Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)
öffnete.
Direkt zu ihren Füßen saß Blanche auf der Schwelle. Freundlich blickte sie auf. »Ich werde mich um Pfarrer Jeunet kümmern, aber du musst dich beeilen, von hier wegzukommen.«
»Woher weißt du, dass ich …?« Cathelines Stimme brach. Erneut machte sich ein Gefühl in ihr breit, das sie stets in Blanches Gegenwart überkam: Diese Frau konnte in sie hineinsehen und wusste immerzu, was in ihr vorging. Eine Erfahrung, die Catheline niemals unangenehm gewesen war, sondern ihr ein Gefühl der Geborgenheit vermittelt hatte. Es würde ihr fehlen.
»Mathis deutete an, was sich beim Baron zugetragen hat. Ich habe bemerkt, wie du dich im Hintergrund gehalten hast und dann zum Haus geschlichen bist, anstatt dem Pfarrer zu Hilfe zu eilen. Da habe ich meine Schlüsse gezogen. Ich kann dich verstehen, Mädchen, aber du weißt, dass du dich durch dein Verschwinden verdächtig machst?«
Catheline antwortete nicht, denn Blanche wusste sehr wohl, dass sie keinen anderen Ausweg sah.
»Wohin willst du? Irgendwer muss wissen, wo du steckst.«
»Es gibt eine Höhle, nicht weit entfernt.«
Blanche lächelte, es war ein weiches Lächeln, wie es nur entstand, wenn es mit schönen Erinnerungen verknüpft war. »Du meinst Avels Höhle?«
»Er dachte, du würdest die Höhle nicht kennen.«
Das Lächeln auf Blanches Gesicht wurde breiter und noch eine Nuance weicher. »Schön, das freut mich. Sie war sein Ort, und das sollte auch so bleiben.«
Catheline hängte sich die Tasche über die Schulter und nahm Blanches Hand. »Danke, und bitte erfülle mir noch einen Wunsch: Sage Mathis, dass er zur Höhle kommen soll, ja?«
Schloss Troyenne
D u kommst mit«, brüllte der Hauptmann, während er die Küche betrat und Jola abführte, als wäre sie der Ketzerei verurteilt worden. Émelie sprang ängstlich zur Seite, und selbst der Küchenmeister blieb zurück, ohne Einspruch zu erheben. Noch nie war der Hauptmann in der Küche erschienen, noch nie hatte er sich einen Deut um die Küchenmägde geschert, geschweige denn eine von ihnen abgeführt wie einen Schwerverbrecher. Doch nun schleppte er Jola vor aller Augen über den Hof, hinein in die Stallungen der Berittenen. Ein Kopfnicken von Hauptmann Bouchet genügte, schon ließ der Knecht die Mistgabel fallen und rannte davon.
Mit wutverzerrtem Gesicht drückte der Hauptmann Jola gegen den Bretterverschlag eines Pferdestalls, woraufhin das Tier wiehernd aufstieg. Presste seinen Unterarm auf ihren Hals. Sein Atem war eine widerwärtige Mischung aus Fäulnis und Wein, und sie wusste, dass er ihn ihr absichtlich ins Gesicht blies.
»Du bist also die Schwester dieses Hexenweibes?«
Jolas Augen weiteten sich, und der Hauptmann grinste zufrieden. Nochmals erhöhte er den Druck mit seinem Unterarm auf ihrem Hals, bis sie würgte.
»Das ist unangenehm, nicht wahr? So erging es auch dieser Magd, ehe sie starb. Durch die Hand deiner Schwester. Ja, glotz nicht so, es geht um deine Schwester, diese Hexe.«
Unwillkürlich griff Jola nach dem Arm des Hauptmannes und schlug die Fingernägel in den Stoff seines Hemdes. Tatsächlich lockerte der Hauptmann den Druck ein wenig. Schnappend sog sie Luft ein.
»Wo ist deine Schwester?«
»In der Pfarrei«, antwortete Jola mit krächzender Stimme.Bitte, lieber Gott, mach, dass sie sich in Sicherheit gebracht hat, fügte sie in Gedanken hinzu und sah zum Dach des Stalles auf, als könne sie mit dem Blick den Worten ihres Stoßgebetes folgen.
»Da war sie nicht. Sie war am Fluss zum Waschen, doch sie hat den Korb am Fluss zurückgelassen. Wo kann sie hin sein?«
Danke, lieber Gott, dachte Jola und blickte dem Hauptmann direkt in die Augen. Kleine, rot geäderte Augen, nahezu wimpernlos. Was sollte sie sagen? Dieses Schwein würde sie totschlagen, wenn sie keine zufriedenstellende Antwort gab. Dennoch schüttelte sie den Kopf.
»So, du willst also nicht reden?«, brüllte er und riss unvermittelt ihren Kittel in die Höhe, zerrte am Stoff, bis ihre Scham freilag.
Entsetzen breitete sich in Jola aus, verteilte sich siedend heiß in jede Faser ihres Körpers. Schreiend versuchte sie, ihn von sich zu schieben, die Hände zu heben, um ihm die Finger in die Augen zu stechen. Aber der Hauptmann erhöhte erneut den Druck auf ihren Hals und drängte überdies auch noch seinen Unterleib gegen ihren. »Nein, bitte nicht, ich weiß es wirklich nicht. Wir sehen uns doch so gut wie nie, ich weiß es nicht«, schluchzte sie auf und presste die Oberschenkel
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