheken sind gewöhnlich die vollständigsten.«
»Mache ich«, versprach Garion.
»Ich möchte mir ohnehin diesen Hexer ansehen. Silk, hast du ein Kontor in Dal Perivor?«
»Leider nicht, Belgarath. Es gibt hier nichts, was einen Handel wert wäre.«
»Nicht so schlimm. Du bist ein Kaufmann, und gewiß gibt es auch in dieser Stadt Kaufleute. Laß dir was Geschäftliches einfallen. Sag ihnen, du möchtest nach den günstigsten Schiffahrtswegen sehen.
Studier jede Karte, an die du herankommst. Du weißt, wonach wir suchen.«
»Du schwindelst, Belgarath!« knurrte Beldin.
»Wie meinst du das?«
»Cyradis hat dir gesagt, daß du die Karte finden sollst.«
»Ich übertrage nur die Verantwortung, Beldin. Das ist durchaus zulässig.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie es so sehen wird.«
»Ihr könnt es ihr erklären. Ihr seid viel wortgewandter als ich.«
Sie reisten in bequemen Etappen, mehr, um die Pferde zu schonen, wie Garion vermutete, als aus sonst einem Grund. Die Pferde von Perivor waren nicht sonderlich groß und mußten sich mit dem Gewicht der Männer in Panzerrüstung sehr plagen. So dauerte es mehrere Tage, bis sie von einer Hügelkuppe aus die Hafenstadt unter sich liegen sahen, die Perivors Hauptstadt war.
»Dies ist Dal Perivor«, erklärte der Baron, »die Krone und das Herz der Insel.«
Garion erkannte sogleich, daß die schiffbrüchigen Arendier, die es vor zweitausend Jahren auf die Insel verschlug, große Anstrengungen unternommen hatten, Vo Mimbre nachzubauen. Die Stadtmau-ern waren hoch und dick und gelb, und von den Türmen dieser Mauern flatterten bunte Fähnchen.
»Woher stammt dieser gelbe Stein, Baron?« erkundigte sich Zakath. »Ich habe auf der Reise hierher nirgendwo solches Gestein gesehen.«
Der Baron hüstelte fast ein wenig verlegen. »Die Mauern sind ge-tüncht, Herr Ritter«, erklärte er.
»Warum in aller Welt?«
»Um uns als Gedenken an Vo Mimbre zu dienen«, antwortete er fast traurig. »Unsere Vorfahren hatten Heimweh nach Arendien. Vo Mimbre ist die Perle der Heimat unserer Vorväter, und ihre goldenen Mauern sprechen über viele Meilen hinweg zu unserem Blut.«
»Ah!« sagte Zakath.
»Wie ich Euch versprach, Herr Ritter«, wandte der Baron sich an Garion, »werde ich Euch und Eure Gefährten gern mit in die Burg nehmen und dem König vorstellen, der euch gewiß ehren und seine Gastfreundschaft anbieten wird.«
»Wir stehen immer tiefer in Eurer Schuld, Baron«, sagte Garion.
Der Baron lächelte verschmitzt. »Ich muß Euch gestehen, Herr Ritter, daß meine Motive nicht selbstlos sind. Es wird mein Ansehen heben, wenn ich am Hof fremde Ritter vorstelle, die eine hehre Aufgabe durchführen.«
»Das stört uns wahrhaftig nicht, mein Freund.« Garion lachte. »So hat doch jeder seinen Nutzen daran.«
»Zumindest wird mein Großvater diesmal keinen Baum wachsen lassen müssen«, flüsterte Garion Zakath zu.
»Hat er das schon einmal getan?«
»Als wir das erste Mal Vo Mimbre besuchten, wollte der Posten am Burgtor Mandorallen nicht glauben, als er Großvater als den Zauberer Belgarath vorstellte, deshalb nahm Großvater ein Zweig-stück, daß sich im Schweif seines Pferdes verfangen hatte, und ließ mitten auf dem Platz vor der Burg einen Apfelbaum wachsen. Dann befahl er dem mißtrauischen lütter, diesen sein Leben lang zu pfle-gen.«
»Hat der Ritter es wirklich getan?«
»Das glaube ich schon. Mimbrater nehmen Befehle dieser Art sehr ernst.« Er überlegte. »Das Gewitter, das ich rief, mag auch dazu bei-getragen haben«, fügte er hinzu. »Mandorallen und Nerina verzehr-ten sich jedenfalls schon seit Jahren nach einander, taten aber die ganze Zeit nichts anderes, als stumm vor sich hin zu leiden. Ich hatte schließlich genug davon, also befahl ich ihnen, die Sache voran-zubrigen. Ich bediente mich einiger weiterer Drohungen. Ich habe dieses große Messer hier.« Er deutete mit dem Daumen über die Schulter. »Es erregt manchmal eine Menge Aufmerksamkeit.«
Zakath lachte. »Garion, du bist ein Bauer.«
»Ja, wahrscheinlich«, gab Garion zu. »Aber schließlich brachte ich sie so weit, daß sie heirateten. Jetzt sind sie unbeschreiblich glücklich,
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