Seherin von Kell
Zakath.
»Was soll's?« entgegnete Garion. »Er schwelgt.«
»Endlich«, schloß Belgarath, »konnte der Drache, der nie zuvor Furcht gekannt hatte, dieses schreckliche Strafgericht nicht mehr ertragen. Er ergriff die Flucht und flog, wie Eure Majestät bereits bemerkt hat, über diese schöne Stadt zu seiner verborgenen Höhle, wo die Furcht, die er in dieser Nacht gelernt hat, viel stärker in ihm schwären wird als die Verletzungen, die er davongetragen hat. Ich glaube, daß er nie wieder in Euer Reich zurückkehren wird, Majestät, denn so dumm er auch sein mag, wird er gewiß nicht vergessen, welche Schmerzen ihm hier zugefügt wurden. Und so, Eure Majestät, hat es sich zugetragen.«
»Meisterhaft!« lobte der König begeistert. Und die Zuhörer im Thronsaal klatschten stürmischen Beifall. Belgarath verbeugte sich und winkte Garion und Zakath zu, es ebenfalls zu tun, und gestattete ihnen großzügig, sich mit ihm feiern zu lassen.
Die Höflinge drängten herbei, um dem Trio zu gratulieren, Garion und Zakath für ihr Heldentum und Belgarath für seine anschauliche Berichterstattung. Naradas stand neben dem König und seine wei-
ßen Augen brannten vor Haß, wie Garion bemerkte. »Wappnet euch«, warnte er Belgarath und Zakath, »Naradas führt etwas im Schild.«
Als wieder etwas Ruhe einsetzte, trat der weißäugige Grolim vor das. Thronpodest. »Auch ich schließe mich allen anderen in diesem Saal in der Lobpreisung dieser mächtigen Helden und ihres weisen Ratgebers an. Nie hat das Königreich ihresgleichen erlebt. Ich be-fürchte jedoch, daß Vorsicht geboten ist. Es könnte sein, daß Meister Garath, so frisch vom Schauplatz dieses unbeschreiblich heldenmu-tigen Kampfes und verständlicherweise berückt von dem unver-gleichbaren Geschehen, etwas zu hoffnungsfreudig in der Einschätzung des gegenwärtigen Zustandes des Drachen ist. Wahrlich, die meisten Kreaturen würden einen Ort meiden, an dem sie solche Pein erlitten haben, doch dieses abgefeimte, abscheuliche Untier ist keine gewöhnliche Kreatur. Könnte es nicht sein, daß sie von einem ungeheuren Rachedurst gequält wird? Sollten diese mächtigen Rek-ken nun abreisen, würde dieses schöne und geliebte Königreich wehrlos dem unersättlichen Haß dieser alles verwüstenden Bestie ausgesetzt sein.«
»Ich wußte, daß er das tun würde!« knirschte Zakath.
»Ich sehe mich deshalb verpflichtet«, fügte Naradas hinzu, »Eurer Majestät und den Mitgliedern dieses Hofes zu raten, lange und eingehend zu überlegen, um keine voreilige Entscheidung zu treffen.
Es ist uns klargeworden, daß diese unvergleichlichen Helden wahrscheinlich die einzigen auf der Welt sind, die der Bestie mit einiger Hoffnung auf Erfolg gegenübertreten können. Welch andere Ritter in diesem Land gäbe es, von denen wir etwas Ähnliches behaupten könnten?«
»Was Ihr sagt, Meister Erezel, mag sehr wohl der Wahrheit entsprechen«, antwortete der König überraschend kühl. »Aber es wäre unverzeihlich von Uns, sie gegen ihren Willen hier festzuhalten, schon allein deshalb, weil sie eine heilige Aufgabe zu erfüllen haben.
Wir haben sie ohnedies bereits zu lange aufgehalten. Sie haben Uns einen außerordentlich großen Dienst erwiesen. Noch mehr zu verlangen wäre in höchstem Maße undankbar. Wir werden den morgigen Tag zum Feier – und Dankestag im ganzen Reich erklären und ihn mit einem königlichen Festmahl zu Ehren dieser mächtigen Streiter krönen. Danach werden Wir ihnen, voll Bedauern über den Abschied, Lebewohl sagen. Wir sehen, daß die Sonne bereits aufgegangen ist, und zweifellos sind Unsere Streiter erschöpft von den Anstrengungen des gestrigen Turniers und ihres Kampfes mit dem abscheulichen Drachen. So soll dieser Tag ein Tag der Vorbereitungen sein, und der morgige ein Tag des Dankes und der Freude. Nun wollen wir uns allesamt zu Bett begeben, um uns zu erholen, damit wir uns erfrischt unseren Aufgaben zuwenden können.«
»Ich dachte schon, wir würden überhaupt nicht mehr zum Schlafen kommen«, sagte Zakath, als er mit Belgarath und Garion durch den vollen Thronsaal schritt. »Ich könnte im Stehen einschlafen.«
»Tu's nicht«, bat Garion. »Du trägst Rüstung, da würde es einen entsetzlichen Lärm machen, wenn du umfällst, und das würde mich aus dem Schlaf reißen. Ich bin nämlich nicht weniger müde als du.«
»Zumindest hast du jemanden, mit dem du schlafen kannst.«
»Eigentlich sogar zwei, den Welpen mitgerechnet. Und Welpen zeigen
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