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Seherin von Kell

Seherin von Kell

Titel: Seherin von Kell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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Augen sieht er wirklich viel besser aus. Die Bestattung soll morgen stattfinden. Da Sommer ist, würde er wahrscheinlich nicht länger halten.«
    »Wie spät ist es, guter Durnik?« erkundigte sich Cyradis.
    Der Schmied trat ans Fenster und blickte zu den Sternen. »Ungefähr eine Stunde vor Mitternacht.«
    »Dann geht jetzt, Belgarion und Ihr, Zakath. Setzt alle
    Überredungskünste ein, deren ihr fähig seid. Es ist absolut erforderlich, daß sich der König um Mitternacht in dieser Kapelle aufhält.«
    »Wir werden ihn dorthin bringen, heilige Seherin«, versprach ihr Zakath.
    »Ich wünschte, ich wüßte, was sie vorhat«, sagte Zakath, als er und Garion durch den Korridor schritten. »Es wäre vielleicht etwas leichter, den König zu überreden, wenn wir ihm sagen könnten, was zu erwarten ist.«
    »Genausogut könnte es ihn aber erst skeptisch machen«, widersprach Garion. »Ich glaube, Cyradis plant etwas sehr Ungewöhnliches, und manche Leute haben Schwierigkeiten, sich mit so was ab-zufinden.«
    »O ja.« Zakath grinste.
    »Seine Majestät wünscht nicht gestört zu werden«, sagte einer der Gardisten an der Tür, als sie um Einlaß ersuchten.
    »Richtet ihm bitte aus, daß es sich um eine Angelegenheit äußerster Dringlichkeit handelt«, sagte Garion.
    »Ich werde es versuchen, Herr Ritter«, versprach der Gardist unsicher. »Aber er ist sehr in Trauer versunken über den Tod seines Freundes.«
    Der Posten kehrte einen Augenblick später zurück. »Seine Majestät erklärt sich bereit, Euch und Euren Kameraden zu empfangen, Herr Ritter. Aber habt die Güte, Euch kurz zu fassen. Seiner Majestät Leid ist unsagbar.«
    »Selbstverständlich«, murmelte Garion.
    Die Privatgemächer des Königs wirkten überladen. Er selbst saß tief in den weichen Polstern eines Sessels und las im Licht nur einer Kerze ein dünnes Buch. Sein Gesicht war von Gram erfüllt, und seine roten Augen verrieten, daß er geweint hatte. Nachdem Garion und Zakath sich vor ihm verbeugt hatten, hielt er das Buch hoch.
    »Ein Band des Trostes«, erklärte er. »Doch bietet er Uns nicht viel davon. Wie können Wir euch zu Gefallen sein, edle Ritter?«
    »Wir sind unter anderem gekommen, Euch zu kondolieren, Eure Majestät«, sagte Garion behutsam. »Wisset, daß der erste Schmerz immer der größte ist. Der Lauf der Zeit wird das Leid lindern.«
    »Aber es nie völlig tilgen, Herr Ritter.«
    »Damit habt Ihr zweifellos recht, Eure Majestät. Wir sind gekommen, etwas zu erbitten, das unter den gegenwärtigen Umständen vielleicht grausam scheinen mag, aber wir hätten uns nicht die Freiheit genommen, uns Euch aufzudrängen, handelte es sich nicht um eine Angelegenheit äußerster Dringlichkeit – weniger für uns, denn für Euch, Eure Majestät.«
    »So sprecht denn, Herr Ritter«, sagte der König und seine Augen verrieten ein wenig Interesse.
    »Es gibt gewisse Wahrheiten, die Euch noch in dieser Nacht offenbart werden müssen, Eure Majestät«, fuhr Garion fort. »Und sie können nur in Anwesenheit Eures dahingeschiedenen Freundes offenbart werden.«
    »Undenkbar, Herr Ritter!« sagte der König entschieden.
    »Jene, die Euch diese Wahrheiten offenbaren wird, hat uns versichert, daß diese Euer Leid lindern werden. Erezel war Euer teuerster Freund, und er würde nicht wollen, daß Ihr unnötig leidet.«
    »Wahrlich«, sagte der König. »Er war ein Mann mit großem Herzen.«
    »Gewiß«, murmelte Garion.
    »Es gibt vielleicht noch einen Grund für Euren Besuch der Kapelle, in der Meister Erezel aufgebahrt ist, Eure Majestät«, fügte Zakath hinzu. »Seine Bestattung ist für morgen angesetzt, wie wir gehört haben. An der Trauerfeier wird Euer ganzer Hof teilnehmen. So bietet Euch diese Nacht die letzte Gelegenheit, in aller Stille von Erezel Abschied zu nehmen und Euch seine geliebten Züge einzuprägen.
    Mein Freund und ich werden die Tür der Kapelle bewachen, um sicherzugehen, daß Euch niemand bei Eurem letzten Gespräch mit ihm und seinem Geist stört.«
    Der König dachte darüber nach. »Mag es denn so sein, wie Ihr sagt, Herr Ritter«, gab er nach. »Obgleich es mir das Herz verkramp-fen wird, möchte ich wahrlich sein Gesicht ein letztes Mal erschauen.« Er erhob sich und ging den Freunden voraus aus dem Gemach.
    Die Kapelle Chamdars, des arendischen Gottes, war durch eine einsame Kerze am Kopfende der Bahre nur schwach beleuchtet. Ein goldfarbenes Tuch bedeckte Naradas Leichnam bis zur Brust, und das Gesicht wirkte gelöst, ja

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