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Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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Schwitzen geraten. »Blau, ihre Augen waren blau.«
    »Pfarrer Jeunet, ich sage es noch einmal, das spielt hier keine Rolle. Ich möchte Euch darüber informieren, dass wir später Eure Haushälterin zur Vernehmung mitnehmen werden.«
    »Wie bitte?« Die Hände des Pfarrers lösten sich auseinander und sanken herab, als würden sie nicht mehr zu ihm gehören. Die Linke griff nach dem Gehstock, der am Tisch lehnte, und hob ihn drohend in die Höhe. »Was soll das? Was hat meine Haushälterin damit zu tun?«
    »Eure Haushälterin hatte einen Streit mit der toten Magd, einen äußerst gewalttätigen.«
    Pfarrer Jeunet zuckte die Schultern und schien die Wut, die sich im Gesicht des Barons abzuzeichnen begann, nicht zubemerken. »Verzeiht mir, dass ich Euch darauf hinweise: Aber da seid Ihr auf dem Holzweg. Catheline war bei mir zur Beichte, ich will nicht zu viel sagen, aber das war ein Streit unter Frauen, wie er immer wieder einmal vorkommt.«
    »Ihr werdet sie schicken, oder ich lasse sie abholen.«
    »Herr Baron, Ihr seid ein guter Mann, bitte folgt kurz meinem Gedankengang: Die anderen Opfer hatten alle dunkle Haare und dunkle Augen. Leider auch Rachel«, sagte er, und die plötzliche Erkenntnis brach seine Stimme. »Wir werden auch sie nicht mehr lebend wiederfinden.«
    »Wie eng war der Kontakt zwischen Catheline und diesem Mädchen, dieser Rachel?«, schaltete sich der Hauptmann aus dem Hintergrund wieder in das Gespräch ein.
    »Lasst doch endlich Catheline aus dem Spiel«, fuhr Pfarrer Jeunet auf und hieb mit dem Gehstock durch die Luft.
    Unvermittelt packte der Baron den Gehstock und zerrte daran, sodass der Pfarrer ins Wanken geriet und sich am Tisch abstützen musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. »Ihr schickt sie mir, haben wir uns verstanden?«, zischte er.
    Die Augen des Pfarrers weiteten sich. »So lasse ich nicht mit mir reden«, sagte er nur, nahm seinen Gehstock wieder an sich und verließ die Kapelle.
    Der Baron zögerte nicht und folgte ihm.
    Mathis und Yann blickten sich an, nickten einander zu, doch bevor sie sich auch nur rühren konnten, stellte sich ihnen der Hauptmann breitbeinig in den Weg. Die rechte Hand lag auf dem Knauf seines Schwertes. »Wohin wollt ihr denn so schnell? Das ist ein Gespräch unter Männern, da wollt ihr zwei Trottel doch nicht stören, oder?«, fragte er grinsend.

    »Du musst mitkommen, du musst mitkommen!«, rief Pierre, und seine Stimme überschlug sich. Sein Atem ging stoßweise, und er blieb einige Schritte entfernt stehen, wobei er sich die Hüften hielt.
    »Pierre! Du sollst nicht allein herumlaufen, wo ist Marcel?«, schrie Catheline ihn an, zerrte das Laken aus dem Wasser, knüllte es triefend in den Korb, der neben ihr auf der Wiese stand, warf die Knochenseife dazu und sprang auf.
    »Ich bin davongelaufen, ich durfte nicht weg, aber du musst kommen«, der Junge keuchte und sog gierig die Luft ein. »Wir haben eine Frau hinter der Pfarrei gefunden.« Seine Stimme begann zu zittern. »Sie ist tot.«
    Catheline packte seine Hand, ließ den Korb samt Wäsche im Kiesbett des Flusses stehen und lief mit ihm los, so schnell die Schritte des Jungen es erlaubten. In ihrem Kopf hämmerten die Gedanken, doch sie konnte Pierre nicht fragen, ihn bedrängen, was er gesehen hatte. Vor Eves Hütte hielt sie inne. »Danke, dass du mich geholt hast, mein Schatz«, sagte sie, drückte den Jungen an sich und spürte den knochigen, schmalen Leib, atmete den Geruch seiner ungewaschenen Haare ein. Als sich Pierre unwillig aus ihrer Umarmung löste, rannte Catheline weiter, und die Schritte schienen dem Takt ihres rasenden Herzens zu folgen.
    Sie verlangsamte ihren Lauf, als sie sah, dass vor der Kirche mehrere Pferde der Garde standen. Die Berittenen lungerten neben dem Kirchentor herum und beobachteten die Bewohner des Dorfes, die sich versammelt hatten.
    Niemand rührte sich.
    Ein jeder schien zu warten, den Blick starr auf das Kirchentor gerichtet.
    »Wenn auch meine zweite Magd tot aufgefunden wird, genau jene, die du gewürgt hast, sehen wir uns wieder, und dannwerden wir uns eingehend unterhalten müssen«, erklang noch einmal die Stimme des Barons in ihrem Kopf. Hastig schob sie sich hinter eine Eiche, spürte die Rinde unter ihren Fingern und tat das, was auch die anderen machten: warten, worauf auch immer.
    Als es geschah, wusste Catheline, dass sie darauf gewartet hatten. Alle miteinander, und das seit langer Zeit. Just in diesem Moment, als wäre es ein

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