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Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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den Winter die notwendigen Aufgaben erledigte.
    Mathis seufzte. Es waren viele Menschen, die im Dorf inzwischen fehlten, viele Hände, die er bei der Arbeit entbehren musste.
    Erneut versuchte er, den Pflug durch den Boden zu schieben, aber inzwischen hatte ihn die Kraft verlassen. Nicht nur in dem gesunden Bein, auch in den Armen. Und je mehr er sich auf den Pflug stützte, um den Druck auf das Streichbrett zu erhöhen, desto stärker geriet er durch das lahme Bein ins Wanken. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Mit dem heutigen Tag war der Beweis erbracht: Er war nicht mehr in der Lage, seiner Arbeit nachzugehen.
    Allein hatte er sein wollen bei diesem ersten Versuch, undnun wusste er, dass er fremde Tagelöhner heranholen musste. Die Bückhaltung beim Steineklauben war ihm ebenfalls unmöglich, und wie sollte er die Saat ausstreuen, wenn er in einer Hand stets den Treibstecken halten musste? Ob nach der Entlohnung der Tagelöhner, nach Abgabe des Zinses und Zehnts noch etwas überblieb, war zweifelhaft bis unwahrscheinlich.
    Im Dorf läutete die Kirchenglocke. Mathis fluchte und sah sich um. Er war, obwohl er nun schon von der Terz bis zur Tagesmitte, der Sext, schuftete, kaum vorangekommen, aber immerhin weit vom Treibstecken entfernt, der am Feldesrand lag. Beide Aussichten waren schwierig: Er konnte den Rückweg, gestützt auf den Pflug, mit den Ochsen antreten, was reichlich Zeit in Anspruch nehmen würde. Oder er müsste über das unebene Feld wanken. Kurz zog er in Erwägung, das Stück zu kriechen, doch die Eitelkeit siegte. So wollte er nicht gesehen werden. Von niemandem!
    Und augenblicklich vernahm er Stimmen. Das wäre doch ein Bild geworden, dachte er. Ein herumkriechender Bauer, der seinen Pflug inmitten des Feldes zurücklassen muss. Er behielt den Waldesrand im Auge, der das Feld südwärts begrenzte, denn aus dieser Richtung kamen die Stimmen. Allem Anschein nach Kinder.
    Es waren tatsächlich Kinder, sieben an der Zahl, zerlumpt und verschmutzt, die sofort innehielten und ihn misstrauisch beäugten.
    »Könnt ihr mir«, rief er und zeigte auf den Feldesrand, »meinen Treibstecken bringen? Das wäre nett.«
    »Warum?«, erklang die Rückfrage von einem der Mädchen, das vortrat und mehrere kleinere Kinder hinter sich schob.
    Hier, wo ihn sonst niemand hörte, konnte er ehrlich sein, entschied Mathis. »Weil ich ein Krüppel bin, meine Kraft überschätzt habe und nun ins Dorf muss, um irgendwen zu suchen,der mir hilft. Und sobald ich mich nicht mehr auf den Pflug stützen kann, fürchte ich, so erschöpft, wie ich bin, das Gleichgewicht zu verlieren.«
    Der kürzeste Weg hätte an ihm und dem Pflug vorbeigeführt, doch das Mädchen schlug einen großen Bogen, und die anderen Kinder folgten ihr wie aufgescheuchte Küken. Dann hob sie den Treibstecken auf, setzte ihren Beutel ab und sagte etwas zu den Kindern, die daraufhin am Feldrand blieben. Noch einmal musterte das Mädchen Mathis im Gegenlicht, dann kam sie zu ihm herüber. Reichte ihm den Treibstecken, wobei sie darauf achtete, ihn so zu halten, dass er den Pflug loslassen musste. Als sie erkannte, dass er schwankte, wurden ihre Gesichtszüge weicher, und das Misstrauen wich aus ihrem Blick. »Du bist wirklich ein Krüppel«, sagte sie.
    »Danke.«
    »War nicht so gemeint.«
    »Ich meinte, danke für den Treibstecken.«
    Sie sahen einander an und mussten grinsen.
    Mathis nickte mit dem Kopf in Richtung der Kinder. »Wo wollt ihr hin?«
    »Wir waren im Winter beim Schloss. Während des großen Festes gab es gutes Essen. Jetzt, da wir wieder in die Nähe kamen, wollten wir erneut vorbeigehen. Wir hofften, uns noch mal den Wanst füllen zu können.«
    Wo hatten diese Kinder den Winter verbracht?, fragte sich Mathis. Zur Antwort gab er jedoch nur eine knappe Gegenfrage: »Und habt ihr Essen bekommen? Ich nehme an, dass ihr schon beim Schloss wart?«
    »Ja, es gab Brot, gutes, ausgebackenes Brot, ohne Schimmel und wunderbar weich. Meine Schwester Nene wollte es noch einmal versuchen, nun ist sie aber seit zwei Tagen nicht zu unserem Lager zurückgekehrt.«
    »Vielleicht ist sie auf dem Schloss als Magd verdingt worden. Ich könnte mir das vorstellen. Dort ist letzthin eine Magd …«, er stockte, »ausgefallen.« Diese Notlüge war sicherlich verzeihbar, um die Kinder nicht zu ängstigen.
    »Oh, ich habe eine der Küchenmägde, eine wunderschöne Frau mit goldenem Haar, gefragt. Sie gab mir Brot, als ich mich nach meiner Schwester

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